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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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hinein, wo mein Ziel sein sollte. Dabei sahen sie mir nicht in die Augen. Es war sehr klug von mir, rechtzeitig losgefahren zu sein.
    Irgendwann stand ich vor einem Zaun mit einer kleinen Pforte. Ich verglich den Namen unter dem Klingelknopf mit dem Namen auf meinem Zettel – Schmidtbauer. Komischer Name, aber so hießen in Deutschland wohl viele. Die Wiese vor dem Haus war ordentlich, jeder Grashalm genauso lang wie die anderen. Die Deutschen hatten ihre Wiesen im Griff.
    Weiter hinten standen eine Rutsche aus buntem Plastik und ein Sandkasten mitFörmchen und Schippen. Das war wohl ein Kindergarten. Gut, ich war zwar keine Kindergärtnerin, dafür aber Pädagogin.
    Eine Frau erschien in der Tür. Ich hoffte als Erstes, dass sie nicht meine Chefin sein würde. Das war ja inzwischen durchaus üblich, dass Vorgesetzte jünger waren als ihre Mitarbeiter. Die Frau ließ mich ins Haus. Sie hatte einen kurzen Haarschnitt und Ringe unter den Augen. Ich konnte auch den Träger ihres BH im Ausschnitt hervorblitzen sehen, das war ein wenig schlampig. Sie winkte mich in einen großen Raum, in dem eine weiße Couch und mehrere Sessel standen. Ein Raum für Besprechungen? Sie deutete auf einen Sessel, ich setzte mich.
    Dann verstand ich, dass sie mich fragte, ob ich etwas zu trinken haben wollte. »Kaffee«, sagte ich. »Mit Milch und Zucker.«
    Die Frau brachte mir einen Kaffee mit einer weißen Schaumkrone. Ich probierte: Den Zucker hatte sie vergessen.
    »Zucker«, wiederholte ich.
    »Oh, Verzeihung«, sagte sie, stand auf und brachte mir einen Metallpott und einen Löffel.
    Es war leise, die Kinder waren wahrscheinlich bereits alle abgeholt. Mir war klar, dass dies hier kein normaler Kindergarten sein konnte. Er war offenbar sehr exklusiv – das bedeutete in der Regel schlimme Kinder, das wusste ich als Pädagogin.
    Ich versuchte zu verstehen, was mir die Frau sagte. Sie machte eine Handbewegung: eine Aufforderung, ihr zu folgen. Ich erhob mich elegant. Nicht jeder besitzt die Fähigkeit, sich ansehnlich aus einem weichen Sessel zu schälen. Ich schon.
    Ich folgte dieser Frau, die mir jetzt die Räume zeigte und dazu kreisende Handbewegungen machte. Sie war ein wenig unruhig. In der Küche öffnete sie die Mikrowelle und machte wieder kreisende Bewegungen. Dann gingen wir weiter, sie zeigte mir die Toilette und sogar die Toilettenbürste. Wir stiegen eine Marmortreppe hoch, und ich war erstaunt: Der Raum, den sie mir zeigte, war eindeutig ein Schlafzimmer. Dachte sie, ich wollte hier gleich einziehen?
    Dann riss sie eine Tür auf, drückte auf den Lichtschalter und trat beiseite. Ich sah neugierig hinein.
    Es war ein sehr kleiner Raum, der hauptsächlich aus Regalen bestand. Auf den Regalen standen Flaschen und Tuben. Ich hatte sie oft in Supermärkten gesehen: Es waren Putzmittel.
    Die Frau machte eine einladende Handbewegung.
    Dann ging sie weg. Ich blieb stehen und schaute weiter auf die vielen bunten Flaschen. So eine Pracht an chemischen Hilfsmitteln hatte ich noch nie gesehen. Die Frau kam zurück, sie reichte mir ein Paar Gummihandschuhe. In der anderen Hand hielt sie orangefarbene Schlappen. Diese stellte sie vor meine Füße und ließ mich allein.
    Es lag offenbar ein Missverständnis vor. Ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Dann zog ich meine Schuhe aus und steckte die Füße in die Schlappen. Meine Netzstrümpfe behielt ich an – man wusste ja nie, wer die Schuhe vorher angehabt hatte, und das Letzte, was ich brauchte, war deutscher Fußpilz an meinen Zehen. Ich stellte meine Schuhe an einen freien Platz im Regal der Putzkammer.
    Ich zog mir die Handschuhe über und sah an mirhinunter. Ich war nicht sehr passend angezogen, konnte abe zum Glück gut arbeiten, ohne mich dreckig zu machen. Ich füllte Wasser in den Eimer, tropfte etwas Azurblaues hinein und begann, den Boden zu wischen.
    Ich wischte drei Stunden lang. Es gab viel Boden in diesem Haus. Allerdings war er ziemlich sauber. Mir wurde schnell langweilig. Also ließ ich den Boden in Ruhe und begann, an anderen Stellen nach Dreck zu suchen. Ich schaute in der Küche unter den Tisch, dort lagen Krümel. Diese beseitigte ich sofort. Ich sah auf den Herd. Der bestand aus einer einzigen glatten Fläche, die aber voller Flecken war. Ich nahm gerade einen Schwamm vom Spülbecken, als die Frau hinter meinem Rücken auftauchte und wild zu gestikulieren begann.
    »Ceranfeld empfindlich! Ceranfeld empfindlich!« sagte sie.
    Ich zuckte mit den Schultern und

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