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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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action war. Aber diesmal war Valance nicht zu Spä ßen aufgelegt.
    »Publikumsumfragen haben ergeben«, keuchte er, » dass Immigranten sich keine Shows ansehen, in denen Immigranten auftreten. Das interessiert sie einfach nicht. Sie wollen den Denver Clan sehen, wie alle anderen auch. Du hast das falsche Profil, wenn du weißt, was ich meine: wenn du dabei bist, bekommt der Rassenaspekt einfach ein zu großes Gewicht. Die Aliens Show ist eine viel zu tolle Idee, als dass sie von irgend welchen rassistischen Dimensionen beeinträchtig werden dürfte. Allein schon die Werbemög lichkeiten, aber das brauch’ ich dir ja nicht zu erzählen.«
    Chamca sah sein Bild in dem kleinen, zerbrochenen Spiegel über dem Telefonapparat. Er sah aus wie ein gestrandetes Genie auf der Suche nach einer Wunderlampe. »Das ist Ansichtssache«, erwidert e er, obwohl er wusste , dass mit Valance nicht zu diskutieren war. Bei Hal liefen Erklärungen immer auf nachträgliche Rationalisierungen hinaus. Er war ein ausgesprochen instinktgeleiteter Mensch, der als sein Motto den Rat von Deep Throat an Bob Woodward angenommen hatte. Folge dem Geld! Diesen Spruch hatte er sich in großer Groteskschrift drucken lassen und in seinem Büro über einem Standf oto aus den Unbestechlichen aufgehängt: Hal Holbrook (noch ein Hal!) auf dem Parkplatz, im Schatten stehend. Folge dem Geld: das erklärte, worauf er immer wieder gern verwies, seine fünf Frauen, alle von Haus aus reich, von denen er jeweils bei der Scheidung eine hübsche Abfindungssumme kassiert hatte. Momentan war er mit einem verwöhnten Kind verheiratet, das vielleicht ein Drittel so alt war wie er, mit hüftlangem kastanienbraunem Haar und einem gespenstischen Aussehen, das ihm vor fünfundzwanzig Jahren den Ruf einer großen Schönheit eingetragen hätte. »Sie hat keinen Penny, sie nimmt mich aus, und wenn sie genug hat, dann macht sie die Fliege«, hatte Valance einmal erzählt, in glücklicheren Tagen. »Was soll’s. Ich bin auch nur ein Mensch. Diesmal ist es Liebe.« Noch so einer, der sich mit Kindern einließ.
    Unvermeidlich heutzutage. Chamcha stellte fest, dass er den Namen des Kindchens vergessen hatte. »Du kennst ja mein Motto«, sagte Valance. »Ja«, sagte Chamcha sachlich. »Es passt genau zum Produkt.« Das Produkt -das bist du, du Mistkerl.
    Als er Hal Valance kenne nlernte (vor wie vielen Jahren? Fünf, vielleicht sechs), beim Mittagessen in White Tower, war der Mann schon ein Monster: ein pures, selbstgebasteltes Image, eine Reihe von Eigenschaften in großen Lettern über den Leib geschrieben, der, mit Hals Worten, »darauf hintrainierte, zu werden wie Orson Welles«. Er rauchte absurde Karikaturen von Zigarren, aufgrund seines entschieden kapitalistischen Standpunkts aber keine kubanischen. Er besaß eine Weste, die aus einem Union Jack geschneidert war, und legte großen Wert darauf, dass über seiner Agentur und auch über dem Tor zu seiner Villa in Highgate die Fahne flatterte; er kostümierte sich gern als Ma urice Chevalier und sang, unter Einsatz von Strohhut und Stöckchen mit Silberknauf, bei größeren Veranstaltungen den erstaunten Gästen vor; er behauptete, das erste Loire— Schloss zu besitzen, das mit Telex und Telefax ausgestattet war, und machte viel Aufhebens um seine »enge« Beziehung zur Premierministerin, von der er liebevoll als »Mrs. Torture« sprach. Hal mit seinem amerikanischen Akz ent - die Verkörperung eines auftrumpfenden Spießertums - war eine der glanzvollsten Erscheinungen der Zeit, die fürs Kreative zuständige Hälfte der Valance & Lang Partnership, der heißesten Agentur in London.
    Wie Billy Battuta hatte er eine Schwäche für große Limousinen mit großen Chauffeuren. Man erzählte, dass sich einmal, als er mit hoher Geschwindigkeit auf einer Straße in Cornwall entlanggefahren ist, um ein langbeiniges, besonders unterkühltes finnisches Modell »anzuheizen«, ein Unfall ereignet habe: keine Verletzten, aber als der andere Fahrer wütend aus seinem schrottreifen Auto kletterte, stellte sich heraus, dass er noch größer war als Hals Beschützer. Als dieser Koloss auf ihn zusteuerte, ließ Hal das automatische Fenster herunter und keuchte freundlich lächelnd: »Ich empfehle Ihnen dringend, kehrtzumachen und Leine zu ziehen. Sollten Sie meiner Aufforderung binnen fünfzehn Sekunden nicht Folge geleistet haben, mein Herr, werde ich Sie ins Jenseits befördern lassen.« Andere Werbekoryphäen waren berühmt für ihre Arbeit:

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