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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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lästig fand.
    Selbst jetzt, wo ihre Körper nur Zentimeter voneinander entfernt waren, spürte er genau, dass sie auf Abstand bedacht war. In Gedanken schien sie ganz woanders zu sein, denn sie hatte den Blick an irgendeinen Punkt über seiner linken Schulter geheftet.
    »Wer ist dieser Gentleman?«
    Er wandte sich um. »Adam De Winton. Aber Lord Lynsley würde sicher nicht wünschen, dass ich Sie vorstelle.«
    »Warum nicht?«
    »De Winton ist für seine Ausschweifungen berüchtigt.«
    Der Tanz wirbelte sie fort von den Balkontüren. Und doch war Osborne sich darüber im Klaren, dass Lady Sofias Blick weiterhin an De Winton hing, während sie sich durch den Saal drehten.
    Vielleicht verhält es sich so, dass sie dunkelhaarige Männer blonden vorzieht, überlegte er. Oder vielleicht ist sie auch einfach nicht ganz so sittlich und anständig, wie sie sich den Anschein zu geben wünscht.
    Ist es nicht so, dass Frauen Sündern viel öfter zu Füßen liegen als Heiligen?, fragte er sich weiter. Oft scheint es so, als würden sie den Schatten und das Halbdunkel viel interessanter finden als das süße Licht.
    Als die Musik in ein Crescendo überging, beschleunigte er das Tempo und verscheuchte seine Grübeleien. Warum zum Teufel sollte er sich den Kopf darüber zerbrechen, für welche Männer Lady Sofia sich interessierte? Es spielte nicht die geringste Rolle, ob sie ihn mochte oder nicht. Schließlich ging es ihm lediglich darum, dem Marquis einen persönlichen Gefallen zu tun. Sollte die kühle Contessa doch zur Hölle fahren, nachdem er seine Pflicht erledigt hatte!
    Kaum waren die letzten Geigenstriche verklungen, führte Osborne sie zu einer Gruppe Gentlemen, die sich um den Punschkrug versammelt hatten. Hillhouse. Whalley. York. Howe. Allesamt berühmte Angehörige des Adels und einflussreiche Männer der Gesellschaft.
    »Lady Sofia, gestatten Sie, dass ich Ihnen einige meiner Freunde vorstelle.«
    Das geschliffene Kristall klirrte, als die Gentlemen eilig die Gläser beiseitestellten. Es machte den Eindruck, als wäre der Bordeaux nicht angerührt worden, weil man lieber den Anblick der schönen Fremden genießen wollte.
    »Ich bin entzückt, Contessa!«
    »Italien hat gerade einen seiner Kunstschätze verloren.«
    »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.«
    Die Männer stolperten beinahe über ihre Füße, als sie sich vordrängen, um sich zu verbeugen. Osborne trat zurück und beobachtete mit boshaftem Amüsement, dass ihre Tanzkarte in wenigen Sekunden mit hastigem Gekritzel übersät war.
    Lord Hillhouse wurde die Ehre zuteil, sie zum nächsten Tanz zu führen, einer lebhaften ländlichen Gavotte.
    Nachdem Osborne sich vergewissert hatte, dass sie für die nächste Zeit in guten Händen war, drehte er sich weg und gönnte sich rasch ein Glas Champagner. Die Anstrengung hatte seine Kehle vollkommen ausgetrocknet. Doch obwohl er den Champagner mit einem einzigen Schluck hinunterstürzte, gelang es ihm nicht, den bitteren Geschmack loszuwerden. Er schnappte sich ein zweites Glas, nippte diesmal langsamer und beobachtete, wie Lady Sofia und Hillhouse herzlich miteinander lachten. Nein, eigentlich sollte es ihn nicht kümmern, dass die Contessa ihm die kalte Schulter gezeigt hatte; und doch umklammerte er das Glas so fest, dass die Konturen des geschliffenen Kristalls sich in seiner Hand abzeichneten.
    Osborne versuchte, seine Verwirrung zu besänftigen, indem er sich beschwor, dass es ihm mehr um das Prinzip ging als um eine persönliche Kränkung. Irgendeinen Grund würde die Lady schon haben, ihn mit ihrer kaum verhüllten Geringschätzung zu strafen.
    »Osborne!« Ein Fächer aus Reispapier schlug ihm sanft auf den Ärmel. »Endlich sind Sie frei.«
    »Lady Caroline.« Er hielt den Blick weiterhin auf die Paare gerichtet, die auf der Tanzfläche kleine Luftsprünge vollführten.
    »Scheint so, als hätte die Contessa bereits einige Eroberungen gemacht.«
    Osborne antwortete, indem er brüsk die Schultern zuckte.
    »Nun, ihr Charme scheint selbst Sie erwischt zu haben.« Lady Caroline sprach in spielerischem Tonfall, hatte die Augen aber zu einem Schlitz zusammengekniffen. »Wie jeder bei der Spazierfahrt im Park bemerken konnte.«
    »Du liebe Güte, ich tue Lord Lynsley lediglich einen kleinen Gefallen«, gab er schroff zurück. »Ich verstehe nicht recht, warum das solchen Aufruhr verursacht.«
    Lady Caroline erblasste.
    »Bitte verzeihen Sie.« Seufzend presste er sich die Fingerspitzen an die

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