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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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zerknüllt auf der leeren Seite des Betts. Dawn war am frühen Morgen aufgewacht und hatte gesehen, wie er im Halbdunkel im Zimmer gestanden und sich das Hemd zugeknöpft hatte. Er war herumgeschlichen, um sie nicht zu wecken, aber sein Körper war nicht für geschmeidige Bewegungen gemacht. Als er sich zum Sockenanziehen in den Korbstuhl setzte, hatte der unter seinem Gewicht geächzt und geknackt. Dawn war still liegen geblieben und hatte durch halb geschlossene Lider beobachtet, wie er seine Brille aufsetzte und seine Krawatte band. Als er fertig war und gehen wollte, hatte sie die Augen geöffnet und ihm einen guten Morgen gewünscht, wie es sich gehörte.
    Will kam sofort ans Bett. »Ich wollte dir einen Zettel dalassen«, sagte er. »Wie im Kino.«
    Dawn setzte sich auf und griff nach ihrem Morgenmantel. »Ich kann dir Frühstück machen.«
    »Nein. Bleib im Bett, bitte. Ich besorge mir unterwegs etwas.
« Will zögerte, putzte seine Brille mit dem Hemdsärmel. »Ich rufe dich an.«
    »Heute habe ich Nachtschicht«, erinnerte Dawn ihn, »und morgen auch.«
    »Dann rufe ich dich an, wenn deine Schicht vorbei ist. Und dann machen wir etwas aus.«
    »Ja, das wäre nett.« Sie lächelte ihn an. Will strahlte zurück. Er beugte sich hinunter und küsste sie sanft auf die Stirn. Dann nahm er seine Jacke und ging. Als die Haustür ins Schloss fiel, fühlte Dawn sich einen kurzen Moment lang einsam. Doch noch bevor seine Schritte auf dem Gehsteig verhallten, war sie wieder eingeschlafen. Sie schlief den tiefen, traumlosen Schlaf eines Menschen, der sich seit längerer Zeit nicht richtig ausgeruht hatte.
    Nun, da sie zum zweiten Mal aufgewacht war, spürte sie einen leichten Kopfschmerz und ein flaues Gefühl im Magen, das sie dem Wein zuschrieb. Ihr Mund war trocken, aber insgesamt fühlte sie sich ausgeschlafen und erholt. Die Nervosität des Vortags war einer neuen Gelassenheit gewichen. Que será, será . Was immer auch geschah, sie würde sich dem Problem stellen und es meistern. Sie würde es schaffen.
    Im Garten schnappte Milly nach einer Wespe und bellte eine Elster an, um sie zu vertreiben. Sie bewegte sich vorsichtig, um neuen Schmerz zu vermeiden, aber es schien ihr schon viel besser zu gehen. Dawn band ihren Bademantel zu und setzte Wasser auf. Der zerknüllte Kaffeefilter von letzter Nacht lag immer noch in der Spüle.
    Will. Sie überlegte. Will Coombs! Hier, in der vergangenen Nacht, in ihrem Haus! Es war kaum zu glauben. Will, der im Halbdunkel neben dem Bett gestanden und gesagt hatte: »Ich rufe dich an.« Sie wusste, er meinte es ernst. Neu war, dass sie sich ebenso auf das nächste Treffen freute wie er. Sie legte sich die Hände an die Wangen. Mit keinem Wort hatte
Will seinen Umzug nach Cumbria erwähnt, und sie hatte es nicht gewagt, ihn danach zu fragen. Würden sie den Kontakt halten, wenn er weggezogen war? Cumbria lag weit entfernt. Sie hatten sich gerade erst wieder getroffen, kannten sich kaum. Wenn sie ihm früher begegnet wäre, gleich nachdem er nach London gekommen war … Aber nein, es hätte nicht funktioniert. Er war noch nicht über Kate hinweg, und sie nicht über Kevin. Sie fragte sich, was geschehen wäre, wenn sie sich schon in Cumbria nähergekommen wären. Wenn sie in der alten Heimat geblieben wäre. Wenn ihre Eltern nicht gestorben wären.
    Solche Gedankenspielereien waren sinnlos. Dawn goss das inzwischen kochende Wasser in die Kaffeekanne. Sie hatte noch eine Menge zu erledigen, bevor am Abend ihre Schicht begann. Sie musste mit Milly spazieren gehen, eine gewaschene Uniform bügeln, vor dem Urlaub noch einige Formalitäten erledigen. Sie wollte Francine einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen. Wenn sie sich beeilte, konnte sie einen Teil der Büroarbeiten gleich hinter sich bringen.
    Sie nahm den Kaffee mit ins Wohnzimmer. Ihr Laptop stand neben einem Stapel Unterlagen. Bei dem Anblick spürte Dawn ein Klopfen im Hals. Es passierte neuerdings immer, wenn sie einen Computer sah. Es war nicht einmal so, dass sie heute Morgen Post vom »Gratulanten« erwartete; das Morphium hatte ihn gerade erst erreicht, wenn überhaupt. Ihr selbstbewusster Brief würde ihn aus dem Konzept bringen. Vielleicht würde er für die Antwort eine Weile brauchen. Falls überhaupt eine kam. Möglicherweise hörte sie nie wieder von ihm.
    Sie schaltete den Laptop ein, schlürfte ihren Kaffee und wartete. Die Sonne, die von der Veranda hereinschien, ließ die Kristallgläser auf der Anrichte

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