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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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trüben können und über das »Ätsch, hab ich’s nicht gesagt«, das der Sekretärin ins Gesicht geschrieben stand, hatte er sogar noch gelacht. Er war einfach zum Gericht gefahren, um sich eine Verfügung zu besorgen, aber Knickrehm, der einzige Richter, mit dem man solche Sachen kurzfristig und unproblematisch durchziehen konnte, hatte sich zum Segeln abgesetzt.
    »Macht nix«, hatte Ackermann sich gesagt. »Montag is’ auch noch ’n Tach. Un’ die Mutti freut sich, wenn ich endlich ma’ früh nach Haus hin komm.«
    Im Klever Krankenhaus war das Spielchen heute Morgen weitergegangen, nur dass es hier noch eine Sekretärin der Sekretärin der Vorzimmerdame des Assistenten des Chefs gab, was die Geschichte erheblich verzögert und zu einer enormen Anhäufung des Wörtchens ›unmöglich‹ geführt hatte.
    Wenigstens auf Knickrehm war Verlass gewesen. Er hätte die Nachricht erhalten und Ackermann sollte schnell vorbeikommen, dann würde man sehen. Also hatte Ackermann sich zur Schwanenburg aufgemacht, zwei Tassen Kaffee mit dem Richter getrunken, ein bisschen Seglerlatein ausgetauscht und schließlich das Papier bekommen.
    Jetzt war er wieder im Krankenhaus am Startpunkt des Antichambrier-Marathons. Sein Hochdeutsch hatte er längst wieder eingemottet.
    Er zermarterte sich das Hirn, weil er genau wusste, dass er jemanden kannte, der hier im Haus arbeitete. Und dieser Jemand hatte ihm auch mal erzählt, dass es einen muffigen Keller gab, wo die Akten der letzten fünfzig Jahre vor sich hin gammelten. Bloß – wer war dieser Jemand?
    Ackermann schaute auf die Uhr – gleich halb vier. So langsam wurde es eng. Er nahm den metallenen Standaschenbecher zwischen die Beine, zog einen Flaschenöffner und seinen Schlüsselbund aus der Jacke und legte ein Schlagzeugsolo hin, dass die Fensterscheiben klirrten.
    Die Chefsekretärin hatte vorhin über Kopfschmerzen geklagt.

    »Vielleicht sollten wir doch mal mit von Bahlows Söhnen sprechen«, meinte Astrid.
    »Worüber?« Toppe klang gereizt.
    »Ja, ich weiß, Geduld war noch nie meine Stärke«, gab sie zurück. »Aber vielleicht wissen die Bescheid über ihren Vater.«
    »Dann müsste von Bahlow verrückt sein. Wenn er wirklich eine neue Identität angenommen hat, dann war das 1943, 1944. Seine Frau hat er erst in Nierswalde kennen gelernt, die Kinder sind in den Fünfzigern geboren. Ich bin sicher, dass nicht einmal seine Frau was wusste. Warum auch? Das wäre doch viel zu gefährlich gewesen.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht. Es ist nur so nervtötend, darauf zu warten, dass Peter etwas findet. Falls er was findet nach so langer Zeit! Von Ackermanns ›Unternehmen Sisyphos‹ ganz zu schweigen.«
    Toppe bog in die Einfahrt zu Jelineks Hof ein, Astrid löste den Gurt und reckte sich. »Es muss ganz schön schwer sein mit einer neuen Identität, stell ich mir vor.
    Immer aufpassen, dass man sich in einem schwachen Moment nicht doch verplappert.«
    »Von Bahlow macht mir nicht den Eindruck, als hätte er schwache Momente.«
    »Schon, aber auch der muss doch seiner Familie und seinen Freunden von früher erzählt haben, Erinnerungen.«
    »Vielleicht ist das nicht so schwer, wenn man in die Haut seines eigenen Bruders schlüpft.«
    Sie fanden Jelineks im letzten Treibhaus, wo sie einträchtig nebeneinander standen und frisch ausgetriebene Pflänzchen pikierten.
    »Ach, Herr Toppe!«, rief Sonja Jelinek freundlich und wischte sich die Hände an der grünen Latzhose ab.
    Toppe stellte ihnen Astrid vor.
    »Guten Tag«, sagte Jelinek ein bisschen heiser.
    Astrid spürte, wie sein Blick über ihren Körper glitt. Er lächelte anerkennend und schaute ihr ein wenig zu lange in die Augen. Astrid war verblüfft. Dass Männer so auf sie reagierten, war ihr nicht fremd, sie hatte es nur so ewig lange nicht mehr erlebt oder wahrgenommen, war so sehr Muttertier gewesen, dass sie sich selbst ganz vergessen hatte.
    Sie lächelte Jelinek mit den Augen ein »Danke für das Kompliment« zurück und fühlte sich wunderbar.
    Die ganze Szene dauerte keine zwei Sekunden.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Sonja.
    »Nein, lassen Sie nur, Sie haben Arbeit genug«, lehnte Toppe ab.
    »Ach, kommen Sie!« Jelinek legte den Arm um seine Frau. »Dann haben wir beide wenigstens eine Ausrede, eine Pause zu machen.«
    Sonja wischte ihm sanft einen Schmutzfleck von der Oberlippe und ging dann vor zum Haus.
    Viel kam bei dem Gespräch nicht herum.
    Opitz hatte sich immer sehr liebevoll um sie

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