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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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Bildschirm, dazu Alter, Einlieferungsgrund, Adressdaten.
    Dawn legte sich eine Hand an die Stirn und atmete tief durch. Sie musste versuchen, den Personenkreis einzugrenzen. In einigen Wochen. Wie viele Wochen waren einige? Zwei? Drei? Egal, es konnte nicht allzu viele männliche Patienten geben, deren Nachname mit F anfing und die sich für die nahe Zukunft im St. Iberius angemeldet hatten. Sie würde einfach von drei Wochen ausgehen. Nein, vier, um ganz sicher zu sein. Wenn sie nur die Abteilung wüsste! Endokrinologie.
Onkologie. Gastroenterologie. Wieder musste sie an die E-Mail denken. Für eine Operation ins St. Iberius. Eine Operation! Das bedeutete, das Mr. F von einem Chirurgen behandelt werden würde.
    So langsam kam sie der Sache näher. Sie zog ein leeres Blatt aus dem Drucker, ging die Namen durch und schrieb alle Patienten auf, deren Eckdaten passten. Mr. George Furby, fünfzig Jahre alt, kam zum zwölften Mal wegen eines Leistenbruchs. Mr. Amr Farooqi, neunundsechzig, würde sich in drei Wochen einer Gastrektomie unterziehen. Mr. Brian Foster hatte sich zu einer ambulanten Arthroskopie angemeldet. Manche der Namen erkannte Dawn wieder. Neil Foran, ein älterer Herr, der immer wieder wegen Blasenkrebs eingeliefert wurde. James Franks, dreißig, ein kleiner Drogendealer und Stammgast der Notaufnahme des St. Iberius. Dawn kratzte sich am Kopf. So viele Namen. Sie hatte schon mindestens vierzig beisammen, und es wurden immer mehr. Der nächste Name erschien. Christopher Farthingale, angemeldet zur Herz-OP in der nächsten Woche. Alter: neun Monate. Neun Monate! Dawn schloss die Augen. Dr. Coulton wollte sie doch nicht etwa zwingen, ein Baby zu töten? Ausschließen konnte sie es nicht. Sie konnte nichts mehr ausschließen.
    Ihr Nacken schmerzte, weil sie so lange in einer Position ausgeharrt hatte. Sie legte den Kopf in den Nacken, um die Muskulatur zu entlasten. Mr. F. Das reichte nicht. Sie brauchte mehr. In welchem Verhältnis stand er zu Dr. Coulton? Warum sollte er sterben? Sie hatte irgendwo gelesen, dass die meisten Mörder ihre Opfer kannten. Gehörte dieser Mr. F am Ende zur Familie? War er ein Nachbar? Am besten, sie fand Dr. Coultons Privatadresse heraus. Die Personalabteilung würde sie irgendwo gespeichert haben. Dawn musste sich irgendeine überzeugende Ausrede einfallen lassen,
um sie in Erfahrung zu bringen. Vielleicht sollte sie sich einmal bei seinen Mitarbeitern umhören? Dr. Coulton redete nicht viel über sich, aber es musste Kollegen geben, die mehr über sein Privatleben wussten. Überall gab es Menschen wie Mandy, die erpicht darauf waren, alle möglichen Kleinigkeiten herauszufinden und Dritten auf die Nase zu binden. Dawn betrachtete die Namenliste, die vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Was um alles in der Welt hatte sie sich dabei gedacht? Wollte sie all diese Leute anrufen und fragen, ob es da vielleicht jemanden gab, der vorhatte, sie umzubringen? »Guten Morgen, hier spricht Schwester Torridge vom St. Iberius. Leider habe ich Grund zu der Annahme, dass Ihr neun Monate altes Baby sich Feinde gemacht hat.«
    Aber welche Alternative blieb ihr? Dawn beugte sich vor und griff zum Stift. Falls es nötig war, die Patienten durchzugehen, einen nach dem anderen, würde sie genau das tun. Name Nummer achtundvierzig erschien auf dem Bildschirm. Dawn zog ein zweites Blatt aus dem Drucker und schrieb weiter. Jemand klopfte an die Tür.
    »Herein.« Ermattet ließ Dawn den Stift sinken. Sie drückte den Rücken durch und legte sich die Hände an den Kopf. Sicher war das Mandy, die mit ihr plaudern oder wissen wollte, wo die Inkontinenzwindeln waren.
    Aber es war nicht Mandy.
    »Guten Tag, Oberschwester«, sagte eine tiefe, nüchterne Stimme.
    Dawn fuhr herum, riss die Hände herunter.
    »Sind Sie beschäftigt?«, fragte Dr. Coulton.
    Dawn starrte ihn mit offenem Mund an. Wie er da auf der Schwelle stand … Ihr schien, als wäre sie durch einen langen, dunklen Tunnel geflohen, nur um am Ende festzustellen, dass ihr Verfolger die ganze Zeit hinter ihr gewesen war. Dr. Coulton ließ seinen kühlen Blick durch den Raum
schweifen, bis er schließlich an Dawns Namenliste auf dem Schreibtisch hängen blieb. Schnell legte Dawn die Arme darüber. Dr. Coulton verzog keine Miene.
    »Ich muss etwas mit Ihnen besprechen«, sagte er. »Es ist eher privater Natur.«
    »Ich höre.«
    »Darf ich?« Dr. Coulton trat ein und zog die Tür hinter sich zu. Auf dem einzigen Stuhl im Raum stapelten sich Akten

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