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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Männern zu sehen war, die an einer Straßenecke standen. Es war unterbelichtet, trotzdem konnte er sie erkennen.
    »Kennen Sie die beiden?« fragte der Kontaktmann.
    »Ja«, antwortete Campbell. Er schluckte seine Verwirrung herunter und konzentrierte sich. »Gerry Fegan und Vincie Caffola. «
    »Erzählen Sie uns etwas über sie.«
    Campbell dachte einen Augenblick nach. »Gerry Fegan war vor meiner Zeit, aber er ist eine Legende. Jeder in Belfast hat von ihm geredet. Ein brutaler Bastard. Hat zwölf Jahre abgesessen.
    Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war, dass er ziemlich an der Flasche hängt. Angeblich hockt er nur noch herum und spricht mit sich selbst.«
    Der Kontaktmann blickte über die Schulter. »Und Caffola?«
    »Der ist ein Tier. Dumm wie Schifferscheiße, aber gefährlich. «
    »Jetzt nicht mehr. Er ist tot«, sagte der Kontaktmann. »Seine Leiche wurde gestern Nacht in irgendeinem Hinterhof gefunden. Er hatte ein gebrochenes Handgelenk und eine Platzwunde an der Schläfe, aber das hätte nicht gereicht, um ihn umzubringen. Nach ersten Berichten ist er höchstwahrscheinlich ohnmächtig geworden und an seinem eigenen Erbrochenen erstickt. Heute Morgen machen sie eine Autopsie.«
    »Ach du Scheiße«, entfuhr es Campbell. Als er merkte, dass seine gelassene Fassade bröckelte, riss er sich zusammen und leckte seine Oberlippe.
    »Sie haben ja zweifellos von Michael McKennas Ableben gehört.«
    Campbell grinste. »Hat genau den Richtigen getroffen.«
    Zum ersten Mal schaltete sich der Mann auf dem Beifahrersitz ein. »Da gibt es nichts zu lachen. Das wird uns noch arge Probleme bereiten.«
    Privatschule, dachte Campbell. Der Kontaktmann kam aus der Army, vielleicht sogar vom SAS, wenn es nach seinem Haarschnitt und den Narben in seinem Gesicht ging. Er war kampferprobt. Aber der andere war ein Regierungstyp, wahrscheinlich vom Nordirlandbüro. Einer von den Bürokraten, die das Land regiert hatten, als es noch zu viel mit Kämpfen beschäftigt gewesen war, um sich selbst zu regieren. Bürohengste ohne Rückgrat am Ruder eines Landes, das in seinem eigenen Blut ertrank. Nicht mehr lange, dachte Campbell.
    »Ich brauche Ihnen wohl nicht zu erklären, wie heikel die Situation ist«, fuhr der Schnösel von der Privatschule fort. »Der politische Prozess befindet endlich sich auf dem richtigen Weg, ist aber immer noch höchst fragil. Wir können uns keinen Aufruhr leisten - nicht, nachdem so viel Zeit und Geld investiert worden ist. Die Beziehungen zwischen McGintys Fraktion und der Parteiführung sind auch so schon belastet genug. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich das zu einer Fehde ausweitet. Haben Sie heute Morgen schon die Nachrichten gesehen?«
    »Nein«, antwortete Campbell. Er hatte auf der Fahrt über die Grenze noch nicht einmal das Radio angeschaltet.
    »Nun ja, die Situation ist nicht gerade erfreulich. Sobald bekannt wurde, dass Caffola tot ist, hat sich etwas, was normalerweise ein harmloses Geplänkel gewesen wäre, zu einem regelrechten Aufstand hochgeschaukelt. Erst in den letzten paar Stunden hat sich die Lage wieder beruhigt. Die Führung will die Sache herunterspielen, aber unser Insiderfreund berichtet uns, dass McGinty behaupten wird, die Polizei sei es gewesen, obwohl bewiesen ist, dass es sich um einen Unfall handelte. Bei McKennas Beerdigung heute wird er deswegen ein Riesentamtam veranstalten. Er wird so tun, als hätte die Polizei Caffola zusammengeschlagen und dann in einem Hinterhof liegen lassen, so dass er starb. Wir haben erfahren, dass er damit drohen wird, die PSNI nicht weiter zu unterstützen, obwohl seine Partei dem nicht zugestimmt hat. Er will sich ein paar Schlagzeilen verschaffen und der Parteiführung zeigen, dass man ihn nicht einfach kaltstellen kann. Das Problem dabei ist, dass dieses Geschwätz die Unionisten auf den Plan ruft. Wenn die glauben, dass die Partei die politische Arbeit aufgeben will, könnten sie den Stormont verlassen, und das Parlament würde sich auflösen. Schon wieder.«
    »Und sind Sie sich sicher, dass es nicht die Cops waren?« Campbell fand das eine durchaus angemessene Frage.
    »Wir sind uns bei gar nichts sicher«, gab der Schnösel zurück.
     
    »Und was hat eigentlich Gerry Fegan mit der ganzen Sache zu tun?«, fragte Campbell weiter. Der große, schlanke Mann fiel ihm wieder ein, dem er nur einmal begegnet war. Es war in einem Industriegebiet nordwestlich von Belfast gewesen, eine blutige Angelegenheit. Campbell versuchte, so

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