Die Satansbraut
Ryder.«
Ryder nahm seinen Hut ab, fächelte sich damit Luft zu und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Nach Möglichkeit irgendwo im Schatten. Vielleicht am Strand, wenn es Ihnen recht ist, Samuel.«
Sie ritten zum Monmouth Beach, und Ryder registrierte unwillig, daß dieses Fleckchen Erde in ihm warme Gefühle weckte. Natürlich war das völlig absurd. Ein besonders schöner Strand, weiter nichts. Mit Sophie hatte das überhaupt nichts zu tun. Die beiden Männer stiegen ab und setzten sich unter eine Kokospalme. Die ständige Brise war angenehm kühl. Ryder seufzte vor Wohlbehagen und lehnte sich an den Stamm.
Samuel verzichtete auf jede Einleitung. »Ich möchte Sophie Stanton-Greville heiraten«, sagte er. »Dann werde ich der Vormund des Jungen sein. Camille Hall grenzt an Kimberly, so daß Emile und ich die Möglichkeit haben werden, das Erbe des Jungen im Auge zu behalten.«
Allmächtiger, das war wirklich ein Schock, obwohl Ryder von Anfang an gewußt hatte, daß Samuel in Sophie verliebt war. Zunächst hatte ihn das sogar amüsiert. Jetzt aber fand er es alles andere als amüsant. Seine eigene Stimme drang wie aus weiter Ferne an seine Ohren. »Ich werde bald Jeremys Vormund sein. Was Sophie betrifft — wer weiß? Jedenfalls brauchen Sie aber nichts zu unternehmen, Samuel.«
»Ihnen liegt doch im Grunde nichts daran, der Vormund des Jungen zu werden. Ich weiß, daß Sie so schnell wie möglich nach England zurückkehren möchten, und Sie sind bereit, den Jungen und Sophie mitzunehmen, weil Sie keinen anderen Ausweg sehen. Aber es gibt diese andere Möglichkeit. Die beiden gehören hierher, nicht nach England. Ich weiß natürlich, daß sie in Cornwall ein Haus und etwas Land besitzen, aber die hiesige Plantage ist mit Sicherheit von viel größerer Bedeutung. Ich werde einen Hauslehrer für Jeremy einstellen. Ihm wird eine gute Erziehung zuteil werden, und eines Tages wird er sein Erbe antreten. Und Sophie wird in einer Familie geborgen sein, sie wird Menschen um sich haben, die sie lieben.«
Ryder fror plötzlich. Er wandte sich rasch von Samuel ab, weil er befürchtete, daß sein Gesichtsausdruck ihn verraten könnte, und starrte aufs Meer hinaus. Wo zum Teufel war nur sein sorgloses Lächeln abgeblieben? »Ich verstehe«, murmelte er schließlich. »Sie haben sich offenbar alles gründlich überlegt. Und ich nehme an, daß Sie zu jenen Menschen gehören, die Miss Stanton-Greville lieben.«
»So ist es.«
»Bestimmt ist Ihnen auch bewußt, daß Sie dem Alter nach ihr Vater sein könnten.«
»Selbstverständlich, und das bereitet mir etwas Sorgen. Ich hatte gehofft, daß Emile sie heiraten würde, aber er hält sie für eine Hure. Immerhin akzeptiert er sie jetzt, weil sie Ihnen das Leben gerettet hat, und das ist schon viel wert. Aber er schaut immer noch auf sie herab und taxiert sie wie einen Gegenstand — genauso wie Sie es tun. Ich möchte sie beschützen und lieben. Sobald ich mit ihr verheiratet bin, wird Emile seine Ansichten für sich behalten, und mit der Zeit wird er sie vielleicht sogar ändern, denn sie sind völlig falsch. Sophie ist ein braves Mädchen. Sie ist verleumdet worden, und daran ist nur ihr Onkel schuld. Ich freue mich, daß der Mann tot ist.«
»Sie spielt perfekt die Hure.«
»Wenn das stimmt, so ist es das Werk ihres Onkels. Er hat sie zu allem gezwungen, was sie getan hat. Aber er hätte sie nie dazu bringen können, mit all jenen Männern zu schlafen.«
»Sie glauben also, daß die Männer einfach gelogen haben?«
»Mir fällt keine andere Erklärung ein.«
»Emile sagte, sie sei ein Satansbraten.«
»Ich glaube, ohne einen starken Willen hätte sie nicht überleben können. Sie hat ihren Bruder nach Kräften beschützt. Ich habe mich immer über all das Gerede gewundert, über die Prahlereien der Männer, die behaupteten, ihre Liebhaber zu sein. Sie hätte etwas Derartiges nie tun können; so einfach ist das. Es liegt nicht in ihrer Natur.«
»Aber würde sie nicht alles tun, um Jeremy zu beschützen?«
»Fast alles, ja, aber sie würde sich nie so weit erniedrigen. Außerdem hat sie Ihnen das Leben gerettet, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Wenn diese Tat sie als Satansbraten ausweist, so ist das doch durchaus etwas Positives — zumindest sollten Sie es als positiv werten.«
»Ja, sie hat mir wirklich das Leben gerettet ... Aber Ihnen muß doch auch klar sein, Samuel, daß kaum eine der hiesigen Familien Sie noch empfangen
Weitere Kostenlose Bücher