Die Schanz
ein in die Enge getriebener Kater. «Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Woher soll ich das denn jetzt noch wissen?»
Toppe zog die Handschuhe aus, holte seine Zigaretten aus dem Mantel und zündete sich eine an. «Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde es doch sehr merkwürdig, dass Sie nicht mehr wissen, was Sie an Ihrem eigenen Geburtstag gemacht haben.»
«Mein Geburtstag», knurrte Dellmann, «ach so, ja.»
«Wir ham dich nämlich bei uns im Computer, Paul.» Ackermann schaffte es, beiläufig zu klingen. «Bis’ ja ’n paarma’ ganz schön verknackt worden, wa?»
Dellmann feuerte wilde Blicke ab. «Weil mich der Großkotz angeschissen hat, wegen nix!» Dann wurde er plötzlich ganz steif, in seinem Gesicht arbeitete es. «Ach, jetzt versteh ich. Ihr wollt mir was in die Schuhe schieben! Ihr wollt mir in die Schuhe schieben, ich hätte Bouma umgebracht!»
«Wohl kaum», entgegnete Toppe kalt.
Dellmanns Nasenspitze glänzte weiß. Ackermann berührte ihn an der Schulter. «Verstehste dat nich’? Du müsstes’ doch total bescheuert sein, oder? Wenn du den Bouma erschossen hättes’, dann hätteste doch wohl kaum die Bullen angerufen. Du hättes’ den in aller Ruhe durchgehäckselt, un’ dat wär et dann gewesen. Oberst Bouma spurlos verschwunden! Obwohl …» Er wandte sich an Toppe mit einer Miene, die er anscheinend für gewitzt hielt. «Obwohl, Chef, ir’ndwie wär et ja genial, oder? Genauso könnt’ der Paul sich dat gedacht haben: Wenn er uns anruft, kriegen wir keinen Verdacht gegen den.»
Dellmann riss sich die Kappe vom Kopf und wrang sie zwischen den Händen.
«Also», setzte Toppe wieder an. «Was haben Sie an Ihrem letzten Geburtstag gemacht? Sie wissen schon, zwischen 19 und 22 Uhr 30.»
Der Bauer schaute zu ihm hoch, setzte seine Kappe wieder auf und schob die Hände in die Hosentaschen. «Wir haben gegrillt, war ziemlich warm an dem Tag. Ein paar Leute waren da.»
«Wer?»
«Weiß ich nicht, ist ja immer dasselbe.»
«Na, dann müssen Sie mir ja erst recht ein paar Namen nennen können.»
Aber er bekam keine Antwort. «Na gut.» Toppe ließ die Zigarette auf den Boden fallen und trat sie aus. «Herr Ackermann, sorgen Sie bitte dafür, dass Frau Dellmann und ihr Sohn in einer Stunde im Präsidium sind. Ich will sie getrennt vernehmen.»
«Jetzt weiß ich es wieder», quetschte Dellmann hervor. «Heinz Ingenhaag war hier mit seiner Frau, van den Heuvels, Bos, Maaßens und Jörg Unkrig. Können noch ein paar mehr gewesen sein, aber die fallen mir nicht ein. Reicht Ihnen das? Hoffentlich! Mir reicht es nämlich jetzt. Es gibt tatsächlich Menschen, die arbeiten müssen, auch wenn Sie sich das vielleicht nicht vorstellen können.»
Auf dem Weg zum Auto sagte Ackermann kein Wort. Erst als sie eingestiegen waren, schaute er Toppe an. «Äh, Chef, wat war denn eigentlich am 3. September?»
Toppe schmunzelte. «Da hat man Bouma den Hänger mit Mist vor die Tür gekippt.»
«Un’ dat haben Se sich gemerkt, auch wenn Se nur ma’ ebkes kurz auf meine Anschlagsliste geguckt haben?»
«Ich wusste ja, wann Dellmann geboren ist», erwiderte Toppe.
«Trotzdem!» Ackermann ließ den Blick über die Ebene schweifen. «Auch wenn dat jetz’ bloß ’n Trick war mit Frau un’ Sohn getrennt vernehmen, aber ein’ntlich is’ et dat. Wenn wir aus denen wat rauskriegen wollen, müssen wer se uns alle einzelnt vorknöpfen un’ ganz schön gewievt sein.»
Die Fahrbahn war trocken, der Asphalt hatte durch den Frost eine fast weiße Farbe angenommen.
«Wie lange werden wir wohl brauchen bis Den Helder?», fragte Toppe.
«Bei dem Verkehr können dat locker drei Stunden werden. Wann sollen wer denn bei de Kollegen sein?»
«Gegen elf.»
«Dat schaffen wer.» Ackermann war ungewohnt wortkarg.
«Sind Sie ein Morgenmuffel?», wollte Toppe wissen.
«Ich nicht», feixte Ackermann, «aber Sie!»
Toppe stutzte. «Nicht, dass ich wüsste.»
«Dat is’ et ja, man selber merkt et nich’, aber Sie sind morgens immer ganz still, schon solang ich Sie kenn. Un’ da hab ich mir gesagt, Ackermann, halt dich geschlossen, geh dem Chef nich’ auffen Senkel. Man soll et nich’ glauben, aber ich kann au’ anders.»
Sie schwiegen eine Weile einträchtig vor sich hin.
Schließlich fragte Toppe: «Sie sprechen doch Holländisch, oder?»
«Sicher, sons’ wär ich bei de Sippschaft von mein holdes Eheweib doch aufgeschmissen.»
Toppe verzog das Gesicht. «Ich komme mir richtig blöd vor. Peter
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