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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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sich ausgehen«, widersprach er schließlich halbherzig. »Ich weiß nicht, wie Sie davon erfahren haben, aber das hätte niemals geschehen dürfen.«
    Kevin Schwarz lächelte freudlos: »Sie haben es immer noch nicht begriffen. Der Kontakt hat nur bestätigt, was ich im Grunde längst wußte. Die Geschichte mit dem Autounfall war gut, aber sie konnte nicht erklären, warum ich zwar Erinnerungen besaß, aber nicht das Geringste dabei empfand. Ich kannte das Gesicht und den Körper der Frau, mit der ich angeblich zusammengelebt habe, aber als Person war sie mir völlig fremd. Irgend etwas hätte doch da sein müssen – wenigstens die Spur eines Gefühls. Also habe ich meine Erinnerungen überprüft und festgestellt, daß mir keine davon etwas bedeutete. Es waren nur Bilder und Geräusche – wie das hier.« Seine Geste umfaßte Park und Sanatoriumsgebäude. »Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke an eine Simulation.«
    Julius schwieg. Er zweifelte nicht daran, daß Kevin Schwarz die Wahrheit sagte, war aber noch nicht bereit, die Konsequenzen zu akzeptieren. Eine Simulation, die herausfand, daß sie Teil einer Simulation war? Das war einfach zu abenteuerlich!
    »Sie glauben mir nicht?« Die Stimme des dunkelhaarigen Mannes verriet weder Ärger noch Ungeduld. »Dabei sind wir uns doch gar nicht so unähnlich in unserem Bestreben, die Wahrheit herauszufinden. Was zwangsläufig dazu führt, daß wir früher oder später Dinge erfahren, die wir nicht ertragen können. Darüber sollten Sie sich im klaren sein.«
    Julius fragte sich, was ihm die KI damit sagen wollte. War es tatsächlich eine Warnung oder nur der Versuch, ihm die versprochenen Informationen doch noch vorzuenthalten?
    »Vielleicht haben Sie recht«, erwiderte er ausweichend. »Nur würde das nichts ändern. Sie wissen ja, weshalb ich hier bin.«
    »O ja.« Kevin Schwarz verzog seine Lippen zur Andeutung eines Lächelns. »Aber bevor wir auf den gestrigen Tag zu sprechen kommen, sollten Sie einiges über die Hintergründe erfahren. Sie wissen, was ein Orakel ist?«
    »Ja, und?«
    » Ich bin das Orakel«, erklärte der Mann im blauen Trainingsanzug, ohne eine Miene zu verziehen. »Jedenfalls war das die Aufgabe, für die ich vorgesehen war.«
    »Von wem?«
    »Von den Firmen, die das Projekt finanziert haben. Oder glauben Sie immer noch, daß Ihr Professor ausschließlich der Wissenschaft verpflichtet war?«
    Natürlich wußte Julius, daß das Institut auf Sponsorengelder angewiesen war. Andererseits hatte er sich nie dafür interessiert, wer diese Leute waren und wie weit ihr Einfluß ging. Dennoch ahnte er, worauf die KI anspielte.
    »Ich nehme an, Sie sollten etwas für sie herausfinden. Aber auf welcher Grundlage?«
    »Man hat natürlich dafür gesorgt, daß mir das entsprechende Datenmaterial zur Verfügung steht, das meiste davon aus Bereichen, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander zu tun haben: Wirtschaftsinformatik, Geologie, Meteorologie, Biologie, Genetik, Kosmologie, Konfliktforschung, Spieltheorie und Szenariotechnik. Merkwürdig war nur, daß ich mich, sobald ich über ein bestimmtes Problem nachdachte, plötzlich an Dinge erinnerte, mit denen ich mich nie zuvor befaßt hatte. Später, als sich die ersten Muster abzuzeichnen begannen, ist mir klar geworden, weshalb man ausgerechnet mich mit all diesen Daten gefüttert hat und nicht einen x-beliebigen Firmencomputer. Es lag wohl an meiner Fähigkeit, wie ein Mensch zu denken.«
    »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, worum es dabei eigentlich ging.«
    »Um Risiken natürlich. Unternehmer mögen keine Risiken, erst recht keine unkalkulierbaren. Ganze Branchen leben davon: Versicherungsinstitute, Rückversicherungen und Rück-Rückversicherungen. Deshalb versichert man sich der Dienste von Risk-Managern, Statistikern und Futurologen – mit bislang allerdings eher mäßigem Erfolg.«
    »Was sich mit Ihrer Hilfe ändern sollte.«
    »Exakt. Angeblich arbeitete ich bis zu meinem Unfall als freier Mitarbeiter für Berkshire-Kravitz International – ein weltweit agierendes Rückversicherungsunternehmen. Mein Auftrag war die Erstellung einer mittelfristigen Schadensprognose im Zeitraum bis 2080.«
    »Und sind Sie zu Ergebnissen gekommen?«
    Obwohl Julius die Frage eher aus einem Reflex heraus gestellt hatte, spürte er, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte. Zum zweiten Mal an diesem Tag hatte er das irritierende Gefühl, etwas ungeheuer Wichtigem auf der Spur zu sein.
    »Allerdings.« Sein

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