Die Satansbraut
genügt vorläufig, Liebste, würde ich sagen.« Tony Parrish verschloß seiner Frau zu Sophies Erstaunen mit einem Kuß den Mund.
Melissande errötete. »Du hättest in der Kutsche nicht damit anfangen sollen, denn jetzt . ..« Sie verstummte mitten im Satz, schüttelte über sich den Kopf und sagte zu Sophie: »Wissen Sie, mein Mann zieht mich für sein Leben gern auf. Aber ich sehe hier nirgends eine Sitzgelegenheit. Sollen wir hier stehenbleiben?«
Sophie wurde zum Glück einer Antwort enthoben, denn Ryder trat in diesem Augenblick über die Schwelle, und er sah in seinem weißen Hemd mit offenem Kragen, in Wildlederhose und schwarzen Schaftstiefeln so männlich und kraftstrotzend aus, daß sie versucht war, sich in seine Arme zu werfen. Er hatte sich in den letzten drei Tagen so verändert. Oder war sie es, die sich verändert hatte? Höchstens ein ganz klein wenig, redete sie sich hastig ein. Ryder war ihr natürlich nach wie vor völlig gleichgültig, trotz seines charmanten Lächelns, seiner blendend weißen Zähne und der Lachfältchen um seine blauen Augen herum. Dann begriff sie, warum er ihr verändert vorkam. Hier trug er Verantwortung, hier war er der Hausherr, und diese Rolle paßte ausgezeichnet zu ihm. Und ich bin die Hausherrin, dachte Sophie stolz.
Die Cousins schüttelten einander die Hand, klopften einander auf den Rücken und sparten nicht mit gegenseitigen freundschaftlichen Schimpfnamen. Sophie wartete ängstlich darauf, daß Ryder sich der Prinzessin an Tonys Seite zuwenden und — bildlich gesprochen — zu Füßen werfen würde.
Seltsamerweise tat er das nicht. Statt dessen lächelte er dem hinreißenden Geschöpf liebenswürdig, aber gänzlich unbeeindruckt zu. »Willkommen in Chadwyck House, Kusine. Ich hatte Tony gewarnt, daß er sich vorerst lieber nicht herwagen sollte, weil ich ihn andernfalls zur Arbeit einspannen könnte.«
»Ein solcher Faulpelz bin ich nun auch wieder nicht«, sagte Tony. »Zwei willige Sklaven stehen ganz zu eurer Verfügung.«
»Wir fahren erst nächste Woche nach London.« Melissande sah sich schaudernd um. »Tony besteht darauf, daß wir auch in der Zwischenzeit helfen sollen. Aber es ist viel schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich bin noch nie schmutzig gewesen, und schwarze Fingernägel müssen etwas Grauenhaftes sein.«
Sie ist sehr naiv, dachte Sophie, atemberaubend schön, aber naiv. Ihre eigenen Fingernägel waren rabenschwarz, weil sie den Kamin entrußt hatte, und sie ballte ihre Hände rasch zu Fäusten.
»Sie werden keinen Finger rühren«, sagte sie zu Melissande. »Zumindest nicht in diesem Kleid.« Sophie warf ihrem Mann einen fragenden Blick zu, aber Ryder starrte Tony an, der seine Frau grinsend neckte: »Was, du warst noch nie schmutzig? Liebling, du hast offenbar ein sehr kurzes Gedächtnis. Ich kann mich jedenfalls lebhaft an eine gewisse Situation im Park von Northcliffe erinnern — du weißt schon, unter der Venusstatue, die ihre Blöße mit einer viel zu kleinen Hand zu verhüllen versucht. Damals warst du ganz schön verschwitzt, und du bist ziemlich schmutzig geworden, aber es hat dich kein bißchen gestört.«
Melissande knuffte ihn in den Arm.
»Manche Dinge ändern sich nie«, kommentierte Ryder kopfschüttelnd, »andere hingegen ändern sich so sehr, daß es einem gewöhnlichen Sterblichen total die Sprache verschlägt.«
»Diesen Zustand hat mein trautes Eheweib noch nicht ganz erreicht«, sagte Tony, »aber manchmal ist sie schon nahe daran.«
Melissande sah völlig verwirrt aus. »Sie scheinen ja ganz hübsch zu sein, Sophie«, murmelte sie, »obwohl dieses Kleid einfach schrecklich ist, und das Kopftuch nicht minder, aber Sie sind nicht schön. Das alles ist sehr merkwürdig, und ich kann es einfach nicht verstehen.«
Sophie blinzelte.
»Ein Mann ist unberechenbar, was seinen Geschmack betrifft«, sagte Ryder vergnügt. »Vielleicht leide ich ja tatsächlich unter Geschmacksverirrung.« Er flüsterte seiner Frau ins Ohr: »Sie kann nicht begreifen, wie ein durchaus männlicher Mann wie ich dich ihr vorziehen kann.«
»Das kann ich sehr gut nachvollziehen.« Sophie lächelte der berückenden Person zu. »Sie sind wirklich sehr schön.«
»Ja, ich weiß, aber Tony möchte, daß ich nichts auf solche Komplimente gebe, daß ich sie einfach ignoriere, weil sie angeblich so vergänglich wie Schneeflocken sind. Aber Ihr Kompliment ist zweifellos ganz ehrlich gemeint, und außerdem sind sie ja kein Mann, und
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