Die Satansbraut
für mich war es erst gestern.«
»Wenn du nicht sofort
verschwindest, dann...« Es hatte gar keinen Sinn, er hörte mir nicht einmal zu.
»Man glaubte, ich hätte sie
umgebracht«, sagte er. »Meine wunderschöne, meine geliebte Mary! Als ob ich ihr
je ein Haar gekrümmt hätte. Es war jemand von den anderen, der sie getötet hat.
Ich war ein einfältiger Narr; ich wußte nicht einmal, was sich unten im Keller
abgespielt hatte. Diese unaussprechliche Teufelsanbetung, für die meine arme
unschuldige Mary auf diesem blutbefleckten Altar geopfert wurde!«
»Wer bist du denn?« fragte ich
verzweifelt. »Ein Verrückter?«
»Und der gespaltene Huf auf
ihrer Stirn, mit ihrem eigenen Blute gemalt«, fuhr er fort und ignorierte mich
erneut. »Das hatte nichts mit echtem Okkultismus zu tun; das war Teufelei von
Menschenhand, und sie alle werden für ihre Sünden büßen. Aber wer ihren armen
Körper so in Stücke gehackt hat, der wird am meisten von allen büßen.«
Der blaue Nebel wirbelte
durcheinander, und einen Augenblick sah ich den Mann dahinter gar nicht. Dann
tauchte sein Gesicht urplötzlich wieder auf, und jetzt sah es dreimal so groß
aus wie zuvor.
»Ich will dir etwas
anvertrauen«, flüsterte er rauh . »Es ist deine
Pflicht, mir zu helfen. Damit ich meine Rache vollenden und der Gerechtigkeit
Genüge tun kann.« Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »John Manning war
einer der weniger Schuldigen in jener Nacht im Keller.«
»Ich hab’ in meinem ganzen
Leben noch niemanden getroffen, der John Manning hieß«, sagte ich, aber ich
glaube, es kam nur als Gestammel heraus, weil mir die Zähne so klapperten.
»Die Sünden der Väter«, fuhr er
fort, während ich vergebens hoffte, er würde mal einen Augenblick den Mund
halten und mir zuhören. »Aber in deinem Fall ist das anders. Du erhältst die
Chance, die Sünden der Väter zu sühnen.« Der blaue Nebel wallte wieder,
verdeckte allmählich sein Gesicht. »Wir sprechen uns wieder... Bald.«
Sein Gesicht verschwand
vollends. Der Nebel wirbelte wie verrückt, und dann war auch er verschwunden,
mit einem Schlag. Und ich saß da, ein Bündel von Nerven, und fragte mich, ob
ich nun übergeschnappt sei, nur geträumt hatte oder was sonst? Dann, weil ich
so verwirrt war und nicht klar denken konnte, schüttelte ich heftig den Kopf.
Und nun wurde es erst schön! Das Tonnengewicht unter der Schädeldecke prallte
von einer Seite gegen die andere, und mir blieb nur Zeit zu einem
fürchterlichen Aufstöhnen, dann sank ich wieder ins Bett und war zum Sterben
bereit. Aber statt dessen schlief ich nur ein.
Am Morgen war ich womöglich
noch verwirrter. Mein Kopf schmerzte nicht mehr so arg wie in der Nacht, aber
er dröhnte noch ein bißchen. Ich schlug vorsichtig die Augen auf, und das
erste, was ich sah, war Celestine. Sie stand vor dem Spiegel, in einem weißen
Spitzen-BH und passenden Höschen, und kämmte sich.
»Hallo«, sagte ich. Es sollte
hell und freundlich klingen, aber wie es herauskam, klang es eher nach einer
Ente, deren hinteres Ende soeben von einer Schrotladung getroffen wurde.
»Hallo, Mavis«, sagte sie. »Gut
geschlafen?«
»Ich muß die ganze Nacht wohl
irgendwie überlebt haben«, antwortete ich. »Vielen Dank, daß Sie zu mir ins
Zimmer gekommen sind und mich geweckt haben.«
»Ein Vergnügen.« Sie lächelte
mein Spiegelbild an. »Egan hat mir von dem üblen Streich erzählt, den dieser
elende Bancroft Ihnen gestern abend mit dem
hochprozentigen Wodka gespielt hat. Und übrigens — dies ist mein Zimmer.«
»Ihr Zimmer?« Ich war so
perplex, daß ich die Decke zurückschlug und aus dem Bett stieg. »Aber wie bin
ich denn...«
Celestine prustete plötzlich
los. »Entschuldigen Sie, Mavis.« Sie wieherte wie ein Pferd. »Es ist nur... Ich
meine... Das ist der tollste Schlafanzug, den ich je gesehen habe!«
»Ich konnte sie gestern abend nicht ausziehen, weil jemand den
Reißverschluß gemopst hat, ohne daß ich es merkte«, erläuterte ich, und die
dämliche Ziege schien das noch lustiger zu finden. »Ich meine...« sagte ich und
blitzte sie wütend an. »Oh, hol’s dieser und jener.«
»Ich sollte wirklich nicht so lachen.«
Sie versuchte, reuig dreinzuschauen. »Als ich gestern heraufkam, merkte ich,
daß ich noch gar nicht müde war, und deshalb ging ich noch ein bißchen
spazieren. Als ich zurückkam, traf ich Egan, und der erzählte mir, was passiert
war. Und als ich dann hier hereinkam und Sie schlafend in meinem Bett
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