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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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...«
    »Zehn Scheine für so ‘nen Blödsinn!« ereiferte sich Ronny O’Neill, dem man seine Erleichterung dennoch deutlich ansah. »Marty muß nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.«
    »Er hat nicht bezahlt«, widersprach der Professor, »er ist nicht einmal stehengeblieben.«
    »Und wie ist er dann reingekommen?«
    Jeff zuckte mit den Schultern. Vorsichtig fuhr er mit den Fingern über den schmalen, kaum sichtbaren Spalt zwischen Tür und Wagen, als könne er auf diese Weise etwas über den Öffnungsmechanismus herausfinden.
    »Irgendwas stimmt nicht«, murmelte er dann, wobei unklar blieb, ob er die Tür meinte oder das Verhalten ihres Freundes. »Es muß eine andere Erklärung geben ...«
    »Warum warten wir nicht einfach, bis Marty wieder rauskommt?« schlug Ronny vor. »Dann wird er uns schon erzählen, was los war.«
    »Klasse Idee«, bemerkte der Professor trocken, » wenn er wieder rauskommt ...«
    »Nun mach aber mal halblang!« beschwerte sich Pete, der die Diskussion mit zunehmendem Unbehagen verfolgt hatte. »Bis jetzt wissen wir doch nur, daß Martin vorausgelaufen ist, weil ihn irgendwas an dieser komischen Bude interessiert hat. Ist doch seine Sache, wenn er sein Geld unbedingt zum Fenster rauswerfen will.«
    »Das ist keine gewöhnliche Jahrmarktsbude«, beharrte der Professor, ohne auf Petes Einwand einzugehen. »Zuerst die Musik – seht ihr hier irgendwo Lautsprecher?«
    »Ich hab’ keine Musik gehört«, widersprach Pete. Allmählich ging ihm die Rechthaberei des Professors auf die Nerven.
    »Ich auch nicht«, pflichtete ihm Ronny bei. »Vielleicht hast du dir das wirklich nur eingebildet, Jeff.«
    »Okay, okay, dann hab‘ ich mir wohl auch nur eingebildet, wie komisch sich Marty auf einmal benommen hat? Ich sag euch was: Der ist auf dieses Ding zugelaufen wie ein Mondsüchtiger!«
    Die Art, wie der Professor »dieses Ding« ausgesprochen hatte, gefiel Pete ebensowenig wie Ronnys zustimmendes Nicken.
    »Jetzt ist er jedenfalls drin!« erwiderte er und versuchte, seiner Stimme einen sarkastischen Unterton zu verleihen. »Und was willst du dagegen machen? Die Polizei holen oder die Nationalgarde? Entschuldigen Sie, aber ein Freund von uns wurde gerade von einer Wahrsagerin gekidnappt ...« Trotzig stemmte er seine Hände in die Hüften und starrte den Größeren herausfordernd an.
    »Reg dich ab, Pete«, versuchte Ronny zu schlichten. »Wir können sowieso nur abwarten, bis Marty wieder rauskommt. Er kann ja nicht ewig drinbleiben.«
    »Okay«, murmelte Pete besänftigt.
    »Das stimmt«, gab der Professor zu. »Obwohl ...« Den Rest des Satzes behielt er klugerweise für sich.
    Als sich die Tür schließlich öffnete, stellte sich heraus, daß jeder der drei Jungen auf seine Weise recht behalten hatte: Martin kam wieder heraus; es gab keinen Anlaß, die Polizei zu rufen, und der bunt bemalte Wagen war ganz gewiß keine gewöhnliche Jahrmarktsbude ...
     
    Als sich das dunkle Tür-Maul endlich öffnete und seine Beute ausspie, vermochte Martin keine der drängenden Fragen seiner Freunde zu beantworten.
    Die Musik hatte ihn in einen Zustand versetzt, in dem die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwammen. Dabei hatte es nur weniger Töne bedurft, der zarten Andeutung eines Themas, um diese Reaktion auszulösen. Obwohl seine Freunde Stein und Bein schworen, daß sie wenig oder überhaupt nichts gehört hatten, war er sicher, daß die Musik mit jedem Schritt lauter geworden war, bis er den bunt bemalten Wagen erreicht hatte. Erst nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, waren die Töne plötzlich verstummt. Im gleichen Augenblick verschwand auch die Vision der gläsernen Stadt, die ihn die ganze Zeit über begleitet hatte.
    Verwirrt wie jemand, der eben aus einem Traum erwacht ist, versuchte sich Martin über seine Lage klarzuwerden. Dennoch dauerte es einige Sekunden bis sich seine Augen so weit an das Halbdunkel gewöhnt hatten, daß er sich orientieren konnte. Er befand sich in einem langen, schmalen Raum, der auf der rechten Seite von einigen Kerzen notdürftig erhellt wurde.
    »Hallo, Martin«, sagte eine weibliche Stimme. »Nimm Platz. Ich habe schon auf dich gewartet.«
    Erschrocken starrte der Junge in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und erkannte schließlich die Umrisse einer sitzenden Gestalt. Die Frau – der Stimme nach mußte es eine Frau sein – saß mit gesenktem Kopf vor einem kleinen Tisch und schien in tiefes Nachdenken versunken. Ihr

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