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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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angeblich im Sommer abgeschlossen sein.»
    «Und so geht das dann immer weiter.»
    «Ja. Dickere Armierung, die den größeren Geschossen standhalten soll, dann noch größere Geschütztürme, die wiederum eine noch stärkere Panzerung nach sich zieht und so weiter und so weiter. Es kann schon sein, dass dann irgendwann tatsächlich 50   000   PS notwendig sind, um die Stahlkolosse überhaupt mit einer akzeptablen Geschwindigkeit zu bewegen.»
    «Ein interessanter Gedanke», murmelte Sören mehrzu sich selbst. «Was weißt du über die Schichau-Werft in Danzig?»
    «Nicht sehr viel. Ich habe mich zuerst hier bei Blohm + Voss beworben und sofort eine Zusage bekommen. Für die Kriegsmarine werden in Danzig hauptsächlich kleinere Schiffe gebaut. Ich glaube, es mangelt an der Anzahl entsprechender Helgen, die für den Bau von Schlachtschiffen notwendig sind. Dafür schenkt man dem Bau von Passagier- und Frachtdampfern dort wohl umso größere Aufmerksamkeit. Schichau scheint nur einen großen Helgen für Aufträge der Marine zu nutzen. Letztes Jahr wurde der Kaiser Barbarossa fertiggestellt, und zurzeit ist wohl die Wettin im Bau. Der Stapellauf war jedenfalls im Juni letzten Jahres. Die Wettin gehört zur Wittelsbach-Klasse: 680   Mann Besatzung und 11   800   Tonnen Wasserverdrängung.» Willi Schmidlein schien alle Daten parat zu haben. «Und kaum ist der große Helgen frei, wird dort wieder ein Linienschiff auf Kiel gelegt. Natürlich noch eine Nummer größer. Die SMS Lothringen gehört zur Braunschweig-Klasse. Genaue technische Spezifikationen der Klasse habe ich aber noch nicht.»
    «Das ist doch schon eine ganze Menge.» Sie kreuzten die Reeperbahn am Ende der Baumreihen und bogen in die Thalstraße ein. «Versuch dich zu erinnern», bat Sören ihn und deutete auf die Häuser. «Wenn dir irgendetwas bekannt vorkommt, sag Bescheid.»
     
    Es war tatsächlich der Hof, in dem man den toten Simon Levi gefunden hatte. Schmidlein erinnerte sich zweifelsfrei an den Tordurchgang an der Thalstraße. Vom Hof aus konnte man sehen, dass es eine weitere Durchfahrt gab, die über Eck auf die Schmuckstraße mündete. Breite Steinpoller flankierten die Durchfahrt. «Ja, hier war es»,meinte Willi Schmidlein. «Ich bin mir ganz sicher, aber das zweite Tor haben wir nicht wahrgenommen.»
    «Könnten Levi und die Frau von dort gekommen sein?», fragte Sören. «Wo habt ihr gestanden?»
    Schmidlein stellte sich in den Torbogen. «Etwa hier. Nein, die beiden sind eher aus der anderen Richtung gekommen. Und in die Richtung sind sie auch wieder verschwunden. Nicht in Richtung Durchfahrt.»
    Sören ging zurück in den Hof und betrachtete ihn genauer. Auf der linken Seite stand das Gebäude eines alten Handwerksbetriebs, einer Fassmacherei. So stand es auf dem großen Schild neben der Winde über dem Eingang. Der Betrieb musste eine benachbarte Einfahrt nutzen, auf dieser Seite versperrte eine mannshohe Mauer den Zugang. Vor der Mauer stand ein alter Leiterwagen, aber selbst mit dessen Hilfe schien Sören das Überwinden der Mauer für eine Frau unmöglich. Auf der anderen Seite zur Schmuckstraße hin wurde der Hof vor der Durchfahrt von einer maroden Budenreihe begrenzt, die allem Anschein nach unbewohnt war. Sie machte einen erbärmlichen Eindruck. Das Mauerwerk des Gebäudes hatte tiefe Risse und war an mehreren Stellen, genauso wie Teile des Dachstuhls, bereits eingebrochen. Er untersuchte trotzdem, ob man ungehindert ins Innere gelangen konnte, schließlich war es denkbar, dass Levi und die unbekannte Frau sich dort vergnügt hatten. Nachdem Sören die morsche Eingangstür aufgestoßen und einen Blick ins Haus riskiert hatte, konnte er diese Möglichkeit jedoch ausschließen. Gleich die erste Bodendiele hinter der Schwelle hielt der Belastung nicht stand, und Sören brach knöcheltief ein. Eine Horde von Ratten flüchtete quiekend aus ihrem bis dahin sicheren Versteck. Sören schüttelte sich angewidert. Wenigstens hatte ihn keines der Viecher gebissen. Er gingzurück zu Schmidlein, der im Torbogen stand und sich eine schmale Zigarre angezündet hatte.
    «Es war zwar ziemlich finster im Hof, aber ich bin mir dennoch sicher, dass die Frau nicht nach rechts gelaufen ist, sondern geradeaus in die Dunkelheit.» Schmidlein zeigte auf das Gebäude am anderen Ende des Hofes, das sich von der Schmuckstraße her tief in den Hof schob. An der Mauer lagerte jede Menge Unrat, aber wie es aussah, gab es dort keine Tür. Der Hof endete nach

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