Die Schatten von La Rochelle
o r langer Zeit ein m al erzä h lt hatte. Die erwün s chte, d i e er s ehnte Frau. Weiß wie S chnee. Sc h warz wie Ebenholz. Rot wie Blut.
»Ich will doch nicht hoffen, daß Ihr wied e r e i ngesc h l afen sei d , Monsieur.«
Er öffnete die Augen und sah sie m i t geröteten Wangen triumphierend vor sich stehen. In ihren Hän d en hielt sie, dicht und glitzernd, Schnee.
»Hier«, sagte sie. »Ich habe Euch gebracht, was Ihr Euch wünschtet. Ein S t ück einer W olke.«
29. KAPITEL
Louis lan g weilte sich, und er ha ß t e es, s i ch zu langweilen. Das schlechte Wetter hinderte ihn an der Jagd, und die Staatsgeschäfte allein waren auf Dauer nur er m üd e nd, ohne das bleierne Gefühl der Langeweile wirklich zu vert r eiben. Dem Ballett, das zu sei n en Ehren aufgeführt wurde, gelang es auch n i cht, ihn in gute Laune zu versetzen.
»Ich wünschte, ich wäre nicht hie r «, sagte er heftig zu Cinq Mars.
» W o wäret Ihr denn am liebsten, Sire ? «
Die Schnelligkeit, m it der die Antwort ka m , bew i es, daß der König lange über diese F r age nachgedacht hatte, denn er war sonst nicht schlagfertig.
»Vor La Rochelle, damals, bei d e r Belagerung. Das war eine Zeit, m ein Freund! Ich weiß noch, wie ich selbst m ithalf, die letzten Steine zur Befestigung des großen Damms zu tragen. Die Soldaten jubelten m i r zu… d a m als gab es keine lästigen E m pfänge, sondern nur das einfache Leben m it der A r m ee.«
Es war schwer, sich ein Gähnen zu verkneifen, doch Cinq Mars hatte Übung darin. Zuerst stellte er sich darauf ein, weitere endlose R e m i niszenzen an die glorreiche Belagerung von La Rochelle zu hören, aber dann ließ ein Gedanke ihn jäh aufrecht sitzen. La Rochelle… das konnte ein Ansatzpunkt sein.
»Aber, Sire«, erwiderte er und ver s uchte, verwundert zu klingen,
»seid Ihr nicht während der Belag e rung nach Paris zurückgekehrt ? «
»Nur für ein paar W ochen«, sagte L ouis, und ein wenig von seiner Nostalgie verflüchtigte sich. » W ißt Ihr, daß Gaston da m als die Unverschä m theit besaß, zu sagen, ich müsse m i ch sputen und nach La Rochelle eilen, denn der Monat U r laub, den der Kardinal m ir gewährt habe, sei abgelaufen? So ist G aston. Ich w ünschte, er wäre in Belgien geblieben, aber nein, er i s t hier, und ich leider auch, und ich muß ihn zu Dreikönig auch noch e m pfangen. Nein, vor La Rochelle war das noch anders. Es gab ständig etwas zu tun. Zu Pfingsten fielen uns ein paar Musiker aus, und da bin ich eingesprungen und habe den Chor selbst eingeübt und während der Messe dirigiert…«
Cinq Mars beeilte sich, das Gespr ä ch wieder in die Richtung zu lenken, d ie er an s trebte, ehe d er König sich von neuem in angeneh m en Erinnerungen vergrub.
»Sire«, fiel er ein, a l s L ouis eine Ate m pause m a chte, »ich w ünschte, ich hätte dabei sein können. Mein Vater hat m i r so viel davon erzä h lt, von der Z e it, al s der Kar d inal die letzte selb s t än di ge Feste der Protestanten eroberte…«
Louis runzelte die Stirn. »La Rochelle hat sich mir ergeben«, verbesserte er. »Nicht dem Kardinal.«
»Und doch, Sire«, m ur m elte Cinq Mars, »habe ich je m anden fragen hören, ob Ihr während der Bel a gerung überhaupt anwesend wart. Es ist verständlich, denn m an bringt nun ein m al den Na m en des Kardinals sofort m it La Rochelle in Verbindung, und ohne ihn…«
»Ohne ihn«, unterbrach der König, »hätte Basso m pierre oder Angoulè m e oder ein anderer m einer Feldherren den Oberbefehl gehabt und die Stadt zur Unterwerfung gezwungen. Vielleicht sogar m ein Vetter Condé, obwohl ihn das noch unerträglicher ge m acht hätte, als er ohnehin schon ist. Ich habe es satt, daß m an ständig alles, was der Kardinal tut und getan hat, als einzigartig hinstellt.«
Er hatte es m ehr als satt. Sogar die Grußbotschaft des Papstes zum Jahreswechsel hatte m e hr Zeilen an Richelieu beinhaltet als an ihn, den König. Ganz zu schweigen davon, daß Gaston ihn sarkastisch gefragt hatte, ob er sich schon einen neuen Titel für seinen Ersten Minister habe einfallen lassen, denn wenn jener überaus französische Jules Mazarin den Kardinalshut erhielte, dann könne m an ja in Zukunft nicht m ehr wissen, von wem bei der Bezeichnung »der Kardinal« die Rede sei.
Daß sein F a vorit s i ch j e tzt a u ch noch zu den Lobrednern des Kardinals g esellte, tat weh. Natürli c h, Richelieu hatte ihn an den Hof gebracht, doch Louis hatte
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