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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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langem Auto, bitten wir freundlich, Fenster runterkurbeln, damit mein Freund Bomben werfen kann auf ihn.« Der Polizist erwiderte: »Ha ha, Sir. Sehr gut. Nun will ich Ihnen aber mal was sagen. Sie können ihn mit Eiern bewerfen, Sir, dagegen hab’ ich nichts. Sie können ihn auch mit Tomaten bewerfen, Sir, mit solchen, wie Sie sie in der Schachtel haben, auf der Bomben draufsteht, denn dagegen hab’ ich auch nichts. Aber wenn Sie mit irgendetwas Hartem auf ihn werfen, Sir, dann erwischt Sie mein Kollege hier mit seiner Kanone.« Ach, die Tage der Unschuld, als die Welt noch jung war… als das Auto angefahren kam, entstand ein Riesengedränge, und Chamcha und Jumpy wurden voneinander getrennt. Dann tauchte Jumpy wieder auf, kletterte auf die Motorhaube v on Harold Wilsons Limousine und begann, auf dieser Motorhaube herumzuspringen, große Beulen hineinzutreten, sprang wie ein Wilder im Rhythmus der Massen-Sprechchöre: Ho-Ho-Ho Tschi Minh, Ho-Ho-Ho Tschi Minh.
    »Saladin begann, auf mich einzuschreien, ich solle runterkommen, zum Teil, weil die Männer von der Staatssicherheit, die sich unter die Menge gemischt hatten, schon im Anmarsch waren, aber vor allem, weil es ihm so verdammt peinlich war.« Doch er hüpfte weiter, höher nach oben, fester nach unten, durchweicht bis auf die Knochen mit fliegendem, langen Haar. Jumpy, der Springer, ersprang sich einen Platz in der Mythologie jener frühen Jahre. Und Wilson und Marcia kauerten auf dem Rücksitz. Ho-Ho-Ho Tschi Minh!
    Im letztmöglichen Moment atmete Jumpy tief durch und stürzte sich kopfüber in ein Meer von nassen und freundlichen Gesichtern; und verschwand. Sie erwischten ihn nie: Bullen Schweine Abschaum. »Saladin hat über eine Woche lang nicht mit mir geredet«, erinnerte Jumpy sich. »Und als er es schließlich wieder tat, sagte er nur: ›Du bist dir ja hoffentlich darüber im Klaren , dass die Jungs von der Polizei dich hätten in Stücke schießen können; aber sie haben’s nicht getan.‹«
    Sie saßen immer noch Seite an Seite auf dem Bettrand.
    Jumpy berührte Pamela am Unterarm. »Ich will damit nur sagen, dass ich weiß, was für ein Gefühl das ist. Krach, Bumm.
    Es war unglaublich. Es war notwendig für mich.«
    »O mein Gott«, sagte sie und wandte sich ihm zu. »O mein Gott, tut mir leid, aber ja, genauso war es.«
    Am Morgen dauerte es eine Stunde, bis sie die Fluggesellschaft dranhatten, weil die Katastrophe eine Flut von Anrufen ausgelöst hatte, und dann weitere fünfundzwanzig Minuten Beharrlichkeit - aber er hat angerufen, es war seine Stimme -, während am anderen Ende der Leitung die Stimme einer Frau, speziell darin geschult, mit Menschen in Krisensituationen umzugehen, verstand, wie sie sich fühlte, und mit ihr in diesem furchtbaren Moment mitfühlen konnte und sehr geduldig blieb, aber ganz klar nicht ein Wort von dem glaubte, was Pamela sagte. Tut mi r leid, Madam, ich möchte nicht grausam klingen, aber das Flugzeug ist in dreißigtausend Fuß Höhe auseinandergebrochen. Am Ende des Telefongesprächs kreischte Pamela Chamcha, eine sonst außerordentlich kontrollierte Frau, die sich im Badezimmer einschloss , wenn sie weinen wollte, durch die Leitung, um Himmels willen, Frau, können Sie nicht mal Ihre Gute-Samariter-Reden sein lassen und sich anhören, was ich zu sagen habe? Schließlich knallte sie den Hörer auf und fiel über Jumpy her, der den Ausdruck in ihren Augen sah und den Kaffee verschüttete, den er ihr bringen wollte, weil er vor lauter Angst begonnen hatte, an allen Gliedern zu zittern. »Du gottverdammtes Arschloch«, verfluchte sie ihn. »Lebt noch, hä? Ich nehme an, er ist auf beschissenen Flügeln aus dem Himmel runtergeschwebt und hat gleich die nächste Telefonzelle angesteuert, um das verdammte Superman-Kostüm auszuziehen und sein Frauchen anzurufen.« Sie waren in der Küche, und Jumpys Blick fiel auf eine Reihe von Küchenmessern, die an einem Magnetstreifen an der Wand neben Pamelas linkem Arm hingen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie ließ ihn nicht. »Hau ab, bevor ich dir was antue«, sagte sie. »Ich kann nicht glauben, dass ich darauf reingefallen bin. Du und Stimmen am Telefon: Ich hätt’s wissen müssen, verdammte Scheiße.«
    Anfang der siebziger Jahre hatte Jumpy vom Rücksitz seines gelben Mini-Busses aus eine reisende Diskothek betrieben. Er nannte sie Finns Daumen zu Ehren des legendären schlafenden Riesen von Irland, Finn MacCool, auch so ein Daumenlutscher, wie

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