Die Schatten schlafen nur
Faschopuff.« Sie nahm die Flasche Aftershave in die Hand, schob die Brille hoch und studierte das Etikett. »Für diesen Kapitalistendreck gibst du Knete aus.«
»Genau!« Er drehte das Kinn hin und her und betrachtete sich im Spiegel. »Hast du die Bullenfotze gesehen? Ultrascharf! Mit der würde ich gern mal ’n Fight machen.«
»Scheiße!« Sie ließ die Flasche ins Becken fallen, aber sie zerbrach nicht. »Dir juckt mal wieder der Schwanz.«
»Kannst ja mitkommen.« Er zog sich ein frisches Hemd an.
Sie packte ihn beim Hosenbund. »Du flennst schon wieder heimlich, stimmt’s?«
»Die Obersau hält sich für Schweinchen Schlau, das tickt man doch sofort.«
»Und?« Sie ließ ihn los. »Das muss man verkraften. So hart muss man sein.« Ganz nah kam sie an sein Gesicht. »Es werden Typen dabei kaputtgehen.«
»Scheiße!«, brüllte er. »Verfickte Scheiße! Fotzenromantik. Hör endlich auf, mit diesen Sätzen um dich zu schmeißen. Er ist tot!«
»Nicht so tot wie du.«
27
Cox wollte erst abends nach Berlin fliegen, aber als er am Montag früh zum Dienst erschien, war er schon so aufgedreht, dass er innerhalb von zehn Minuten alle anderen verrückt gemacht hatte.
Als Erstes erläuterte er ihnen detailliert die perfekte Art des Kofferpackens. Er nannte sie ›Zweikammersystem‹ und spielte mit dem Gedanken, sie patentieren zu lassen.
Dann ratterte er minutenlang die Informationen über Koszalin, Prenzlau und die Uckermark herunter, die er übers Wochenende aus dem Internet gezogen hatte. Als er ihnen danach noch eine ausgedehnte Einführung in das Versenden von E-Mails geben wollte – es wäre die siebte gewesen –, platzte Toppe der Kragen. »Du musst doch bestimmt noch was besorgen, Zigaretten, Toblerone vielleicht.«
»Nein, natürlich nicht«, meinte Cox erstaunt. »Das habe ich längst erledigt. Heute wäre es ja wohl ein bisschen spät dafür. Ich muss eigentlich nur noch meinen Koffer nehmen und ins Auto steigen.«
»Dann tu das doch«, sagte van Appeldorn. »Mach dir ein paar schöne Stunden in Düsseldorf. Geh mit Gott, aber geh endlich!«
»Jetzt schon?«
»Ja, jetzt schon«, bestätigte Toppe. »Du hast heute dienstfrei. Für deine Reisevorbereitungen steht dir ein Tag zu.«
Cox war sichtlich erleichtert. »Dann kann ich ja vielleicht doch noch mal in die Buchhandlung wegen des Hotelführers. Die haben mir da einen aufgeschwatzt, ich glaube, der ist nicht so ganz das Richtige für mich.«
Endlich war er weg und sie konnten die Arbeit verteilen.
Von Ackermann hatten sie seit Freitag nichts gehört, aber der hatte sich ja auch mal wieder eine Aufgabe gestellt, die eigentlich nicht zu lösen war.
Für sie blieb genug zu tun. Van Appeldorn würde zum Nachlassgericht fahren und Helene Opitz’ Unterlagen einsehen. Und wenn er sowieso schon in der Schwanenburg war, konnte er auch gleich noch zum Grundbuchamt gehen und sich ein Bild über von Bahlows Grundstückskäufe machen.
Jemand musste sich Helene Opitz’ Totenschein anschauen und möglicherweise mit dem Arzt sprechen, der ihren Tod festgestellt hatte.
Aber zuerst wollte Toppe noch einmal zu den Jelineks. Sie hatten Opitz, zumindest ein paar Jahre lang, nahe gestanden und vielleicht hatte er ja Andeutungen gemacht, warum er von Bahlow derartig verachtet hatte.
Jupp Ackermann war kurz davor, seine gute Laune zu verlieren, und das passierte höchst selten. Aber wenn er eines nicht leiden konnte, dann war das Hochnäsigkeit und noch schlimmer: Hochnäsigkeit gepaart mit dem Wort ›unmöglich‹.
Bis jetzt war er nur abgewiesen, hingehalten und durchgereicht worden.
Im Gocher Krankenhaus hatte er am Freitag begonnen. Voller Tatendrang war er zur Verwaltung gestiefelt, hatte beim Anblick der Chefsekretärin sofort sein bestes Hochdeutsch ausgepackt und – eine Bauchlandung gemacht.
Für solche Dinge sei sie nicht zuständig, hatte sie sich abgerungen, und ihr Chef sei außer Haus. Immerhin hatte er ihr entlocken können, dass Patientenunterlagen fünfundzwanzig Jahre lang aufbewahrt werden mussten. Und danach? Kamen sie in den Reißwolf. Nicht erst noch in den Keller oder so? Auf keinen Fall, in einem modernen Haus wie dem ihren!
Aber Ackermann war beharrlich geblieben – wäre wohl auch gelacht! – und die Dame hatte sich dann doch noch bequemt, ihren Chef anzurufen. Von dem war Ackermann dann ruck, zuck abgebügelt worden: Einblick ins Archiv? Nein! Lächerlich! Datenschutz!
Das hatte Ackermanns Laune nicht wesentlich
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