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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Hot-Wax-Disco herumhampelt und -wackelt, von der sie glaubt, ich hätte noch nie von ihr gehört; was bei diesem Blues passiert ist, zu dem sie mit Mister Dingsbums, diesem Angeber angeschlichen kam. Wirklich ‘ne tolle Schwester«, und dann das packende Finish: »wird bestimmt sterben an Wie-heißt’s-noch Chance.« Gemeint war, Chamcha und Mishal wussten es natürlich - diese Kinoreklame, expressionistische Grabsteine, die aus Erde und Meer aufragten, hatte sich mit ihrer Botschaft allen eingeprägt, keine Frage - Aids.
    Mishal fiel über ihre Schwester her, zog sie an den Haaren.
    Anahita heulte auf, konnte trotzdem noch einen Treffer landen.
    »Wenigstens hab’ ich mir nicht so eine verrückte Nadelkissenfrisur schneiden lassen, wer darauf steht, tickt ja wohl nicht richtig«, und nachdem die beiden verschwunden waren, überlegte Chamcha, warum Anahita sich so plötzlich und absolut die Moralvorstellungen ihrer Mutter zu eigen gemacht hatte. Riecht nach Ärger, schlussfolgerte er.
    Der Ärger kam: früh genug.
     
    Wenn er allein war, spürte er immer mehr, wie eine schleichende Schwere ihn niederdrückte, bis er das Bewusstsein verlor, auslief wie ein aufgezogenes Spielzeug, und in diesen Phasen der Stase, die immer kurz vor dem Eintreffen von Besuchern endeten, gab sein Körper erschreckende Geräusche von sich, das Jaulen infernalischer Wahwahs, das schnarrende Knacken satanischer Knochen. Das waren die Zeiten, in denen er ganz allmählich wuchs. Und mit ihm wuchsen auch die Gerüchte um seine Existenz; man kann nicht einen Teufel in einer Dachkammer einsperren und glauben, dass niemand davon erfährt.
    Wie es herauskam (wer Bescheid wusste , hielt den Mund: die Sufyans, weil sie finanzielle Einbußen befürchteten, die einstweiligen Wesen, weil sie sich aus einem Gefühl der Vergänglichkeit der Zeit heraus nicht imstande sahen zu handeln, und alle Beteiligten aus Furcht vor der Polizei, die keine Hemmungen hatten derart ige Etablissements zu betreten, zufällig gegen ein Möbelstück zu stoßen und wie unbeabsichtigt auf ein paar Arme Beine Hälse zu treten): Er begann, den Leuten des Viertels in ihren Träumen zu erscheinen. Die Mullahs in der Jamme Masjid die früher einmal die Machzikel Ha-Dath Synagoge gewesen war, die ihrerseits die kalvinistische Hugenottenkirche abgelöst hatte, und Dr. Uhuru Simba, der Berg von einem Mann, mit afrikanischem Pillboxhut und rot-gelb-schwarzem Poncho, der den erfolgreichen Protest gegen die Aliens Show angeführt hatte und den Mishal mehr als jeden anderen Schwarzen hasste , wegen seiner Neigung, hochnäsigen Frauen ins Gesicht zu schlagen, zum Beispiel ihr selbst, in aller Öffentlichkeit, auf einer Versammlung, jede Menge Zeugen, aber das konnte den Doktor nicht abhalten, er ist verrückt, sagte sie zu Chamcha, als sie eines Tages von der Dachkammer aus auf ihn zeigte, zu allem fähig, er hätte mich umbringen können, und zwar nur, weil ich allen gesagt habe, dass er kein Afrikaner ist. Ich habe ihn gekannt, als er noch schlicht Sylvester Roberts aus New Cross war; Scheißmedizinmann, wenn du mich fragst; und Mishal selbst und Jumpy und Hanif und auch der Busschaffner, sie alle träumten von ihm, wie er sich auf der Straße wie eine Apokalypse erhob und die Stadt wie Toast verbrannte. Und in jedem der tausendundein Träume sang er, Saladin Chamcha, mit riesigen Gliedmaßen und hornbeturbantem Haupt, mit einer Stimme so grauenvoll diabolisch und guttural, dass man die Strophen nicht unterscheiden konnte, obgleich die Träume, wie sich herausstellte, etwas erschreckend Serienmäßiges hatten, ein jeder fand in der darauffolgenden Nacht seine Fortsetzung und so weiter, Nacht für Nacht, bis selbst der Schweigende Mann, der ehemalige Friedensrichter, der nicht mehr gesprochen hatte seit jenem Abend, als ihm in einem indischen Restaurant ein betrunkener junger Mann ein Messer unter die Nase gehalten und gedroht hatte, ihn zu erstechen, und dann das viel schockierendere Vergehen beging und ihm auf den Teller spuckte bis also dieser sanftmütige Herr seine Frau dadurch überraschte, dass er sich im Schlaf aufsetzte, den Hals wie eine Taube nach vorn streckte, die Innenseiten der Handgelenke am rechten Ohr a ufeinanderschlug und mit lauter Stimme ein Lied herausschmetterte, das so eigenartig und statisch klang, dass sie kein einziges Wort verstand.
    Sehr schnell, weil eben nichts mehr viel Zeit beansprucht, begann das Bild des Traum-Teufels, sich festzusetzen und populär

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