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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Supermarkt dachte.
    Die Gemüsetheke war randvoll mit Paprika in zehn verschiedenen Formen, großen fleckigen Tomaten, merkwürdigen Rübenarten, großen Büscheln Koriandergrün und anderen frischen Kräutern. Das Angebot war größer und bunter als in einem der Spezialitätenladen im Stadtzentrum oder in der Markthalle.
    Hatte Helene hier manchmal eingekauft? Wie viele von den Schweden des Viertels kauften bei Simmo?
    Ein Verzeichnis über den Inhalt ihres Kühlschranks hatte er noch nicht gesehen.
    Im Laufe des Tages würde einer seiner Fahnder auch hierher kommen und Fragen stellen. Als Winter den Laden verließ, blickte der junge Mann hinter der Theke auf, und Winter nickte grüßend.
    Karin Sohlbergs Büro war geschlossen. Sie hatte sich krankschreiben lassen. Er hatte dafür vollstes Verständnis. Polizisten war es leider nicht möglich, sich nach solchen Erlebnissen krankschreiben zu lassen, was auch ihre natürliche Reaktion wäre. Manchmal bekamen sie den Rest des Tages frei, aber das reichte eigentlich nicht. Aber immerhin konnten sie zu Hanne gehen, der Polizeiseelsorgerin. Winter sehnte sich plötzlich nach dem Klang ihrer Stimme, oder nach ihren Worten?
    Hanne Östergaard war Pastorin in Skär und hatte nur eine Teilzeitstelle als Seelsorgerin bei der Göteborger Polizei. Doch sie versuchte, sich Zeit zu nehmen und in Ruhe mit den Männern und Frauen zu sprechen, die schlimme Dinge erlebt oder deren Folgen gesehen hatten. Polizisten waren ebenso verletzlich wie andere Menschen, und in den meisten Fällen hatten sie lange an ihren Erinnerungen zu tragen. Eigentlich werden wir sie nie los, hatte Winter schon oft gedacht.
    Was Hanne ihnen zu geben versuchte, war... Seelsorge. Vielleicht ein bisschen Trost. So war wenigstens auch mal jemand für sie, die Polizisten da, überlegte Winter. Jemand, der mit einem sprach und sei es auch nur eine Stunde oder eine halbe. Auch Winter war einer ihrer... Klienten, war ebenso verwundbar wie irgendein anderer.
    Hanne hatte ihren Urlaub diesmal jedoch mit einer Dienstbefreiung für Studienzwecke verbunden und war seit dem Ende des Frühjahrs nicht mehr im Präsidium gewesen. Winter hatte im Laufe des Sommers zweimal mit ihr gesprochen, allerdings telefonisch. Das heißt, sie hatte sich einmal gemeldet, und das zweite Mal hatte er angerufen. An ihren Stellvertreter hatte er sich noch nicht gewandt. Andere, die ihn aufgesucht hatten, meinten, er sei in Ordnung. Aber Winter war sich sicher, dass viele auf Hanne warteten, ihre Probleme runterschluckten und ihre Wunden verpflasterten, so gut es ging. Ganz sicher würde sie ganz schön in Stress geraten, sobald sie zurückkäme. Ein Halbzeit-Mitmensch und etwa hundert Polizisten mit Seelenqualen. Darunter ein Kommissar, der für die kommenden Wochen das Schlimmste befürchtete. Winter dachte wieder an das Mädchen, Jennie Andersen. Die entsetzlichen Befürchtungen ließen sich nicht einfach wegschieben. Er konnte es versuchen, sie hinter banalen und austauschbaren Begriffen wie »Verdacht auf ein Gewaltverbrechen« zu verbergen, aber unter der Oberfläche brodelte es in ihm.
    Winter blieb einen Moment auf dem Hof stehen und schaute sich das Haus an. Die Wohnung wurde versteckt überwacht, sie versuchten aber jedes Aufsehen zu vermeiden. Ihr Küchenfenster hob sich als ein dunkles Viereck vom helleren Backstein ab. Wildtauben klammerten sich darüber und darunter ans Mauerwerk, als wollten sie extra auf die Stille dort drinnen hinweisen. Die Tauben hockten um dieses eine Fenster, so gegen die Wand gedrückt, kamen sie Winter vor wie geflügelte Ratten. Ihn fröstelte in seinem schwarzen Leder. Der Wind, der über den Hof fegte, erfasste auch Winters langes Haar über den Ohren. Und ein paar Tauben, die mit einem Schrei von der Wand aufflatterten und über das Dach verschwanden. Winter betrat das Haus und kletterte die Treppe hoch bis zu Helenes Wohnung. Jennies Zeichnung von Regen und Sonne hing noch da. Es war, als hätte sie das Wetter der vergangenen sechs Wochen abbilden wollen. Winter mochte gar nicht daran denken, aber es ließ sich nicht vermeiden. Sie hatten ihre Untersuchung dessen, was der Mutter des Mädchens widerfahren war, sowohl bei Sonne als auch bei Regen fortgesetzt, bald zu gleichen Teilen. Winter betrachtete das Schiff auf der Zeichnung genauer. Es erinnerte ihn an das Boot auf dem Stora Delsjön. In diesem Punkt waren sie bei ihren Nachforschungen nicht weit gekommen. Sie glaubten, die Namen aller

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