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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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Thema aber fallen. Nicht für lang, hatte ich das Gefühl.
    Später umarmte er mich, bevor ich hoch auf mein Zimmer ging. »Du hattest es nicht leicht, was?«, fragte er. »Hauptsache, du weißt, dass du mir immer vertrauen kannst. Ich werde dir nicht wehtun.«
    Meine Gewissensbisse, dass ich Geheimnisse vor ihm hatte, würden mich noch umbringen.
    In meinem Zimmer holte ich mein Handy aus der Tasche und sah, dass mir Asher mehrere SMSe geschrieben hatte. Eigentlich hatten wir uns an diesem Abend treffen wollen. Doch ich simste zurück, ich sei zu müde und wolle früh ins Bett. Dann schlüpfte ich aus meinen Klamotten und kuschelte mich unter meine Decke.
    Ich hatte Asher angelogen.
    Die schmutzige Wahrheit war, dass ich ihm mit dem Bild von Yvettes verstümmeltem Leichnam, das sich in mein Gedächtnis eingebrannt hatte, nicht gegenübertreten konnte. Er hätte meine Gedanken gelesen und gewusst, dass ich darüber entsetzt war, dass er ein Beschützer war.



Am nächsten Morgen erklärte ich meinem Großvater, dass ich nicht nach Pacifica fahren wolle. Die Eindrücke des Vorabends belasteten mich zu sehr, und ich wusste nicht, wie ich mit den Blicken und Anspielungen der anderen hätte umgehen sollen. Inzwischen wussten bestimmt alle, inwiefern ich mich von ihnen unterschied. Ein Freak unter meinesgleichen!
    Mein Großvater bot an, daheimzubleiben und mir Gesellschaft zu leisten, doch das Telefon hatte den ganzen Vormittag über ununterbrochen geklingelt. Die Leute wollten sich vergewissern, dass sie in Sicherheit waren, dass Yvette die Einzige gewesen war, die man ausfindig gemacht hatte. Sie wollten hören, was unternommen wurde, um ihren Mörder zu finden. Ich ermunterte ihn, er solle ruhig fahren, und die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen, sodass ich wusste, ich hatte das Richtige gesagt.
    Ich verbrachte den Vormittag damit, meine Familie anzurufen. Lucy nahm gleich beim ersten Läuten ab. Sobald ich ihre Stimme hörte, hätte ich am liebsten losgeheult.
    »Hi, Luce, ich bin’s!«
    »Remy! Na, wie läuft’s mit deinem Gramps?«
    Ganz schlecht. Furchtbar. Jemand ist ermordet worden.
    Ich zwang mich zu einem lockeren Tonfall. »Ich muss ihm seine Socken stopfen, aber ansonsten läuft’s ganz gut.«
    »Hm, da stimmt doch was nicht. Raus mit der Sprache!«
    Ich hätte wissen sollen, dass ich ihr nichts vormachen konnte. Irgendwie bekam meine Schwester immer heraus, wenn ich sie anschwindelte. Ich hörte, wie bei ihr eine Tür zugeknallt wurde, und ich schloss die Augen und stellte sie mir in ihrem pink- und lilafarbenen Zimmer vor. Mein Dad und meine Stiefmutter würden unten sein. Laura liebte die Küche, einen Ort, an den meine Mutter nur dann gern geflohen war, wenn Dean in der Nähe war. Vielleicht kochte Laura etwas, und der wunderbare Essensduft zog durchs ganze Haus. Vielleicht arbeitete Dad am Esszimmertisch – das tat er, um sich in unserer Nähe aufhalten zu können anstatt in seinem Büro eingesperrt zu sein. Mein Magen krampfte sich zusammen.
    Ich gab mich jedoch gelassen. »Nö, bis auf ein bisschen Heimweh ist alles im grünen Bereich. Ich vermisse dich!«
    »Dann komm heim!«, flüsterte sie.
    »Bald, versprochen.« Ich wechselte das Thema, bevor sie mich herumkriegte und die Wahrheit aus mir herauskitzelte. »Wie läuft’s bei euch? Wie geht’s Tim?«
    Meine Frage nach ihrem Freund war ein Volltreffer. Die nächsten zwanzig Minuten ließ sie sich lang und breit über einen Streit aus, den sie am Vortag gehabt hatten. Ich lauschte glücklich und wünschte, ich könnte dazu ihr Gesicht sehen. Danach kamen meine Eltern an den Apparat. Ich beschrieb alle Sehenswürdigkeiten, die ich mir mit Franc angeschaut hatte, als wir einen auf Touristen gemacht hatten. Es kam mir vor, als sei es Ewigkeiten her. Schließlich verabschiedeten wir uns voneinander, und ich drückte die rote Taste.
    Nach unserem Telefonat fühlte ich mich leerer als zuvor.Ich wanderte von einem Raum in den anderen. Das Haus bestand aus drei kleinen Schlafzimmern, zwei Bädern, einem Wohnzimmer, einem kleinen Esszimmer, der Küche und einer angrenzenden Garage mit einer Waschküche. Ich betrachtete die Fotos in jedem Zimmer des Erdgeschosses und mir fiel auf, dass auf keinem davon meine Mutter zu sehen war. Nicht einmal als Kind. Waren sie in dem Feuer, das meine Großmutter verschlungen hatte, zerstört worden? Vielleicht hob er sie aber auch in einer seiner Schubladen in seinem Zimmer auf.
    Ich ging die Treppe nach oben.

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