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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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sich im Sessel zurück und las einen Zeitschriftenartikel über Reisen nach Belfast. Einst als eines der vier B geschmäht, die man auf Reisen unbedingt meiden sollte – Beirut, Bagdad und Bosnien waren die anderen apokalyptischen Reiter –, bekam Belfast heute, wenn auch spät, eine etwas gnädigere Presse.
    »Hier steht, Touristen müssen keine kugelsicheren Westen mehr tragen, wenn sie nach Belfast reisen«, sagte Karl laut durch die offene Tür und hoffte, dass Naomi es hörte.
    Naomi beachtete ihn nicht und arbeitete im Nebenzimmer weiter an ihrem Computer.
    »Es ist jetzt eine Woche her, Naomi«, sagte Karl. »Wann nimmst du mich endlich wieder zur Kenntnis und taust ein wenig auf?«
    Naomi schaute vom Bildschirm auf und warf Karl einen vernichtenden Hast-du-gewagt-etwas-zu-sagen-Blick zu.
    Zu Karls Unglück musste er recht bald feststellen, dass Naomi ausgesprochen gut darin wurde, ihn zu ignorieren, während sie ihren alltäglichen Verrichtungen nachging. Tief in seinem Innersten wünschte er sich ein paar saftige Ohrfeigen als Strafe für Cathy McGlone – und nicht dieses quälende, eisige Schweigen.
    Glücklicherweise klingelte sein Handy auf dem Schreibtisch. Er nahm den Anruf entgegen. »Hallo?«, sagte er.
    »Dad?«
    »Katie! Wie geht es meiner Lieblingstochter?«
    »Prima. Und wie läuft’s in Belfast?«
    »Gar nicht gut, wenn du nur aus Schottland anrufst, um mich anzupumpen.« Karl hörte ein Kichern am anderen Ende.
    »Du bist so misstrauisch, Dad.«
    »Bringt der Beruf so mit sich, meine Herzallerliebste. Egal, genug gescherzt. Wie geht es dir?«
    »Echt gut, Dad.«
    »Nimm dich bloß vor diesen Schotten in Acht. Trau nie einem Mann, der einen Rock trägt«, sagte Karl und kratzte an seiner Nase.
    »Das ist eklig.«
    »Das ist die Wahrheit.«
    »Ich meine nicht die Schotten, Dad. Ich meine, dass du in der Nase bohrst.«
    »Ich bohre nicht in … woher zum Teufel …?« Karl nahm augenblicklich die Füße vom Tisch und schnellte hoch. Vor dem Bürofenster erblickte er Katies strahlendes Gesicht. Sie winkte.
    Bevor Karl sich in Bewegung setzen konnte, hatte Naomi schon die Bürotür geöffnet. Katie stürmte herein, umarmte ihren Vater und beachtete Naomi gar nicht.
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du kommst? Ich hätte einen Kuchen gebacken«, sagte Karl lächelnd und gab seiner Tochter einen Kuss auf den Kopf.
    »Es sollte eine Überraschung sein.« Katie drückte ihn noch fester. »Überrascht?«
    Karl dachte, dass das Drücken und die übertriebene Freude ein bisschen Schau für Naomi waren.
    »Einigermaßen. Hast du Naomi schon begrüßt?«
    »Was sagst du dazu, wenn wir rüber zu Nick’s Warehouse gehen?«, antwortete Katie, die die Frage ignorierte. »Es ist über ein Jahr her, seit ich zum letzten Mal dort war.«
    »Okay«, stimmte Karl zu. »Naomi? Möchtest du was essen?«
    Katie verzog das Gesicht.
    »Nein danke«, antwortete Naomi eingeschnappt.
    »Okay … ich müsste bald wieder da sein.«
    Naomi kehrte ohne ein weiteres Wort zu ihrem Computer zurück.
     
    Vor Nick’s Warehouse radelte eine Gruppe Jongleure auf winzigen Dreirädern an Karl und Katie vorbei. Sechs farbenfrohe Clowns folgten ihnen, tröteten und warfen den Schaulustigen Schwämme zu, die die Form von Tieren hatten.
    »Clowns. Die waren mir schon immer unheimlich. Mit diesen Klamotten und den spitzen Hüten sehen sie wie Faschisten aus«, sagte Karl griesgrämig. »Ku-Klux-Clowns.«
    »Du bist so eine Spaßbremse«, sagte Katie lächelnd. »Ich wusste gar nicht, dass hier gerade ein Zirkus gastiert. Weißt du noch, wie du immer mit mir hingegangen bist, als ich noch ein Kind war?«
    »Du bist immer noch ein Kind. Auch wenn du sechzig bist, wirst du für mich immer noch ein Kind sein. Vergiss das nie.«
    »Das ist peinlich, Dad.«
    »Nein, das sind elterliche Gefühle.«
    »So viele Clowns«, sagte Katie kopfschüttelnd. »Ich habe noch nie so viele auf einmal gesehen.«
    »In dieser Stadt spielt immer irgendjemand den Clown«, witzelte Karl, der plötzlich einen nashornförmigen Schwamm ins Gesicht bekam.
    »Ich finde das toll. Es macht die Stadt irgendwie mehr zu einer Großstadt.«
    »In Großstädten gibt es Superhelden. Hier haben wir Clowns. An der Uferpromenade findet eine Tagung statt. Die scheinen nicht zu wissen, dass es oben in Stormont einen festen Zirkus gibt.«
    In Nick’s Warehouse ging Karl zu seinem Lieblingsplatz am Fenster mit Blick auf das ein Stück die Straße hinunter gelegene

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