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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Entfernung nur undeutlich zu erkennen war.
    Einen Augenblick lang fürchtete Kapitän Martin Lundgren, unter der Last seines Raumanzugs zusammenzubrechen, doch er überwand seine Schwäche und machte sich auf den Weg. Mit schwerem Schritt stapfte er durch den Sand, bis er begriff und anfing zu laufen.
    Vic ... Nein!
    Doch es war Victor Gomez, sein Partner, und er war tot. Martin wußte es, noch bevor er den reglosen Körper umgedreht hatte. Später wünschte er sich, er hätte es nicht getan. Das weiße Gesicht, das ihm durch die Helmscheibe entgegenstarrte, hatte nichts Menschliches mehr an sich. Es war die Negation eines Gesichts – eine Maske aus Haut, Fleisch und Knochen, hinter deren gefrorenem Lächeln sich die Dunkelheit verbarg.
    Der Raumanzug des Toten schien unversehrt, und sein Körper trug keinerlei sichtbare Verletzungen; dennoch wußte Martin, daß Wiederbelebungsversuche sinnlos waren. Wo auch immer Vic jetzt sein mochte, das da war nicht mehr als eine leere Hülle.
    Victor Alfredo Gomez hatte Francettis Angebot a n geno m men ...
     

Clarith
     
    Es war bereits die vierte Bohrung an diesem Tag. Vor einer Viertelstunde hatten sie den Ausleger abgesenkt, das Bohrgestänge justiert und den Vortrieb gestartet. Der Rest lief automatisch. Die Bohrtiefe wurde vom Programm vorgegeben, ebenso die Menge des zur Analyse vorgesehenen Materials. Tim Claasen warf einen gelangweilten Blick auf den Monitor, der die Parameter und den Verlauf der Bohrung anzeigte, und lehnte sich wieder zurück. Was spielte es schon für eine Rolle, ob sie zehn oder zwölf Meter tief bohrten? Am Ende würde ohnehin nichts dabei herauskommen ...
    Die Euphorie der ersten Wochen war längst der Ernüchterung gewichen, und da spektakuläre Ergebnisse ausblieben, auch einer Spur Resignation. Seit ihrer Landung vor drei Monaten bestimmte das Programm den Tagesablauf, die Route der Erkundungsfahrten und sogar die Zusammenstellung ihrer Mahlzeiten. Im Grunde war es Sam, wie Claasen das Computersystem spöttisch nannte, der die Mission leitete; die Mitglieder des Landungsteams leisteten dabei überwiegend Handlangerdienste.
    Natürlich wußte Claasen, daß sein Groll gegen den Computer ebenso irrational war wie sein Unmut über die Aufgabenverteilung, aber das änderte wenig. Vielleicht gab es ihn ja tatsächlich, den Marskoller, vor dem die Psychologen gewarnt hatten, obwohl Claasen bislang noch keines der angeblich typischen Indizien bei sich festgestellt hatte. Nein, er hörte nachts keine Geräusche, die wie Schritte im gefrorenen Sand klangen, und er sah auch keine schattenhaften Gestalten um das Habitat schleichen ...
    »He, Tim, hast du das eben auch gehört?« riß ihn Riberos Stimme unvermittelt aus seinen Betrachtungen.
    Claasen lauschte, aber das Geräusch des Aggregats klang wie immer.
    »Nein, was denn?«
    »Der Bohrer«, erwiderte der Spanier und deutete in Richtung Heck. »Es klang, als wäre er auf irgendwas Hartes gestoßen.«
    »Das wäre das erste Mal«, brummte Claasen abweisend, warf aber trotzdem einen kurzen Blick auf den Monitor. Der Vortrieb verlief planmäßig. Noch zwei Minuten und die Probenentnahme war beendet. Dann würde die Mechanik das Material automatisch zerkleinern und auf ein halbes Dutzend Probenkapseln verteilen, deren Inhalt sie dann analysieren durften – vermutlich mit dem üblichen Resultat: Nichts. Keine C12-Isotope, keine Spuren von Wassereis, erst recht kein Hinweis auf Methan. The same procedure as ev e ry day. Der Mars war tot wie ein Wüstenfriedhof, nur entschieden größer.
    »Vielleicht habe ich mich auch getäuscht«, gab Ribero zu und grinste entschuldigend. »Aber ein bißchen Abwechslung wäre trotzdem nicht schlecht.«
    »Das kannst du laut sagen«, murmelte Claasen, beließ es aber dabei. Es brachte nichts, wenn er Ribero mit seiner miserablen Laune ansteckte. Außerdem würde er das auch nicht schaffen. Der stets gut aufgelegte Pilot war ein Glücksfall für das Team. Dr. Hermann, der Kommandant, war ebenso wortkarg wie er selbst, und so blieb es meist dem Spanier überlassen, für Unterhaltung und Ausgleich zu sorgen.
    Ribero kannte Gott und die Welt und versorgte sie großzügig mit Informationen und allerlei Klatsch auch aus dem NASA-Camp, das nur zwei Fahrtstunden von ihrem eigenen Stützpunkt entfernt war. Der Spanier war es auch gewesen, der den Besuch bei den Amerikanern organisiert hatte. Natürlich hatten sie in erster Linie Kapitän Lundgren kennenlernen wollen, der seit

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