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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Situation ist auch so schon heikel genug, bei dem ganzen Ärger der letzten Tage. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob es Fegan war oder Patsy Toner oder der Nikolaus. Für die Unionisten ist das ein gefundenes Fressen. Selbst die Gemäßigten der Gegenseite werden einen Blutzoll fordern. Ehrlich gesagt wäre es ein Wunder, wenn Sie nach dieser Geschichre noch den Stormont zusammenhalten könnten.«
    »Ein Wunder«, wiederholte Hargreaves. »Geoff, ich bin Staatssekretär. Ich unterschreibe Papiere, ich streite mich mit Beamten und setze Hinterbänkler unter Druck. Wunder vollbringe ich nicht.«
    »Vielleicht sollten Sie dann besser damit anfangen, Sir. Sie haben ein Kartenhaus geerbt und werden in den nächsten Tagen Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, damit es nicht zusammenfällt.«
    Hargreaves stellte sich die Karten vor, wie sie im Wind davonstoben. Er fragte sich, wie viel ihm eigentlich überhaupt daran lag, ihnen nachzujagen.
    Pilkington fuhr fort. »Es steht mir vielleicht nicht zu, Ihnen in solchen Dingen einen Rat zu erteilen, aber ich glaube, Sie sollten anfangen, ihre Leute zusammenzutrommeln und zusehen, was noch zu retten ist, bevor - wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen - die Scheiße richtig zu dampfen anfängt.«
    »Nein, das steht Ihnen in der Tat nicht zu, Geoff.« Hargreaves streckte sich auf der Couch aus. Das Leder in seinem Nacken fühlte sich kühl an. »Der Minister und ich haben ein Ministerium voller überqualifizierter und überbezahlter Sesselfurzer, die ständig auf die Uhr sehen und uns nebenbei beraten.« Er seufzte. »Wissen Sie, ich wollte diesen Job gar nicht.«
    »Nun, ich glaube nicht, dass …«
    »Ich wollte einen Posten im Kabinett. Das Außenministerium wäre nett gewesen. Viele Reisen. Oder das Wirtschaftsministerium.«
    »Wir müssen unsere…«
    »Wirtschaft, das ist harte Arbeit, aber es gibt viele Vergünstigungen. Sogar Bildung hätte ich gemacht. Eine undankbare Aufgabe, aber immer noch besser als das verdammte Nordirland-Ministerium. Und Sie haben sich auch noch freiwillig gemeldet.«
    Mehrere Sekunden lang drang ein kaum hörbaren Zischeln an Hargreaves’ Ohr, erst dann ließ der Chief Constable ein langes, deutliches Schnauben vernehmen.
    »Manche Leute sind eben aus solchem Holz geschnitzt, Sir, dass sie Herausforderungen annehmen und sich den Erfordernissen einer schwierigen Aufgabe stellen. Andere eben nicht.«
    Hargreaves hob seinen Kopf vom Lederpolster. »Pilkington?«
    »Ja, Sir?«
    »Ich kann Sie nicht leiden.«
    »Ganz meinerseits, Sir. Und nun lasse ich Sie in Ruhe. Ich denke, Sie werden eine lange Nacht haben.«
    »Mistkerl.«
    Die Leitung war tot. Hargreaves fragte sich zuerst, wie spät es war, und dann, wo er seine Uhr gelassen hatte. Ach ja, auf dem Kaminsims. Er stand auf, durchquerte das Zimmer und starrte auf die leere Stelle neben dem Spiegel.
    »Diese Nutte«, sagte er.

Zweige strichen oder schlugen an der Seite des Lieferwagens vorbei, als Campbell an den Rand fuhr, um entgegenkommende Fahrzeuge vorbeizulassen. Alte Karren mit Allradantrieb, schlammbespritzt und zerbeult. Die Wagen von Farmern, manche mit Anhängern, in die gerade eben ein großer Hund hineinpasste. Ein paar der Männer tranken beim Fahren aus irgendwelchen Flaschen. Manche hoben, als sie vorbeikamen, den Zeigefinger vom Lenkrad. Der altbekannte Gruß vom Land, der bedeuten sollte: Ich gehöre hierher und kenne mich hier aus. Und du?
    Campbell erwiderte die Geste und fuhr weiter. Am Ende des Hanges erhob sich das Gehöft, von innen drang Licht heraus. Das Kind zappelte im Arm seiner Mutter.
    »Könnt ihr eigentlich überhaupt noch in den Spiegel schauen?«, fragte Marie McKenna.
    »Halten Sie den Mund«, sagte Eddie Coyle.
    »Wie könnt ihr uns nur hierhin bringen. So etwas fügt ihr Frauen und Kindern zu und nennt euch auch noch Männer?«
    »Seien Sie still«, befahl Campbell. »Es gibt noch schlimmere Leute als uns. Einen von denen werden Sie gleich kennenlernen.«
    »Ich habe keine Angst vor euch.«
    »Doch, haben Sie.«
    »Das reden Sie sich ein, damit Sie sich wie ein starker Mann vorkommen. Ich werde nicht…«
    Campbell stieg auf die Bremse, und Marie wurde nach vorn geschleudert. Sie schlug sich am Armaturenbrett den Unterarm an, weil sie ihr Kind abschirmen wollte. Das Mädchen kreischte auf. Campbell streckte den Arm aus und packte Marie bei den Haaren.
    »So, jetzt habe ich genug, verstanden? Schluss mit diesem Scheiß! Ich will, dass das aufhört. Wenn

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