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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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starrte verlegen zu Boden. Er empfand die gleiche Nervosität wie vor einer wichtigen Prüfung, nur daß er keinerlei Vorstellung hatte, worum es dabei gehen würde.
    »Entschuldigen Sie meine Neugier.« Der Professor lächelte ihm aufmunternd zu. »Aber ich hatte den Eindruck, daß Sie sich intensiver mit der Materie beschäftigt haben als die meisten Ihrer Kommilitonen. Deshalb interessiert mich natürlich, was Sie nach Wien und an diese Fakultät geführt hat.«
    »Ich hatte von Ihren Forschungen gelesen«, erwiderte Julius zögernd, »und wollte wissen, was es damit auf sich hat. Außerdem waren Sie nach Ray Kurzweils Tod der einzige, dem man einen Erfolg zutraute.«
    »Sehr schmeichelhaft«, bemerkte der Ältere mit leisem Spott. »Aber warum war das für Sie so wichtig? Die meisten Ihrer Altersgenossen interessieren sich für andere Dinge.«
    Julius nickte und suchte nach Worten: »Das ist nicht so leicht zu erklären. Vielleicht hängt es damit zusammen, daß ich mich schon immer dafür interessiert habe, wie bestimmte Dinge in der Natur funktionieren. Später habe ich versucht, ein paar dieser Funktionen nachzubilden, bis mir irgendwann klargeworden ist, daß ich mit Technik allein nicht weiterkomme. Seitdem versuche ich herauszufinden, ob so etwas wie ein künstliches Bewußtsein tatsächlich möglich ist ...«
    »Und wenn ja?«
    »Dann könnte man theoretisch Wesen erschaffen, die im Prinzip genauso sind wie wir – nur robuster, selbstbewußter, langlebiger und ... glücklicher.«
    Jetzt, da es heraus war, spürte Julius, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Verlegen wie ein Schüler, der nicht weiß, ob er gerade eine besonders gute oder eine völlig abwegige Antwort gegeben hat, starrte er zu Boden und wartete auf eine Reaktion.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich der kleine Mann zu einer Antwort entschloß.
    »Sie haben große Pläne, Julius ... Ich darf Sie doch Julius nennen?«
    Der Jüngere nickte und wartete auf das Aber.
    Der Professor schien seine Verunsicherung zu spüren, und so lächelte er Julius aufmunternd zu, bevor er fortfuhr: »Allerdings sollten Sie sich darüber klar sein, daß ›Glück‹ ein subjektiver Begriff ist. Ich würde mir jedenfalls kein Urteil darüber anmaßen, ob unser Kevin nun glücklich ist oder nicht.« Seine Stimme klang ernst, als er fortfuhr: »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es wissen möchte.«
    Später sollte Julius sich an diese Worte erinnern, doch im Augenblick war er nichts als verwirrt.
    »Ich verstehe nicht ganz ...«
    »Das müssen Sie auch nicht, Julius«, erwiderte der kleine Mann mit einem nachsichtigen Lächeln. »Kommen Sie, unser Freund dürfte mittlerweile ausgeschlafen haben. Vielleicht absolviert er sogar schon seinen Morgenspaziergang ...«
    »Morgenspaziergang?«
    »Sie vergessen, daß die Entität Kevin Schwarz in ihrem Selbstverständnis ein völlig normaler Mensch ist. Kevin ißt, trinkt, schläft und schaut hübschen Schwestern nach. Er befindet sich nämlich in einem Sanatorium.«
    »In einem Sanatorium? Warum?«
    »In erster Linie, um die Komplexität der Simulation beherrschen zu können. Es gibt nur ein einziges Gebäude, ein reichliches Dutzend Menschen und einen kleinen Park, in dem die Patienten spazierengehen können.«
    »Und wie hat man ihm das plausibel gemacht?«
    »Kevin erholt sich von den Folgen eines Autounfalls. Körperlich ist er vollkommen wiederhergestellt, leidet aber noch unter den Auswirkungen des traumatischen Schocks. Das erklärt auch die eine oder andere Erinnerungslücke.«
    Julius schwieg. Er mußte sich eingestehen, daß er die Problematik der Umwelt unterschätzt hatte. Sie mußte auf jede Handlung der KI innerhalb von Sekundenbruchteilen reagieren und zwar so, daß das Ergebnis plausibel erschien. War es tatsächlich möglich, eine virtuelle Umgebung zu erschaffen, die sich in nichts von der gewohnten Realität unterschied? Er zweifelte daran.
    Sie trafen Kevin Schwarz am Ufer eines Teiches, auf dem gelbe Seerosen schwammen. Der Professor hatte den Avatar des diensthabenden Stationsarztes – Dr. Prohaska! – übernommen; Julius selbst war nur über einen audiovisuellen Kanal zugeschaltet.
    Als erfahrener Computernutzer hatte er schon gewisse Erfahrungen mit VR-Simulationen gesammelt. Einige davon waren auf den ersten Blick durchaus überzeugend gewesen, aber keine hatte ihm jemals den Eindruck vermittelt, sich tatsächlich an einem anderen Ort zu befinden – bis heute.
    Die Landschaft, in die

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