Die Satanischen Verse
Geist die Flasche aufgesucht, ein ausgesprochen freundlicher Geselle, weißt du, also kam mir der Gedanke, ihm ein paar wesentliche Fragen zu stellen. Gibt es einen Gott? Und die Flasche, die wie eine Maus oder so im Kreis gelaufen war, blieb auf der Stelle stehen, mitten auf dem Tisch, ohne sich zu rühren, futsch, aus. Na ja, okay, sagte ich, wenn du diese Frage nicht beantworten willst, versuch’s doch mit der, und ich fragte ganz direkt: Gibt es einen Teufel? Daraufhin begann die Flasche - babrebap! - zu vibrieren - spitz die Ohren! - anfangs langsam, dann schneller, wie ein Wackelpudding, bis sie - ai-hai! - vom Tisch sprang, in die Luft, auf die Seite fiel und - o-ho!
- in tausend und ein Stück zerbrach, kaputt. Glaub es oder glaub es nicht, sagte der Babasaheb Mhatre zu seinem Mündel, aber dort und damals lernte ich meine Lektion: Misch dich nicht ein in Dinge, Mhatre, von denen du nichts verstehst.
Diese Geschichte hinterließ einen tiefen Eindruck im Bewusstsein des jungen Zuhörers, denn schon vor dem Tod seiner Mutter war er von der Existenz einer übernatürlichen Welt überzeugt gewesen. Manchmal, wenn er um sich blickte, besonders in der Nachmittagshitze, wenn die Luft klebrig wurde, schien die sichtbare Welt, ihre Konturen und Bewohner und Gegenstände, wie eine Fülle von heißen Eisbergen in die Atmosphäre zu ragen, und er stellte sich vor, dass sich alles unter der Oberfläche der brodelnden Luft fortsetzte: Menschen, Autos, Hunde, Filmreklamen, Bäume, wobei neun Zehntel ihrer Realität seinen Augen verborgen waren. Wenn er blinzelte, verblasste die Illusion, aber die Empfindung davon verließ ihn nie. Er wuchs auf im Glauben an Gott, Engel, Teufel, Afrits, Dschinns, sie waren ihm so selbstverständlich wie Ochsenkarren oder Laternenpfähle, und es kam ihm wie ein Versagen seiner Augen vor, dass er noch nie einen Geist gesehen hatte. Er träumte davon, einen magischen Optiker zu finden und sich bei ihm eine grüngetönte Brille zu kaufen, die seine beklagenswerte Kurzsichtigkeit korrigieren würde, und dann würde er durch die dicke, blendende Luft hindurch bis zur märchenhaften Welt darunter blicken.
Von seiner Mutter Naima Najmuddin hatte er viele Geschichten über den Propheten gehört, und falls sich Ungenauigkeiten in ihre Versionen geschlichen hatten, so interessierte ihn nicht, um welche es sich handelte. »Was für ein Mann!« dachte er. »Welcher Engel würde nicht gern mit ihm sprechen?« Manchmal jedoch ertappte er sich bei gotteslästerlichen Gedanken, zum Beispiel wenn seine schlaftrunkene Phantasie, während er auf dem Feldbett im Haus des Mhatre einschlief, ohne es zu wollen, seine eigene Lage mit der des Propheten zu vergleichen begann, als dieser, verwaist und mittellos, als Geschäftsführer der reichen Witwe Khadija reüssierte und sie schließlich sogar heiratete. Während er in den Schlaf glitt, sah er sich auf einem mit Rosen bestreuten Podest sitzen, albern und schüchtern lächelnd unter dem Sari-Pallu, den er sittsam vor das Gesicht gezogen hatte, während sein neuer Ehemann, Babasaheb Mhatre, sich ihm liebevoll zuneigte, um den Schleier zu entfernen und seine Gesichtszüge in einem in seinem Schoß liegenden Spiegel zu betrachten. Dieser Traum, den Babasaheb zu heiraten, weckte ihn und ließ ihn vor heißer Scham erröten, und dann begann er, sich über die Unlauterkeit seines Wesens Sorgen zu machen, die so schreckliche Phantasiebilder hervorzurufen vermochte.
Meist jedoch war sein Glaube etwas Unauffälliges, ein Teil von ihm, der nicht mehr Aufmerksamkeit erforderte als irgendein anderer. Als Babasaheb Mhatre ihn zu sich nahm, war das für den jungen Mann die Bestätigung, dass er nicht allein auf der Welt war, dass etwas sich um ihn kümmerte; deshalb war er nicht wirklich überrascht, als der Babasaheb ihn am Morgen seines einundzwanzigsten Geburtstags ins blaue Büro rief und an die Luft setzte, ohne Bereitschaft zu zeigen, sich irgendwelche Bitten anzuhören.
»Du bist gefeuert«, sagte Mhatre mit Nachdruck und strahlte.
»Hinausgeworfen, du hast ausgespielt. Gekündigt.«
»Aber Onkel -«
»Halt die Klappe.«
Dann machte der Babasaheb dem Waisen das größte Geschenk seines Lebens, indem er ihn davon unterrichtete, dass für ihn ein Termin in den Studios des legendären Filmmagnaten D.W. Rama vereinbart worden war, zwecks Probeaufnahmen. »Um den Schein zu wahren«, sagte der Babasaheb. »Rama ist ein guter Freund von mir, und wir haben darüber
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