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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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spannender Konversation, und im Nu stand die Wirtin neben ihm. «Das ist unser Marinespielmannszug, alles ganz junge Leute, die proben jeden Samstag bei mir, und jetzt besonders, weil wir doch im Frühjahr die neue Fähre kriegen mit Festakt und allem Drum und Dran.»
    Toppe öffnete die Saaltür einen Spalt weit und sah ungefähr dreißig Leute, vier junge Menschen an Trommeln und Becken, der Rest war mit verschiedenen Querflöten ausgestattet, die meisten davon Piccolo.
    Er hatte nie eine abenteuerlichere Fassung von «Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern» gehört. Der Leiter des Spielmannszuges war entweder taub oder Buddhist. Toppe drehte sich um. «Ich muss mit Ihnen sprechen, Frau Lentes, irgendwo, wo es ruhiger ist.»
    «Was, jetzt? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Sie sehen doch, was los ist.» Aber dann deutete sie Toppes Ausdruck richtig. «Na gut, gehen wir in die Küche.»
    Ackermann fuchtelte ihm unverständliche Signale zu und kam herüber, als er merkte, dass Toppe nicht in der Stimmung für Ratespiele war. «Ich wollt’ bloß sagen, nich’ dat Se denken, ich quatsch blöd rum, ich geh mit unsere Frage hausieren, un’ überhaupt, ich krieg schon wat raus.»
    Toppe nickte und versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln.
    Bea Lentes holte zwei Bleche Streuselkuchen aus dem Backofen und stellte sie zum Abkühlen auf den Küchenschrank, dann setzte sie sich auf einen Hocker. «Ich wollte Sie schon anrufen, aber dann ging der Rummel hier los. Wie ich gelesen hab, dass Bouma der Mann aus dem Maisfeld war und dass er erschossen worden ist, hab ich mich hingesetzt und mal ganz in Ruhe nachgedacht. Ich hab Ihnen ja schon gesagt, dass der jeden Morgen um Punkt elf hier war, immer von elf bis halb eins, nach seinem Morgenspaziergang. Und es war am 18. Oktober, ein Freitag, wo er das letzte Mal gekommen ist und erzählt hat, dass er Montag wegfahren wollte.»
    «Kam er denn auch am Wochenende?»
    «Ja, sicher, aber an dem Samstag danach war er nicht hier.»
    Toppe stellte seine nächste Frage.
    «Jemand Fremdes?» Sie schüttelte den Kopf. «Das hatte ich auch überlegt, aber da ist mir nichts eingefallen.»
    «Sie wussten von den Anschlägen auf Bouma, haben Sie gesagt.»
    «Ja, er hat mir das doch selber erzählt.»
    «Wer wusste sonst noch davon?» Er sprach langsam.
    In ihrem Gesicht arbeitete es, dann seufzte sie. «Ich sag es jetzt einfach so, wie es ist: Ich habe gedacht, alle hier wüssten davon. Bouma hat nämlich keinen Hehl daraus gemacht, dass er stinksauer war. Aber jetzt sagen mir alle möglichen Leute, ohne dass ich sie gefragt hab, sie hätten nie was von Anschlägen gehört, und mit Bouma hätten sie sowieso nicht gesprochen.»
    «Wer hat Ihnen gesagt, dass er nichts davon wüsste?»
    Bea Lentes pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn. «Es werden jeden Tag mehr.»
    «Hat Dellmann Ihnen ausdrücklich gesagt, dass er nichts weiß?»
    «Ja.»
    «Ingenhaag?»
    «Der auch.»
    «Jörg Unkrig?»
    Wieder schüttelte sie den Kopf. «Der ist nicht oft hier, der verkehrt mehr in Holland. Aber hören Sie, ich kann mich in die Geschichte nicht so reinhängen, sonst schneid ich mir ins eigene Fleisch, das müssen Sie verstehen.»
    «Nein», meinte Toppe unerbittlich. «Ein Mann, der in Ihrem Dorf lebte, ist zuerst aufs Übelste schikaniert, dann erschossen und auf eine sehr zynische und unwürdige Weise entsorgt worden. Und alles, was man diesem Menschen anscheinend vorwirft, ist, dass er sich bei den Leuten hier unbeliebt gemacht hat, weil er den Mund voll nahm und glaubte, aufs Recht pochen zu müssen. Nein, Frau Lentes, ich verstehe nicht.»
    Tränen schossen ihr in die Augen. «Aber ich kann mir doch selbst keinen Reim darauf machen.»
    «Sehen Sie, und das glaube ich Ihnen nicht.»
    «Ach verflucht!» Wütend wischte sie die Tränen weg. «Natürlich weiß ich, dass Bouma Ingenhaag, Dellmann und Unkrig x-mal angezeigt hat und dass die ganz schön gezahlt haben. Und sicher hab ich mir gedacht, wie das mit dem Mistabkippen losging, das müssen die drei sein, vielleicht auch noch ein paar andere. Aber meinen Sie denn, das würde öffentlich rumposaunt? Jeder tut so, als ob er alles wüsste, und das ist es auch schon. Die wären doch bescheuert, wenn sie es rumerzählen würden!»
    «Welche paar anderen?»
    «Was? Ach so.» Sie rieb sich die Schläfen. «Das hab ich bloß so gesagt, weil … mein Gott, unsere Bauern, die sind doch alle ein Schlag. Ehrlich, Herr Toppe, was ich Ihnen

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