Die Schatten schlafen nur
gekümmert, aber was ihn selbst und seine Probleme anging, war er mehr als verschlossen gewesen. Natürlich hatte er von Bahlow nicht leiden können, wahrscheinlich war ihm dessen Bonzengehabe gegen den Strich gegangen. Aber sie konnten sich beide nicht daran erinnern, dass er über den Mann hergezogen hätte. So sei er einfach nicht gewesen.
»Kennen Sie die Pächter, die vor Ihnen den Betrieb hier hatten? Wohin sind die gegangen?«, fragte Toppe.
»Ja, sicher kennen wir die«, antwortete Sonja, verblüfft über den Themenwechsel. »Die wohnen jetzt in Nettetal. Aber warum wollen Sie das wissen?«
Toppe zuckte die Achseln. »Wenn ich ehrlich sein soll, kann ich Ihnen das selbst noch nicht so genau sagen.«
»Gefällt er dir?« Toppe schaltete die Zündung ein.
Astrid ärgerte sich schrecklich, dass sie tatsächlich rot wurde. »Doch«, meinte sie tapfer. »Er ist recht attraktiv, aber das war es nicht. Es hat mir gefallen.«
Toppe gab sich alle Mühe, den Mund zu halten.
»Ich hatte ganz vergessen, dass ich …« Astrid verzettelte sich. »Na ja …«
»Ich nicht!«
»Das weiß ich, aber darum geht es nicht.«
»Ich versteh schon, was du meinst. Darf ich trotzdem eifersüchtig sein?«
»Nein, darfst du nicht!«
Am Abend setzten sie sich in van Appeldorns und Astrids Büro zusammen, das gemütlicher war als Toppes Reich. Trotz aller Hektik hatte Astrid es geschafft, in wenigen Tagen nur, dem Raum ihren Stempel aufzudrücken. Auf allen Fensterbänken standen Grünpflanzen, die vor Gesundheit strotzten, neben der Tür hing ein großer, gerahmter Gauguindruck.
»Bevor ich’s vergesse. Wir ziehen am Wochenende um«, meinte van Appeldorn. »Ich werde mir Donnerstag und Freitag freinehmen.«
Er war beim Nachlassgericht nicht fündig geworden. Es gab keine aufschlussreichen Papiere, keine Testamente, erst recht keine Briefe oder andere private Unterlagen. Beim Grundbuchamt hatte er Kopien gemacht. »Für mich sieht es so aus, als hätte von Bahlow die meisten Häuser sehr günstig gekriegt, aber ich bin kein Fachmann. Ackermann kennt sich da vermutlich besser aus. Hoffentlich taucht der irgendwann noch mal auf …«
Toppe hatte mit den Pächtern, Jelineks Vorgängern, telefoniert. »Die sind stinksauer auf von Bahlow. Ich besuche sie morgen und höre mir ihre Geschichte an. Hast du den Totenschein?«
»Klar«, nickte van Appeldorn. »Helene Opitz ist an Herzversagen gestorben.«
»Ach was?« Toppe war auf einmal hellwach.
»Ja, ich weiß schon, die Standardformel. Deshalb hab ich ja auch den Arzt aufgesucht, der die Todesursache festgestellt hat. War ihr Hausarzt. Die Opitz hätte ein bisschen Bluthochdruck gehabt in den letzten Jahren, aber sonst … Er sah das unter dem Motto: So etwas kann immer passieren. Sie hätte tot im Bett gelegen, ganz unauffällig. Kein Grund für Polizei. Ziemliche Oberpflaume, wenn du mich fragst.«
»Fein«, sagte Toppe leise. »Dann werden wir sie exhumieren lassen.«
»Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich nicht sicher!«, polterte Toppe los, aber da platzte Ackermann herein. »Hab ich da grad wat von Leichenfleddern gehört?« Es war ein seltsam angeschlagener Ackermann. »Wat macht ihr denn in die Bude hier? Ich hab euch schon gesucht.«
Astrid stand auf, drückte ihm ihren eigenen Kaffeebecher in die Hand und stellte ihn damit erst einmal ruhig.
»Wie willst du die Exhumierung begründen?«
»Helene Opitz stirbt im Alter von 59 Jahren.« Toppe sah zum Fenster hinaus in die Dunkelheit. »Jung für einen Tod ohne Vorerkrankung. An Herztod stirbt letztendlich jeder, auch wenn vorher zum Beispiel Gift im Spiel war. Helene Opitz bewohnte ein paar Zimmer in einem Gebäude, das mittlerweile Waldemar von Bahlow gehört, ihr Altenteil. Sie muss von Bahlow im Weg gewesen sein, denn …« Er drehte sich zu ihnen herum. »Überlegt doch mal! Die Frau stirbt im Juni und im Juli schon fängt von Bahlow mit dem Hotelbau an. Das heißt doch, die Baupläne waren längst fertig und beim Bauamt eingereicht. Vielleicht sogar schon genehmigt. So fix geht so was nämlich nicht.«
»Okay«, gab van Appeldorn zu. »Also exhumieren wir sie. Wie schnell kriegen wir das hin?«
»Wenn wir morgen früh gleich mit der Chefin sprechen, könnte es übermorgen klappen«, sagte Astrid und nahm Ackermann ihre Tasse wieder weg. Er hatte sie sowieso nur zwischen den Händen gedreht.
»Leichen fleddern, dacht ich doch, dat ich dat gehört hatte.« Er klang todmüde und ließ sich zu einem langen
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