Die Satojerin (German Edition)
Wie mir scheint, habt ihr euch schon länger nicht mehr
gesehen?“ Ari nickte und als niemand zu ihnen sah, schickte er ihr einen
liebevollen Blick, der sich ü ber Ally legte und sich anf ü hlte wie Seide auf ihrem K ö rper. Dann verlie ß sie zusammen mit Carr den Saal. „ Geht es dir gut? Du wirkst etwas verwirrt? “ „ Nein, Carr – es ist
nur. Juna und Thyria, die beiden … Nein, ich will deine Gabe nicht schon wieder
ausnutzen. Lass uns ein anderes Mal dar ü ber sprechen, einverstanden? “ Carr nickte. Als sie in ihren Gemächern angekommen waren, schaute
er sie an und nahm sie in den Arm. Ally entspannte sich und merkte erst jetzt,
wie verkrampft ihre Muskeln waren. Als sie sich zusammen aufs Sofa setzten und
Ally dabei war, ihren verspannten Nacken ein wenig zu dehnen, sah Carr sie an. „ Ich finde deine Entscheidung, was die Narbe
betrifft, richtig und mutig. In dir steckt eben eine richtige Satojerin. Und
wenn ich auch nichts von diesem Bund halte, Hal hat mich beeindruckt mit seinen
Worten. Er hat recht! “
♔♕♛♚
Am nächsten Morgen wurde Ally von Carr geweckt. Eigentlich hatte
sie vorgehabt, noch ein wenig für sich alleine zu trainieren, bevor sie sich
zum Frühstück begaben. Aber augenscheinlich hatte sie so lange geschlafen, dass
das es hierfür nun nicht mehr reichte. Sie setzte sich auf, streckte sich und
ging noch einmal ihren Tagesplan durch. Zuallererst stand das Gespräch mit Hal
an. Nun ja, Tagesplan kann das heute wohl nicht nennen. Ich nehme an, dass
sich der Tag aus dem ergeben wird, was bei dem Gespräch mit Hal herauskommt. Sie
legte ihren Kopf in den Nacken, atmete tief durch und huschte ins Bad. Dort
nahm sie eine Dusche und genoss, wie das warme Wasser über ihren noch immer
verspannten Nacken rann. Dann trocknete sie sich ab und schaute ihre Narben im
Spiegel an. Eine Weile ruhte ihr Blick auf ihnen und Ally starrte ins Nichts,
dann riss sie sich zusammen, cremte sie ein und band ihre Haare zu einem
strengen Pferdeschwanz zusammen. Sie entschied sich für ein leuchtend blaues
Seidenkleid, legte ihr Phoenix Amulett an, das mittlerweile fertig war, und
machte sich auf zu Carr. Diese Seidenkleider gefallen mir. Sie sind bequem,
angenehm, nicht aufgebauscht, trotzdem edel und ich könnte in der Not sogar
darin kämpfen, weil man genug Bewegungsfreiheit hat. Sie lachte bei dem
Gedanken, als sie sich eine in ihrer Robe kämpfende Königin vorstellte. Als sie
zu Carr hinausging, empfing er sie wie immer mit einem gütigen Lächeln, das er,
wenn sie richtig darüber nachdachte, nur ihr schenkte. Das lag wohl auch daran,
dass die meisten in ihm nur einen Befehle ausführenden Klotz sahen.
Als
sie ankamen, war ausnahmsweise noch niemand im Frühstücksaal. Ally schaute
irritiert auf die Uhr und Carr zog die Augenbrauen hoch und sendete ihr einen
fragenden Blick. „ Was glaubst du, was seine
Bedingungen sein werden? “ Carr zuckte mit den
Schultern. „ Ich habe keine Ahnung und genauso wenig
Erfahrung mit dem Bund. Du wei ß t, was ich von ihnen halte und
daher kann ich sie und ihre Bedingungen auch nicht objektiv einschätzen! “ „ Eigentlich
auch egal, ich werde es ja gleich wissen! “ Kaum
hatte sie ausgesprochen, traten ihr Cousin, ihr Bruder und Thyria ein. Sie begr üß ten
einander und Thyria schien etwas verwundert, dass Hal und ihr Cousin noch nicht
beim Frühstück waren. Ally goss sich Kaffee ein und wartete auf die beiden.
Einige Minuten später erschienen sie im Raum und entschuldigten sich sogleich
für ihre Verspätung. Beide sahen müde und abgespannt aus, fast so als hätten
sie die letzte Nacht kaum geschlafen. Was sie aber als noch seltsamer empfand,
war, dass eine seltsame Kälte zwischen den beiden herrschte, die sie gestern
noch nicht gespürt hatte. Sie wendete sich Ari zu und versuchte, etwas in
seinen Augen zu erkennen, aber er erwiderte ihren Blick nicht. Er schaute ihr
völlig gleichgültig in die Augen, gerade so, als ob er nicht einmal wusste, wer
da vor ihm saß. Auch Carr war das aufgefallen, denn er gab ihr einen kleinen
Stups. Ihr Blick glitt zu Hal. Außer, dass er genauso matt und mitgenommen
aussah wie Ari und dass er die gleichen dunklen Ringe unter den Augen trug wie
er, wirkte er nicht anders als gestern. „ Na, da
haben zwei am Tisch ihr Wiedersehen wohl ein bisschen zu lange gefeiert? Solche
dunklen Augenringe kenne ich sonst nur von Ally!“ Es war Thiu, der scherzend
versuchte, ein Gespr ä ch zu beginnen.
Weitere Kostenlose Bücher