Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
McGinty damit… an die Presse geht. Sie kennen … jeden Schachzug … den McGinty plant… bevor er ihn macht.«
    O’Kane strich Campbell über die Wange. »Braver Junge. Wer sonst noch?«
    Campbell schüttelte den Kopf.
    »Komm schon, mein Junge, sei doch nicht dumm.«
    »Toner… nur Toner.«
    Pädraig kam ins Zimmer gewatschelt, in einer Hand eine braune Flasche, in der anderen einen Beutel Watte. »Ich hab das Chloroform, Da.«
    »Gut, Junge«, sagte O’Kane.
    Er stand auf und nahm seinem Sohn den Wattebeutel ab. Mit seinen dicken Fingern griff er hinein und zog einen weißen Bausch heraus. »Mach die auf.«
    Pädraig drehte den Verschluss von der braunen Flasche und reichte seinem Vater das Chloroform. O’Kane neigte die Flasche und tränkte mit weit von sich gestrecktem Arm den Wattebausch. Von dem süßlichen Geruch wurde ihm schwindelig. Er wandte sich McGinty zu. »Normalerweise schläfern wir damit die Hunde ein, wenn sie so sehr verletzt sind, dass man sie nicht mehr zusammenflicken kann. Wir betäuben ihn, bis wir hören, was Fegan zu sagen hat. Vielleicht haben wir danach noch ein paar Fragen.«
    O’Kane hockte sich hin und drückte Campbell den getränkten Wattebausch gegen Mund und Nase. »So, mein Junge, jetzt einfach nur schön atmen.«
    Campbell riss den Kopf zurück und schlug schwach nach der Watte. »McGinty«, sagte er.
    »Was war das?«
    Campbell hielt O’Kanes Blick stand. Ein mattes Lächeln erschien auf seinen Lippen. »McGinty … er hat es getan … er hat sie … in die Falle gelockt … Fegan ist es nicht allein … es ist McGinty.«
    McGinty drückte sich von der Wand ab. »Er lügt.« O’Kane griff in Campbells Haarschopf und drückte sein Gesicht mit Gewalt auf den Wattebausch. »Du lieber Gott, Bull, er lügt.«
    Campbell wehrte sich gegen O’Kanes Griff. Die Augen traten ihm aus den Höhlen. Der Bulle ignorierte das schmerzhafte Kratzen der Fingernägel an seinen Handgelenken. Kurz darauf fielen Campbell die Augenlider zu, sein Körper erschlaffte, und seine Gegenwehr erlahmte.
    O’Kane legte Campbeils Kopf auf den Fußboden. Ein Faden rotgefärbten Speichels hing von dem Wattebausch herab, als er ihn von Campbells Mund nahm. O’Kane drehte sich um und fixierte McGinty.
    »Er hat gelogen, Bull.« McGintys Gesicht wirkte im Licht der nackten Glühbirne blass. »Er hat nur versucht, uns gegeneinander auszuspielen. Das siehst du doch wohl selbst, oder?«
    O’Kane registrierte, wie die Adern des Politikers hervortraten und sein Adamsapfel über dem Kragen auf und nieder hüpfte. »Wir reden später darüber. Nach Fegan.«
    »Komm schon, Bull, du weißt doch, dass er …«
    Ein plötzliches Rauschen ließ McGinty zusammenfahren. O’Kane drehte sich um und sah, wie sein Sohn das Walkie-Talkie ans Ohr hob. Ein verzerrtes Gebrabbel, hinter dem sich möglicherweise eine Stimme verbarg, krächzte stoßweise los.
    Pädraig drückte auf den Sprechknopf. »In Ordnung«, sagte er. Dann ließ er das Sprechfunkgerät sinken. »Das war er. Er kommt.«

Ungefähr zehn Meter vor ihm wedelte eine Laterne hin und her. Fegan bremste den Clio ab, als er sich dem unruhigen Licht näherte. Die Landstraße war so schmal, dass kaum zwei Wagen aneinander vorbeikamen, und von Hecken gesäumt. Zu beiden Seiten verloren sich Felder in der Dunkelheit. Ein kleiner, gedrungener Mann mit einer Wollmütze und einer grünen Feldjacke trat auf die Straße und hob die Hand. Fegan hielt an. Der Mann kam hinüber zur Fahrerseite und bedeutete ihm mit der Lampe, die Windschutzscheibe hinunterzufahren. Fegan gehorchte.
    »Bist du Fegan?«, fragte der Mann.
    Fegan blinzelte in das Licht der Laterne. »Ja.«
    Ein zweiter Mann, groß, schlank und mit einer doppelläufigen Schrotflinte bewaffnet, tauchte aus der Hecke auf. Er zielte durch die Windschutzscheibe auf Fegan.
    Der Stämmige leuchtete mit der Laterne die dunklen Ecken des Wagens aus, erst den Fußraum vorne und dann hinten. »Aussteigen!«, befahl er. Er trat zurück, damit Fegan aus dem Wagen klettern konnte.
    Fegan leistete keinen Widerstand, als der Stämmige seine Taschen durchsuchte. »Ich bin nicht bewaffnet«, sagte er.
    Der Stämmige bedachte ihn mit einem flüchtigen Blick. »Wenn es dir nichts ausmacht Kumpel, überprüfe ich das lieber selbst.«
    Fegan blieb reglos stehen. Ein warmer Regen leckte an seinen geschlossenen Augenlidern. Er spürte, dass die Schatten ihn beobachteten. Seine Schläfen pochten, und die übliche Kälte kroch in seinen

Weitere Kostenlose Bücher