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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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seinem Palais war,
    »schic k t ei n en Boten zu Monsieur Mazarin und bittet ihn, sofort zu m i r zu kom m en.«
    »Monsieur Mazarin befindet sich noch hier«, entgegnete Le Masle sofort. »Nachdem Euer E m inenz zum König aufgebrochen waren, hat er Mada m e la Duchesse besuc h t und sie gebeten, in der nächsten Zeit hier wohnen zu dürfen.«
    »Ausgezeichnet. Holt i h n her.«
    Vorausschauender Col m ardo. Als er eintraf, der Inbegriff der Eleganz und Gesundheit, fühlte der Kar d inal Irritation in sich aufflackern und erstickte sie sofort wieder.
    »Giulio«, sagte er, ohne sich die Mühe einer B egrüßung zu m achen, »wir müssen den Lauf der Dinge etwas beschleunigen. W i r warten nic h t auf die Berichte aus Spanien; setzt E uren Teil des Plans sofort ins Werk.«
    Sein Prote g e nickte s t u mm, aber sein Gesic h t s ausdruck blieb fragend. Diese lebhafte Mi m ik; daran m ußte er noch arbeiten. Oder auch nicht, bei Verhandlungen war sie ihm bisher nicht im Weg gewesen. Doch er verdiente es, die W ahrheit zu wissen.
    »Heute«, sagte Richelieu, »hat m ic h der König etwas gefragt, das er nie ausgesprochen hätte, wenn er nicht m it meinem baldigen Tod rechnen würde.«
    Seltsa m erweise war es nicht Conci n i, an den er dachte, sondern Concinis Frau, die Milchschwester der Königinmutter, die Zwergin Leonora. Sie hatte m an nicht sofort umgebracht, sondern erst ein Jahr später. Man hatte sie verbrannt, nach einem langen Prozeß, in dem m an sie ständig zu dem Geständnis zwingen wollte, sie habe die Königin m utter durch Hexenkünste beein f lußt. Kleine, häßliche Leonora, ohne jedes Verständnis dafür, was es hieß, einen Staat zu lenken, in dem sie nur eine gigantische Gel d truhe sah, die sie und ihr G e m ahl ausplündern konnten; aber was für ein Mut, und was für ein Ende.
    »Nie habe ich andere Mächte beschworen als jene eine Gewalt, die den starken Seelen über d i e schwachen gegeben ist.«
    »Monseigneur«, m einte Mazzarini, »ich habe bereits ges a gt, daß ich Euch nicht verlassen werde. Aber wenn Ihr recht habt und der König selbst Euren Tod will, was k a nn Euch dann noch rett e n?«
    Möglic h erweise war es ein schlec h tes O m en, aber er ant w ortete:
    »Die Gewalt, die ei n em st a r ken W illen üb e r e i n en schwäc h eren g e geben ist.«
    »Dann besteht kein Anlaß zur Sor g e m ehr«, sagte der Italiener. Er hatte das Zitat erkannt, und es beunruhigte ihn, daß der Kardinal sich m it Leonora und Concini gleichsetzt e , also versuchte er, bewußt leic h therzig zu sprechen, um den Druck, den er auf seinem Mentor lasten spürte, zu vertreiben. »Schließlich habt Ihr bereits das ganze Land durch Euren W illen veränd e rt . «
    Richelieu schüttelte den Kopf. »Nicht genug. Oh, es gibt keine protestantischen Stadtstaaten m ehr, aber was den Adel angeht… Ich fürchte, es dauert noch ein oder zwei Generationen, Giulio, bis sie endgültig begriffen haben, daß sie nicht m ehr selbständige Herren, sondern Diener des Königs sind. Erst wenn das erreicht ist, haben wir ein wirklich geeintes Land.«
    » W ir werden es erreic he n«, erwiderte Mazzari n i ernst.
    Der Kardin a l warf ihm einen etwas spötti s chen Blick zu. »Wir, in der Tat. W i ßt Ihr, Col m ardo, als ich in Eurem Alter war, fing ich gerade an, zu erkennen, daß ein L eben dazu nicht reicht. Meines nicht, und Eures m öglicherweise auch noch nicht. Keine sehr angeneh m e Erkenntnis, aber sie verhilft dazu, die Eitelkeit hinunterzuschlucken und rechtzeitig nach e i nem Nachfolger Ausschau zu halten.«
    »In weiteren zwanzig Jahren«, e n tgegnete Mazzarini unerschütterlich opti m istisch, »wenn Ihr Euch den Achtzig nähert und ich m i c h den Sechzi g , wird Frankreich auf so sicheren F ü ßen stehen, daß wir uns höchstens Sorgen um unseren Alterswohnsitz m achen werden, und nicht mehr um Nachfolger. Ich werde dann vielleicht nach Italien zurückkehren, in die Sonne. Dann ist die Zeit, um nach Rom z u gehen, und Ihr solltet mich begleiten. W as m e i nt Ihr, Monseigneur? W erdet Ihr m it m i r kom m en?«
    Befriedigt stellte er fest, daß die Schatten aus der Miene des Kardinals verschwunden waren. Richeli e u griff m it der linken Hand nach einem Doku m entenstapel und sagte m it nur einem leisen Hauch von Ironie. »So wird es sein, zweifell o s. Und ich werde gerne m it Eu c h kom m en.«
     
    Es war erstaunlich, welche bel e bende Energie ihm der K a mpf gegen den Tod verlieh. Als er Col m ardo

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