Die Schatten der Vergangenheit
hoffte, dieser miese Typ hier könnte das auch. Ich wünschte ihm nichts mehr als den Tod.
Abrupt verließ er den Raum und ließ mich ein weiteres Mal allein in der Finsternis zurück. Wenn er mir damit Angst einjagen wollte, dann hatte er Erfolg. Ohne meinen Sehsinn spielte mir meine Fantasie verrückte Streiche. Meine Jeans war steif geworden, Ashers Blut war getrocknet, und ich fragte mich, wie lange sie ihn im Todeskampf auf dem Boden hatten leiden lassen, während ich direkt neben ihm gelegenhatte, ohne ihm helfen zu können. Wofür waren diese Fähigkeiten gut, wenn Leute meinetwegen sterben mussten? Meine Mutter. Asher. Mich überfiel eine grenzenlose Trauer.
Asher.
Ich bin mir nicht sicher, worum ich bettelte, außer, dass alles, was geschehen war, eine Lüge sei. Ich sehnte mich danach, dass Asher hereinkam und mir sagte, es sei alles nur ein Test gewesen. Einer, den ich nicht bestanden hatte, okay, aber dennoch ein Test, der mir zeigen sollte, wie unvorbereitet ich auf einen überraschenden Angriff der Beschützer war. Das hier konnte nicht wirklich wahr sein.
Mir war immer klar gewesen, dass die Beschützer versuchen würden, mir meine Energie zu entziehen, um sich in irgendeinen Rauschzustand zu versetzen. Um sich endlich wieder menschlich zu fühlen. Aber ich hatte nicht gewusst, wie das ablaufen würde. Asher hatte mich einmal bedroht, hatte mir meine Grenzen aufgezeigt, damit ich ihm aus dem Weg ging. Ich erinnerte mich mit Schaudern an die höllischen Schmerzen. Meine Kraft hatte in dem Maß abgenommen, wie seine zu wachsen schien. Und das war nur ein kleiner Vorgeschmack dessen gewesen, wozu er fähig war.
Danach hatte ich gelernt, dass ich ihn abblocken konnte, obwohl er nie wieder etwas Derartiges mit mir gemacht hatte. Diese Fähigkeit kam von meiner Nichtheiler-Seite. Alle Beschützer besaßen sie. Asher hatte mir erklärt, dass die Beschützer ihre Kinder einst trainiert hatten, ihre mentalen Schutzwälle einzusetzen, um sich von den Heilerinnen abzuschirmen, damit sich ihrer beider Energien während einer Heilung nicht vermischten. Das war allerdings zu einer Zeit, als sie alle noch Verbündete waren. Ich war die erste Heilerin, der Asher begegnet war, die über ähnliche Abwehrmöglichkeiten verfügte wie er, und der Grund dafür hat sich uns ersterschlossen, als wir erfahren hatten, dass auch in mir Beschützerblut floss.
Jetzt wussten diese Männer, dass ich sie abblocken konnte. Was würden sie nun mit mir machen? Würden sie eins und eins zusammenzählen und begreifen, was ich war? Eine Minute nach der anderen verstrich. Mittlerweile wurde es schwieriger, mir einzureden, Asher hätte das Ganze inszeniert, um mich auf die Probe zu stellen. Er würde mir nie derart wehtun, nicht einmal, um mir eine Lektion zu erteilen. Das letzte Fünkchen meiner jämmerlichen Hoffnung zerstob, als die Tür aufging und meine beiden Geiselnehmer zurückkehrten.
Fast wäre ich wieder zusammengebrochen. Asher war wirklich weg. Er würde nicht kommen, um mich zu retten. Sie hatten ihn umgebracht.
Die Beschützer kamen mit kaum verhohlener Gier auf mich zu, und sofort tauchte das Bild von Yvette, wie sie qualvoll zu Tode gekommen war, vor mir auf.
Dann hörte ich im Geiste, wie Gabriel und Asher mich ermahnten, Geduld zu haben. Diese Kerle wussten nicht, dass ich meine Verletzungen auf sie übertragen konnte. Ich brauchte nur zu warten, dann würden sie ihre Strafe bekommen, und ich würde mich dafür rächen, was sie Asher angetan hatten.
An diesen Gedanken klammerte ich mich, als die Folter begann.
Die Zeit meiner Gefangenschaft kam mir wie eine Ewigkeit vor. Doch meinen Schätzungen nach waren inzwischen zwei, vielleicht auch drei Tage vergangen.
Dieser blonde Typ ohrfeigte mich zum x - ten Mal, damit ich wieder aufwachte. Sobald ich die Augen öffnete, drückte er mir ein Messer an den bloßen Arm. Irgendwann hatten sie mir mein Shirt ausgezogen, sodass ich nur noch mein Tanktop und Jeans trug. Je mehr Haut sie zu fassen bekamen, umso besser. Der Schwarzhaarige – er hieß Xavier – musste gegangen sein, während ich bewusstlos war. Ich hatte noch gehört, wie er mit jemandem telefoniert hatte, aber er beging natürlich nie den Fehler, dabei Namen zu nennen.
Dieser Mark beugte sich zu mir herunter, bis ich mein Spiegelbild in seinen Augen sehen konnte. »Du musst jetzt wirklich aufpassen, Schätzchen«, säuselte der Widerling. »Du bist groggy, ich weiß, aber wir haben für diese
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