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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Erbrochene auf den Boden laufen. Der ekelhafte Gestank und die Wärme auf seiner Hand drehten ihm den Magen um. Nicht drauf achten und ruhig bleiben, befahl er sich. Er sah zu seinen Verfolgern hoch. Die Frau trat vor, sie hielt ihr Baby, ihr geblümtes Kleid im Dämmerlicht sah hübsch aus. Sie nickte und schenkte Fegan ein kurzes, trauriges Lächeln.
    Die beiden UDR-Männer waren verschwunden. Neun Verfolger blieben noch.
    »Und wer jetzt?«, fragte Fegan.

NEUN
     
    Campbell starrte an die Decke, hörte sein Herz wie wild pochen und fragte sich, was ihn geweckt hatte. Er hatte einen leichten Schlaf, gezwungenermaßen. Das leiseste Geräusch ließ ihn hochschrecken. Sein Mobiltelefon klingelte wieder, und nun wusste er, was ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Er tastete hinüber zum Nachtschränkchen und griff es. Dann spähte er blinzelnd auf das winzige Display. Nummer unterdrückt, las er. Sein Herz hämmerte gegen sein Brustbein.
    Er drückte auf den grünen Knopf und hob das Telefon ans Ohr.
    »Kommen Sie zurück«, sagte eine Stimme mit englischem Akzent.
    »Jetzt?«, fragte er und bemühte sich, nicht zu hoffnungsvoll zu klingen. »Ich habe mich doch gerade erst hier eingerichtet.«
    »Planänderung«, sagte die Stimme. »Es ist dringend. Höchste Priorität. Kommt von ganz oben.«
    »Wo?«, fragte Campbell.
    »In Armagh. Da gibt es einen Parkplatz neben einer Kapelle, gegenüber dem Rathaus. Kennen Sie den?«
    »Ja, kenne ich.« Campbell schwang die Beine aus dem Bett. Er rieb sich das Gesicht, sein Bart kribbelte auf der Hand. »Da sind überall Kameras.«
    »Die werden nicht hinsehen.«
    »Ist wohl auch besser. Wann?«
    »In einer Stunde.«
    »Ich bin in Dundalk. Ich muss erst alles packen, hier verschwinden und meinen Wagen holen, außerdem gibt es Baustellen auf der…«
    »In einer Stunde.« Die Leitung war tot.
    »Scheiße«, fluchte Campbell.
    Seine Kleider lagen auf dem Boden, wo er sie am Abend zuvor hingeworfen hatte. Rasch und leise zog er sich an. An der Wand stand ein Kleiderschrank, die Türen hingen schief in den Angeln. Er holte eine Reisetasche heraus und stopfte die wenigen Sachen hinein, die er besaß. Als letzte persönliche Habe blieben nur noch sein Mobiltelefon und ein Schlüsselbund. Campbell steckte beides ein und trat hinaus auf den Flur.
    Aus dem Nachbarzimmer drang ein gurgelndes Schnarchen. Er schob die Tür auf und äugte hinein. Alle viere von sich gestreckt, lag Eugene McSorley voll bekleidet auf dem Bett, er hatte immer noch eine Bierdose in der Hand.
    Campbell fragte sich, ob er wohl je zurückkehren und zu Ende bringen würde, was er begonnen hatte. Es hatte ihn Monate gekostet, so weit zu kommen und sich in die Bande einzuschleusen. Bisher war nichts dabei herausgekommen. Aber McSorley konnte immer noch einen Haufen Ärger machen, wenn niemand ihm im Auge behielt.
    Eine Idee schoss Campbell durch den Kopf. Er könnte doch einfach ins Zimmer schleichen und McSorley still und leise erledigen. Es wäre so leicht, sich auf seinen Brustkorb zu knien und ihm kräftig den Hals zuzudrücken. Campbell dachte ein paar Sekunden darüber nach.
    »Scheiß drauf«, murmelte er und zog sich von der Tür zurück. Er ging die Treppe hinunter und verließ das Haus. Als er in den alten Ford Fiesta kletterte, ging gerade über den Häusern auf der anderen Seite die Sonne auf. Der altersschwache, keuchende Motor sprang stotternd an, und Campbell gab Gas. Er fuhr in Richtung Hafen, wo sicher verwahrt ein eigener Wagen stand, sein richtiger Wagen.
     
    52. Minuten, nachdem er von seinem Telefon geweckt worden war, steuerte Campbell sein BMW Z4-Coupe auf den Parkplatz vor der Kapelle. Mit leise gurgelndem Motor stellte er den Wagen neben dem unbekannten Ford Mondeo ab. Wie sein eigenes Auto hatte auch der Mondeo getönte Scheiben, um seine Insassen vor zufälligen Blicken zu schützen. Campbell konnte lediglich die Umrisse zweier Männer auf den Vordersitzen erkennen. Im morgendlichen Sonnenlicht warf er einen langen Schatten, als er aus dem BMW stieg. Armaghs Kirchen ragten über dem kleinen Flecken auf und erinnerten ihn daran, dass es sich hier tatsächlich um eine Stadt handelte. Der Mann auf dem Fahrersitz des Mondeo griff nach hinten und öffnete die Hintertür.
    Campbell stieg ein. »Lassen Sie mich raten. McKenna, stimmt’s?«, sagte er.
    Die beiden Männer tauschten einen Blick. Der auf dem Fahrersitz, sein Kontaktmann, reichte Campbell einen Palm-Computer, auf dem ein Foto von zwei

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