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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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gequetscht, obwohl sie inzwischen ein ziemlich großes Mädchen war. Das ungekämmte lange Haar hing ihr ins Gesicht. Die schwarzen Augen sahen durch die Strähnen auf mich. Jetzt schniefte sie lauter, dankbar, dass jemand es hören konnte.
    »Komm du mal her«, sagte ich. Aminat kletterte auf allen vieren heraus und richtete sich auf. Sie hatte ihr Nachthemd an, das ich am Ellbogen geflickt hatte.
    Ich trocknete Aminats Gesicht mit meinem Spitzentaschentuch ab.
    »Du hast keinen Grund zum Weinen«, sagte ich streng. »Keiner ist gestorben. Rosa kümmert sich drum.«
    Aminat sah mich von unten an. Sie glaubte mir nicht.
    »Du siehst schlimm aus. Ich rede erst wieder mit dir, wenn du nicht mehr so schlampig aussiehst. Ab ins Bad, Zähne putzen, Haare kämmen, anziehen!«
    Sie rannte aus dem Zimmer, und ich widmete mich Sulfia.
    Meine Tochter Sulfia trank niemals Alkohol. Keinen Wodka, kein Bier und keinen Krim-Champagner. Überhaupt keinen, niemals, nicht einmal zu Neujahr.
    Ich bettete Sulfias Kopf auf die Couch. Brachte ein nasses Handtuch und säuberte ihr Gesicht. Holte einen Putzlappen und reinigte den Boden. Band Sulfias Haare zusammen. Sie stöhnte und zuckte mit Armen und Beinen. Sie roch wie ein Obdachloser. Ich breitete eine Daunendecke über ihr aus.
    Aminat erschien – sie trug ihre braune Schuluniform, die zerknitterte schwarze Schürze, das Haar hatte sie zu zwei Zöpfen zusammengeflochten. Der Scheitel, den sie sich selber gezogen hatte, schlängelte sich schlampig auf ihrem Kopf. Ich zog die Schleifen aus ihren Zöpfen, kämmte die Haare durch und band sie noch mal neu. Ich gab Aminat ihren Pelzmantel und die Mütze, Handschuhe und Schulranzen und schob sie vor die Tür.
    Ich goss Sulfia kaltes Wasser über den Kopf, bis sie zu sich kam. Dann kochte ich ihr einen starken Kaffee mit viel Zucker und Zitronensaft und briet ihr ein Rührei. Ich überredete sie, sich ins Bett zu legen. Ich schüttelte ihr die Kissen aus. Sulfia liefen pausenlos die Tränen runter, richtige Sturzbäche, die das frische Nachthemd durchnässten, das ich ihr angezogen hatte.
    Ihr war schlecht. Sie hatte Kopfschmerzen, sie musste sich übergeben. Sie war, wie gesagt, Alkohol überhaupt nicht gewohnt. Sie dachte wohl, er eignet sich dafür, den seelischen Schmerz zu betäuben, nicht wissend, dass man nie im Kummer trinken sollte, weil Alkohol alles verstärkt, das Unglück wie die Freude.
    »Warum bist du nicht schwanger geworden?« fragte ich.
    »Wie denn?« sagte Sulfia. Ich seufzte.
    Später schlief sie ein. Ich rief Sergej auf der Arbeit an.
    »Komm her und sieh dir das an«, sagte ich.
    »Ich habe es schon gesehen«, antwortete er trocken.
    »Du weißt, dass du dafür in die Hölle kommst?« fragte ich, spürte aber sofort, dass es das falsche Argument war: An die Hölle glaubte Sergej nicht, er war ja Physiker.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    »Krepieren sollst du« – auch das war unter meinem Niveau.
    Er schwieg.
    »Sie ist ein Engel«, sagte ich.
    »Eine Frau ist mir lieber«, sagte Sergej.
    »Feigling«, sagte ich und legte auf.
    Er kam noch mal vorbei, zum Reden. Zum Glück war ich gerade da und kochte Grießbrei für Aminat. Sulfia stand überhaupt nicht mehr auf. Ich hörte, wie Sergej die Tür aufschloss, seine Schritte in den Tiefen der Wohnung. Ich beschloss, nicht zu stören: Die Eheleute sollten die Angelegenheit unter sich klären. Ich blieb in der Küche, bis Aminat mich an der Schürze ins Wohnzimmer zog: »Mama ist verrückt.«
    Es sah aus, als hätte sie recht. Sergej packte Bücher in seinen Koffer. Sulfia lag auf dem Boden und hielt ihn an den Füßen fest.
    »Aufstehen!« brüllte ich.
    »Sehen Sie?« sagte Sergej unglücklich zu mir. Sulfia war wie von Sinnen. Jetzt versuchte sie, Sergej am Ärmel festzuhalten. Er riss sich immer wieder los. Ich hielt Sulfia mit Gewalt zurück.
    »Verschwinde hier«, sagte ich zu Sergej, während ich mit Sulfia rang. »Ich erwarte dich morgen um eins vor dem Lenin-Denkmal. Wir reden dort.«
    »Da kann ich nicht«, sagte Sergej.
    »Und ob du kannst. Und jetzt raus hier.«
    Er zog seinen Bücherkoffer hastig zum Fahrstuhl. Ich ließ Sulfia, die inzwischen wie eine Stoffpuppe in meinen Armen hing, auf den Teppich sinken und knallte die Tür hinter Sergej zu. Je länger der Abschied, desto mehr Tränen, dachte ich. Überflüssig.
    Ich kam eine halbe Stunde zu spät zum Lenin-Denkmal, schließlich war ich eine Frau. Sergej war schon da und sah unabhängig aus. Er hatte

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