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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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erwischt hatte, sich zu Boden warfen und hin und her rollten, während ihre Kollegen die Flammen mit ihren Handschuhen erstickten.
    Weitere Molotowcocktails flogen und fanden ihr Ziel. Einige schlugen auf den Land Rovern ein, andere veranstalteten vor den Füßen der Polizisten ein kleines Höllenfeuer. Jeder Treffer wurde von den Jungen und erwachsenen Männern, die Fegan umgaben, mit einem erneuten Jubelschrei beantwortet. Seine elf Verfolger versammelten sich um ihn und sahen verzückt zu.
    »Gleich greifen sie an«, sagte Fegan. Sein Kopf dröhnte, und sein Herz raste. »Sie werden auf uns zustürmen, mit ihren Land Rovern in uns hineinfahren und versuchen, uns zu zerstreuen. Sie wollen alle in die Seitenstraßen abdrängen.«
    »Ja, weiß ich«, sagte Caffola. Er zwinkerte Fegan zu. »Ich mach das nicht zum ersten Mal, weißt du?«
    »Ja, weiß ich.« Fegan wusste noch alles. Er wusste auch, dass der Angriff und das Zerstreuen des Mobs der entscheidende Moment war. Das war seine Chance, Caffola von hier wegzubekommen und allein zu erwischen.
    Gleich geht es los, dachte er. Er warf einen Blick zurück auf den Kordon der Polizisten. Die Land Rover manövrierten in Stellung. Sie würden als Erste kommen und die Cops ihnen folgen. In der Menge wurde es still, die Männer und Jungen machten sich bereit. Caffola stieß ein schrilles Kichern aus, als der leichte Wind die Stimme des Kommandanten herübertrug. Die Motoren der Land Rover heulten auf, und die Bullen hoben ihre Schlagstöcke.
    »Da kommen sie«, sagte Fegan.

Die Jüngsten rannten als Erste und flohen, kaum dass der Angriff begonnen hatte. Sie schrien und lachten, während sie an Fegan vorbeihasteten. Die älteren Jungen hielten länger stand, johlten und warfen noch Ziegelsteine und Flaschen, als die Land Rover schon die Barrikade erreichten. Flammen leckten an den gepanzerten Fahrzeugen, als sie den Schutthaufen durchbrachen. Flammende Brocken stoben in alle Richtungen. Die Polizisten folgten brüllend und schwangen ihre Schlagstöcke.
    »Komm«, sagte Caffola und zog Fegan am Ärmel.
    Mit schmerzenden Arm- und Beinmuskeln rannten sie in die Seitenstraße und duckten sich in einen Hinterhof. Sie wichen Fahrrädern und Plastiktonnen aus, aus den Innenhöfen drang das Gebell der Hunde. Caffolas Lachen hallte von den engen Mauern wider.
    Sie gelangten auf ein Stück Brachland und rannten weiter in Richtung der Straßen dahinter. Als sie auf der anderen Seite angekommen waren, wollte Caffola in eine hineinlaufen, aber Fegan zog ihn in eine Gasse. »Nein, hier lang«, keuchte er.
    Caffola folgte ihm, und sie liefen weiter, bis sie ans Ende einer Sackgasse kamen. Als sie schließlich stehenblieben, beugte Caffola sich vor und ächzte tief. »Meine Güte«, japste er zwischen langen, schnaufenden Atemzügen, »für so was bin ich einfach nicht mehr fit genug.«
    »Ich auch nicht«, keuchte Fegan, der heftige Seitenstiche hatte. Mit schwindelndem Kopf lehnte er sich an die Mauer. Der Schmerz hinter seinen Augäpfeln schwoll so sehr an, dass er dachte, sein Schädel würde platzen. Er presste sich die Hände an die Schläfen und biss beim Atmen die Zähne zusammen.
    Caffola hielt sich mit der einen Hand den Bauch, mit der anderen stützte er sich an einer Mülltonne ab. »Ach du Scheiße«, presste er hervor. Er riss den Mund auf, und Fegan hörte ein Platschen. Dann roch er den sauren Gestank von Erbrochenem und hielt sich Mund und Nase zu.
    Fegan kniff die Augenlider zusammen. Die Schmerzen kamen inzwischen wie Hammerschläge gegen seine Stirn. Selbst mit geschlossenen Augen konnte er die Verfolger spüren, wie sie sein Gewissen traktierten. Ohne selbst zu wissen, warum, atmete er noch einmal tief durch und ergab sich ihnen. Ein letzter Blitz durchzuckte seinen Kopf, dann hörte der Schmerz auf. Fegan hielt seine Augen noch einen Moment geschlossen, bis das plötzliche Schwindelgefühl vorbei war. Als er sie wieder aufmachte, wusste er nicht, was er sehen würde.
    Seine Verfolger hatten sich im Halbdunkel der Gasse versammelt. Sie blieben auf Distanz und beobachteten. Die beiden UDR-Männer traten vor. Ihre Gesichter brannten vor Hass und wildem Rachedurst.
    Fegan warf einen Blick auf Caffola. Die ersten kalten Regentropfen klatschten ihm auf Gesicht und Stirn, während er zusah, wie der andere würgte. Er blickte wieder die UDR-Männer an. In der Finsternis glühten ihre Augen. Die anderen Schattenwesen traten hinter sie. Die Lippen der beiden öffneten sich zu

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