Die Schatten von La Rochelle
können.
De Thou, der die Rechte studiert hatte, unterzog sich inzwischen der Mühe, jeden einzelnen Punkt a u f seinen Sinn zu prüfen, und runzelte die Stirn. » W as soll diese Klausel in bezug auf Monsieur ? «
»Er hat darauf bestanden«, entge g nete Fontrailles achselzuckend.
»Für den F a ll, daß es Monsieur le G rand nicht gelingt, die Einwilligung des Königs zu bekom m en, was jetzt im übrigen endlich geschehen m ü ßte. W enn ich nach Spanien zurückkehre, m uß hier alles bereit sein.«
Wofür die Klausel, in der Gaston erklärte, nichts gegen den ausdrücklichen W illen sei n es Brude r s unterneh m en zu wolle n , tatsächlich dienen sollte, war, der W elt seine Unschuld zu beweisen, wenn er die Regentschaft für die Kinder s eines verst o rbenen Bru d ers übernah m . Aber da dies nie der Fall sein würde, bestand keine Notwendigkeit, es den übrigen T eilneh m ern der Versch w örung m itzuteilen.
Fontrailles entschloß sich, z u m Angriff überzug e hen. » W i e weit seid Ihr m i t dem König ? « wandte er sich herausfordernd an Cinq Mars. » W ann werdet Ihr ihm endli c h die e n tsc h eidende F r a ge st e lle n ? «
Soweit es C i nq Mars betraf, würde Fontrailles ganz sicher zu den Opfern des U m sturzes gehören. D e r bucklige Marquis m it der scharfen Zunge und den unleugbar wic h tigen spanischen Verbindungen war ihm ein Dorn im Auge; er sah seine Rolle als Anführer der Verschwörung durch ihn bedroht.
»Genau dann, wenn ich es für richt i g halte«, konterte er. »Ihr wollt doch nicht, daß in letzter Minute alles schiefgeht ? «
In W i rklichkeit, aber das ging die anderen nichts an, hatte er erst kürzlich einen unangeneh m en Streit m it Louis gehabt, nicht wegen des Kardinals, sondern w egen seiner, Cinq Mars’, Ausgaben.
»Könnt Ihr m i r sagen, wozu Ihr dreihundert Paar Schuhe benötigt, Monsieur le Grand ? « hatte der König kühl gefragt und Cinq M ars auf diese Art daran erinnert, daß Louis, auch wenn er ihm tausend m al seine unverbrüchliche Zuneigung schwor, m itnichten W achs in seinen Händen war und bisweilen einen ernüchternden Krä m ergeist an den Tag legen konnte.
Dennoch, wo Fontrailles recht hatte, da hatte er recht. Es m ußte bald geschehen. Marie-Louise de N evers hatte ihm bereits m ehr als ein m al deutlich ge m acht, sie habe das W arten all m ählich s att, und wenn er W ert darauf lege, Herzog von Gonzaga zu werden, solle er sich da m it beeilen.
» W ährend der Dreikönigsfeiern«, setzte er also hinzu, »dürfte der beste Zeitpunkt sein.«
»So viel zu den Schweden und den deutschen K l einstaaten. Jetzt zu der anderen Angelegenheit«, sag t e der Kardinal. »Colmardo, Ihr werdet für m ich schreiben m üssen. Ich kann m einen rechten Arm nicht m ehr bewegen.«
In d e r let z t e n Zeit h a tte er Le Masle nur noch dikti e rt, doch der getreue Michel war nicht unbeschränkt belastbar; er hatte sich zurückgezogen, um etwas zu schlafen, während Richelieu und Giulio Mazzari n i a llei n e weiter a rb e it e ten. Der Kardinal blickte auf seinen straff verbundenen A r m . Ge s chwüre waren ihm nichts Neues, doch dieses hatte sich e ntschlo s sen, nicht m e hr zu verschwinden, ganz gleich, was die Ärzte auch unternah m en. Es war nicht s o wichtig, n i cht so schlim m , was die Regierungsgeschäf t e anging, aber er hielt es für einen persönlichen Verlust, nic h t mehr schreiben zu können. Seine Gedanken auf das Papier zu bannen, die Freude am Fo r m ulieren direkt dem Fluß der T inte anzuvertr a uen, das war etwas, was ihn i mm er entspannt und abgelenkt hatte, ob es sich nun um philosophische Abhandlungen, Artikel für die Gazette oder die gelegentlichen Versuche für das Theater handelte.
Alphonse, von dem gerade wieder eine erzürnte Epistel aus Lyon eingetroffen war, würde zweifellos von einer Strafe Gottes sprechen. Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, um an seinen Bruder zu denken, den er m it Gewalt aus seinem Kloster herausgeholt, hintereinander zum Bischof und zum Kardinal ge m acht und danach nach Rom geschickt hatte, als französischen A b gesandten an den Papst. D a m als hatte Alphonse seinen ersten Zusammenbruch gehabt und sich öffentlich für Gottvater erklärt. Man hatte ihn nach Lyon zurückbringen m üssen, und Richelieu konnte den Verdacht nicht loswerden, daß Alphonse es darauf angelegt hatte, selbst um den Preis des W ahnsinns willen.
Der Gedanke an Alphonse und Rom brachte ihn auf etwas
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