Die Schanz
heißen? Die Rose hat Bouma erschossen? Nee, dat kann nich’! Jemand hat sich dat Auto geliehen … oder geklaut! Warum soll die denn Bouma erschießen? Da gibbet do’ ga’ kein’ Grund für …»
Toppe ließ die Tasche und die Papiere einfach auf dem Sitz liegen. «Ich muss ein paar Schritte gehen.»
Den Regen nahm er gar nicht wahr, auch nicht die verdutzten Blicke der anderen.
Er bog um die Ecke zum hinteren Fluttor und dann in die Hauptgasse. Er sah Cox zu seinem Wagen eilen, hörte Rufe und jemanden lachen. Rose Wetterborn hatte Bouma erschossen? In ihrem Auto? Dann das Auto abgestellt und einfach alles so gelassen? Fast fünf Wochen lang? Unmöglich! Oder doch nicht? Wie war die Frau gewesen, als er mit ihr gesprochen hatte? Konnte sie Bouma erschossen und sich danach so kühl mit Ackermann und ihm darüber unterhalten haben? Nein, kühl war das falsche Wort … Was für eine Beziehung hatten die Wetterborn und Bouma gehabt? Eine oberflächliche, hatte sie gesagt, aber das musste nicht stimmen. Kein anderer war dazu bisher befragt worden. Die Brandleiche – eine Frau. War es Rose Wetterborn? Aber wer hatte sie getötet und warum? Hatte sie mehrere Liebhaber gehabt? Dahmen, Fink, Voss? Nein, der nicht, der war viel zu verquer. War Willem Bouma ihr Geliebter gewesen? Eifersucht? Rache?
Fink und Dahmen schienen sich wieder vertragen zu haben – gemeinsam schleppten sie etwas aus der Kirche auf die Straße und luden es auf eine Schubkarre. Ein kleiner Generator, den Fink zu Molenkamps Haus karrte, während Dahmen wieder in der Kirche verschwand.
Jens Molenkamp und Uwe Dellmann waren mit Schüppen und einer weiteren Schubkarre voll mit Streusalz unterwegs und machten die Schanz eisfrei.
Klaus Voss schlurfte die Straße entlang, einen Schlafsack und eine zusammengerollte dünne Matratze unter dem Arm, am kleinen Finger baumelte eine Campinglampe. Er blieb stehen, als er Toppe entdeckte. «Notlager bei Molenkamp», sagte er. «Da sind wir alle zusammen.»
«Und haben sogar Strom! Sie scheinen auf alles vorbereitet zu sein.»
Voss nickte. «Das ist noch gar nichts. Soll ich Ihnen mal was zeigen?»
Toppe folgte ihm durch den Nebeneingang der Kirche in die Sakristei. Dort standen zwei Generatoren, mehrere Gasflaschen, Kartons voller Konservendosen, Trockenmilch, Mehl, Zucker, Säcke mit getrockneten Kartoffeln, etliche Bier- und Mineralwasserkästen.
Klaus Voss wurde rüde beiseite geschubst. «Mann, Voss, wie immer im Weg!» Uwe Dellmann bückte sich nach einer Kiste. «Was machst du eigentlich hier? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich einer eingeteilt hat.»
Voss sagte nichts. Toppe legte ihm die Hand auf die Schulter. «Herr Voss, sind Sie neun wirklich die Einzigen, die im Dorf sind?»
«Ja.»
«Könnte sich jemand versteckt halten, ohne dass Sie es merken würden?»
«Glaub ich nicht. Aber ich kann mich für Sie mal umgucken», setzte er leiser hinzu.
«Verflucht, Voss!» Diesmal war es Jens Molenkamp. «In zehn Minuten ist es stockdunkel. Schnapp dir eine Kiste Bier und dann komm endlich, du Tranfunzel! Ach, Herr Kommissar, wir würden gern wissen, warum Sie sich so für den VW interessieren. Hat die Wetterborn was angestellt? Dann sollten Sie uns das sagen, wir sind ein kleines Dorf.»
«Ich weiß es noch nicht.» Toppe wandte sich Richtung Parkplatz. Cox saß im Auto und telefonierte. Der Regen war dichter geworden, kleine Rinnsale liefen Toppe den Nacken hinunter. Er schaute zum Altrhein, auf der Pontonbrücke wurden die Scheinwerfer eingeschaltet. Am Anstieg zum Fluttor schwappte Wasser. Als er sich umdrehte, stand plötzlich Dellmann da im Schatten des Wartehäuschens.
«Ich verstehe Sie nicht», sagte Toppe. «Die Leute vom Katastrophenschutz sind doch nicht auf den Kopf gefallen. Warum setzen Sie sich hier einer solchen Gefahr aus?»
«Gefahr», schnaubte Dellmann. «Die markieren doch nur den dicken Larry, weil im Sommer der ganze Osten abgesoffen ist und die sich jetzt nichts nachsagen lassen wollen. So ist das! Gefahr, dass ich nicht lache!»
«Und wo kommt dann das Wasser her?», fragte Toppe. «Vor ein paar Stunden war hier noch alles trocken.»
Dellmann machte eine wegwerfende Handbewegung. «Wird Qualmwasser sein, völlig normal, aber da verstehen Sie nichts von.»
Ackermann kam gelaufen und winkte wie wild. «Helmut, Chef, wir ham wat gefunden, im Handschuhfach.»
Van Gemmern schob die Waffe gerade in einen Plastikbeutel. Es war eine Pistole. «Eine Colt
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