Die scharlachrote Spionin
Schläfen. »Ich fühle mich nicht recht wohl ... ein Kopfschmerz.«
Besorgt blickte sie ihn an. »Ich habe den Eindruck, dass Sie auch nicht ganz wohl aussehen. Sie sollten Ihre Kräfte nicht damit vergeuden, dass Sie die ganze Nacht aufbleiben. Am besten, Sie kehren sofort nach Hause zurück und suchen das Bett auf. Ich werde Ihnen einen Diener mit einem Rezept für ein beruhigendes Getränk vorbeischicken.«
Wahrscheinlich wird sie es höchstpersönlich vorbeibringen.
Vor ein paar Monaten hatte er eine kurze Affäre mit Lady Caroline gehabt - einmal mehr nichts als ein Geschmacksirrtum. Zugegeben, sie war hübsch, aber auch sehr besitzergreifend, und all das trotz der Tatsache, dass sie verheiratet war. Dem ältlichen Baron war das Leben in der Stadt verhasst, während Caroline die Annehmlichkeiten Londons liebte. Und nachdem sie vom Land in die Stadt zurückgekehrt war, hatte sie unmissverständliche Andeutungen gemacht, dass sie wünschte, das Arrangement fortzusetzen.
»Es ist nur eine unbedeutende Angelegenheit. Außerdem habe ich dem Marquis versprochen, dass ich ihm helfen würde, die Contessa in die Gesellschaft einzuführen.«
»Sie sieht nicht danach aus, als würde sie Hilfe benötigen«, entgegnete Lady Caroline gereizt.
Frauen. Osborne zuckte innerlich. Der Schmerz in seinem Kopf fühlte sich inzwischen so an, als würde ihm jemand mit der Spitzhacke gegen den Schädel schlagen.
»Osborne!«
Als er Henry Griswolds Winken sah, entschuldigte er sich bei Lady Caroline und ergriff seine Chance. Der Mann, eine anerkannte Koryphäe in Fragen des römischen Altertums, mochte bisweilen ein wenig geschwätzig sein. Trotzdem würde Osborne sich glücklich schätzen, den gesamten Kommentaren Caesars zu den gallischen Kriegen lauschen zu dürfen, nur um sich für die Gelegenheit zur Flucht erkenntlich zu zeigen.
»Osborne, ich muss dir unbedingt alles über die Büste des Dionysos erzählen, die ich auf der letzten Versteigerung erstanden habe! Wenn überhaupt jemand unter diesen Leuten ihren künstlerischen Wert ermessen kann, dann du ...«
Der Vortrag dauerte bis zum Tanz vor dem Abendessen. Osborne fühlte sich ein wenig schuldig, weil er nur mit halbem Ohr hinhörte, aber das gelegentliche Murmeln und Nicken schien seinen Freund zufriedenzustellen.
»Faszinierend, Griz, wirklich faszinierend! Aber leider bin ich für den Walzer versprochen, der gerade beginnt.« Osborne war gezwungen, der eingehenden Schilderung der Orgien, die im zweiten Jahrhundert nach Christi stattgefunden hatten, ein Ende zu setzen. »Ich darf die Lady nicht warten lassen.«
»Äh ...« Der Gelehrte blinzelte. »Oh, selbstverständlich.«
»Ich trinke auf Fröhlichkeit und wüste Gelage.« Osborne hob das Glas und zwinkerte zurück, bevor er zur Tanzfläche ging.
Es war nicht schwer, die Contessa zu entdecken. Sie wurde von einem Haufen Bewunderer umschwärmt, die es eilig hatten, ihre Bekanntschaft zu machen. »Bitte verzeihen Sie, Gentlemen, aber ich fürchte, ich muss Ihnen die Lady für den nächsten Tanz entführen.«
Die Ankündigung rief einen Chor voller Seufzer hervor.
»Sei ein guter Junge und stell mich vor«, bat Lord Westford leise, während er zur Seite trat. »Wir wissen doch alle, dass du es nicht darauf abgesehen hast, dir Fesseln anlegen zu lassen. Aber die Schönheit der Contessa könnte mich verführen, ihr ein Angebot zu machen.«
»Ganz zu schweigen von ihrem Reichtum.« Osborne hielt eine Sekunde inne. »Es ist nur zu bekannt, dass du des Geldes wegen heiraten musst, Fitz. Aber mach dir keine Hoffnungen! Der Marquis wird die Witwe ganz sicher vor Mitgiftjägern warnen.«
Und wenn Lynsley es nicht tun würde, dann ich. Mochte die Lady auch ihre Fehler haben, sie hatte etwas Besseres verdient als einen zügellosen Säufer wie den Earl of Westford.
Osborne ergriff Sofia bei der Hand und zog sie auf die Tanzfläche. »Genießen Sie Ihren ersten Ausflug in die Londoner Gesellschaft?«
»Ja, sehr, vielen Dank.«
»Wie es aussieht, haben Sie keine Schwierigkeiten, sich einzufügen.«
»Man ist sehr freundlich gewesen.« Sofia ließ den Blick durch den Ballsaal schweifen. »Vielleicht sollte ich Ihre Gastlichkeit nicht länger in Anspruch nehmen.«
Er lächelte über die Ironie des Vorschlags. »Machen Sie sich keine Sorgen, Lady Sofia! Sie müssen meine abscheuliche Gesellschaft nur noch für etwa eine Woche ertragen.«
»D ... das habe ich gar nicht gemeint, Sir«, stammelte sie, »mein Englisch
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