Die Schafgäääng: Lamm über Bord! (German Edition)
und schmiss den leeren Rucksack weg. Dann blickte sie auf den schmuddeligen Schlafsack am Boden, in dem sie die ganze Nacht geschwitzt hatte. Wut stieg in ihr hoch und sie trat kräftig dagegen. Ein schwarzes, haariges Bein, ungefähr von der Länge ihres längsten Fingers, tauchte in der Öffnung des Schlafsacks auf. Dann ein weiteres Bein. Und noch sechs Beine. Eine riesige Spinne kroch ins Freie. Sie war schwarz und orange, von der Größe eines flachen Tellers. Einen Augenblick verharrte sie reglos, als würde sie in die Sonne blinzeln, dann krabbelte sie schnurstracks auf Alices Füße zu.
Ihr Schrei hätte eine ganze Busladung Bunyips vor Schreck erstarren lassen.
Die Krieger hatten das Nickerchen um mehrere Tausend Schnarchtöne ausgedehnt, bis der gellende menschliche Schrei durch das Outback schallte und sie aus dem Schlaf riss.
»Wasisdas?« Oxo war als Erster auf den Hufen. Er reckte den Kopf hoch, zu allem bereit.
Dann kniff er die Augen halb zu. Sie waren nicht allein.
Oxo starrte auf die knochigen Knie einer Kreatur, die sich schweigend vor ihnen aufgebaut hatte. Als er den Kopf in den Nacken legte, sah er einen rundlichen, mit struppigen Federn besetzten Körper, der auf den langen Beinen saß. Darüber ragte ein langer grauer Hals empor und darauf thronte ein kleiner Kopf mit hervortretenden bernsteinfarbenen Augen.
Das fremdartige Wesen machte keinen Mucks. Dann, völlig überraschend, schoss der lange Hals herunter und ein scharfer, gelber Schnabel stieß Oxo in die Brust.
»He! Pass bloß auf!« Oxo war so verdutzt, dass er einen Schritt rückwärts machte, was selten vorkam.
»AchduliebesGras …«, wimmerte Jasmine, die neben Sally kauerte. »Was ist denn das für ein Vogel?«
Sie nahm zumindest an, dass es ein Vogel sein müsste, denn was sonst hatte zwei Beine und einen Schnabel. Nicht einmal Will wusste, um was für ein Tier es sich handelte.
»Einer von der großen, hässlichen Sorte«, knurrte Oxo, der sich von dem Schreck erholt hatte.
»Hässlich? Hast du dir mal dein Spiegelbild in einer Pfütze angesehen, Kumpel?« Das fremdartige Wesen legte den Kopf schief und musterte Oxo mit einem wachen, bernsteinfarbenen Auge. »Und was genau seid ihr eigentlich? Irgendeine Art wolliger Kängurus?« Ohne eine Antwort abzuwarten, schnellte sein Hals wieder vor und er pickte abermals mit seinem gelben Schnabel in Oxos Brust. Das war lustig. So viel Spaß hatte er nicht mehr gehabt, seit er es gewagt hatte, einen Wombat herumzuschubsen.
»He! Ich habe dich gewarnt!«, stieß Oxo hervor.
Der Vogel zog seinen Hals zurück und wippte mit dem Kopf. »Reine Neugier«, sagte er. »Wir haben hier in der Gegend einige komisch aussehende Viecher, aber so was wie euch habe ich noch nicht gesehen.«
»Tja, und Neugier ist der Katze Tod«, grollte Oxo.
»Das hat einen Emu noch nie umgebracht.« Der Vogel plusterte seine Federn auf und reckte frech den Hals nach unten, als wollte er Oxo erneut piken.
Oxo starrte ihn finster an. »Komm mir noch einmal zu nahe und du bist der Erste!«
Linx reckte die lockige Brust vor. Es war an der Zeit, Oxo Schützenhilfe zu geben. »Du hörst besser auf seine Warnung. Zeig ein bisschen Respekt. Wir sind Krieger, Alter.«
Unerwartet schoss der lange graue, fedrige Hals vor und Linx’ Schulter bekam den eisenharten Schnabel zu spüren.
»Ups«, kicherte der Emu. »Verzeihung.«
»Hey …« Linx wankte ein paar Schritte rückwärts.
»Okay, Spargelbein«, donnerte Oxo, »wenn du unbedingt Ärger willst!« Er wich schnell zurück, um Anlauf zu nehmen, senkte seinen breiten Kopf und griff an.
Der Emu hüpfte zur Seite. »Das nennst du eine Attacke? Da habe ich ja tote Dingos gesehen, die sich schneller bewegen.«
»Zeig ein bisschen Respekt, hab ich gesagt, Alter!«, schrie Linx und senkte ebenfalls seinen Schädel.
Das war schon besser. Denn jetzt war der Emu zwei Angreifern ausgesetzt. Sein Kopf auf dem langen Hals zuckte noch einmal vor, dann drehte sich der Vogel um und wackelte mit dem Hintern. Und er rannte los, mit großen Sprüngen, schnell und mühelos. Die kräftigen dreizehigen Füße an den langen Beinen fegten mit Riesenschritten davon.
Oxo und Linx stürmten mit gesenkten Köpfen hinterdrein. Ihre Hufe donnerten über den staubigen Pfad.
Sally, Jasmine und Will blickten einander an.
»Manchmal wünschte ich …«, seufzte Sally. Aber es war keine Zeit, auszuführen, was genau sie sich wünschte. Wenn sie stehen blieben, würden sie Oxo und
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