Die Satojerin (German Edition)
Das
macht es schon nicht mehr ganz so ungewöhnlich! “ Carr schaute sie an und da war es wieder. Etwas Seltsames. Etwas,
das ihr immer wieder auffiel – etwas, das ihn von allen Personen, die sie kannte, unterschied. „ Jetzt aber los! “, unterbrach Ally die Stille. „Brechen wir auf. Solange wir beide
noch inkognito unterwegs sein können, müssen wir es ausnutzen. “ Sie zog ihr Cape an, legte sich die Kapuze ü ber den Kopf und sie machten sich auf den Weg.
Eigentlich war es Ally anfangs gar nicht recht, dass sie nun Carr ständig an
ihrer Seite hatte – vor allem bei ihren Spaziergängen. Sie wollte doch die
wenigen Stunden am Tag dazu nutzen, um etwas für sich zu sein und um sich an
ihr neues Leben zu gewöhnen. Einen kleinen Teil ihres Tages zu haben, in dem
sie ganz ihre Privatsphäre genießen konnte. Das tun zu können, was sie wollte,
klang für sie wie der Himmel auf Erden. Heute aber fand sie, dass Carrs
Gesellschaft überraschenderweise recht angenehm war. Es war zwar nicht, wie
wenn man mit einer Freundin durch die Stadt schlenderte, aber es war schön, zu
zweit durch die Stadt zu laufen, sich belanglos zu unterhalten und hier und da
eine Pause einzulegen. Carr erwies sich als ein hervorragender Stadtführer. Er
versprach ihr sogar, eine Karte zu besorgen, damit sie, wenn sie einmal alleine
in die Stadt musste, immer wusste, wo sie war. „Hier gibt es leider Gottes auch
Viertel, die weniger gesund sind . Ich wei ß , Mylady,
Sie wissen sich zu verteidigen, aber ich denke, wir m ü ssen nichts heraufbeschw ö ren .“ Da stimmte sie Carr zu. Ihr Leben war momentan aufregend genug
und k ä mpfen konnte sie bald ausreichend mit ihrem
Trainer. Sie schlenderten an einem Wirtshaus vorbei, das ein paar Tische vor
der T ü re stehen hatte. Ally liebte es ganz besonders,
sich irgendwo hinzusetzen, womöglich noch mit einem Getränk vor sich, und das
Treiben der Menschen zu beobachten. Zuhause hatte sie kaum Zeit dafür, daher
genoss sie es umso mehr, wenn es ihr einmal gelang. Ihr kam eine Idee. „Carr,
haben Sie Durst? “ Ihr
Gegenüber runzelte die Stirn. „Mylady, ich verstehe nicht so ganz. “ Sie lachte, schnappte sich ihren Leibwächter
und zog ihn zu einem der leeren Tische. In dem Moment, als sie seine Hand in
ihrer hielt, merkte sie wie schwer und gro ß, aber genauso wie angenehm und warm sie sich anf ü hlte. Ganz plötzlich übermannte sie ein Gefühl
der Geborgenheit und Sicherheit. Zuerst war sie schockiert, da außer Juna
niemand bisher in der Lage gewesen war, diese Gefühle in ihr auszulösen. Doch
dann lächelte sie in sich hinein. Du Huhn, das ist ja auch genau das, was er
tun soll und wofür er da ist. Er erfüllt seine Aufgabe gut! Das ist es – und
nichts anderes. Als die Kellnerin an ihrem Tisch auftauchte, bestellte sie
für beide eine heiße Schokolade. Es war mittlerweile Anfang Oktober und dafür
noch verhältnismäßig warm, allerdings tat das süße, heiße Getränk um diese
Jahreszeit schon gut. Ally war sowieso der Meinung, dass Schokolade, egal in
welcher Form, generell in jeder Lebenslage gut tat. Sie ließ sich in eine der
beiden Stühle fallen und lehnte sich seufzend zurück. Dann zog sie ihre
Schultern hoch, legte den Kopf in den Nacken und verschränkte ihre Arme vor der
Brust. Blinzelnd hob sie ihre Nase den letzten herbstlichen Sonnenstrahlen
entgegen. Sie seufzte erneut und widmete sich ihrer gerade angekommenen heißen
Schokolade, als ihr Blick zu Carr hinüber schwenkte und Ally unwillkürlich
losprusten musste. Lord Carr, der heldenhafte Krieger mit seinen männlichen
Zügen. Der große Mann mit seinem stählernen Körper, an dem sicherlich
unsichtbar Dutzende von Waffen befestigt waren. Dieser Mann saß vor einem
Becher heißer Schokolade mit Sahnehaube und einer roten Kirsche, der im
Vergleich zu seinem massigen Körper winzig aussah. „Carr, entschuldigen Sie
bitte! Es tut mir leid. Ich habe wohl nicht so ganz Erfahrung, was Stadtbummel
und Wirtshausbesuche mit Männern betrifft. Meistens leisten mir eine Freundin
oder meine Amme Gesellschaft. Wollen Sie lieber einen Apfelmost? “ Carr schaute an sich herunter. Sein k ü hler Blick wanderte zu ihr, anschließend zu
seinem Becher, und als er wieder bei Ally angekommen war, stieg er genauso laut
in ihr Lachen mit ein. „Mylady, nein danke. Ein Wasser würde reichen. “ Sie lachten sich beiden an und Ally erklomm
ein Gef ü hl des Behagens. Sie schnurrte leise und
räkelte sich langsam, wie eine
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