Die Schattenfrau
Winter.
»Ich?«
»Das muss einer machen, der so gewöhnlich wie möglich aussieht«, feixte Halders.
»Ja, man darf keinen nehmen, der nur die Kunden verscheuchen würde«, schoss Bergenhem zurück. »Wann soll's losgehen?«, wandte er sich dann fragend an Winter.
»Am besten gleich«, antwortete Winter. »Ich spreche nachher sofort mit dir. Und deine Ablösung wird auch organisiert.«
»Bald werden solche Operationen einfacher«, mischte sich Halders ein. »Wie denn?«, fragte Sara Helander.
»Die schließen doch die Postämter schneller, als die Gauner auf Heden ein Auto knacken. Bald gibt es ein einziges großes Postamt auf der grünen Wiese im Süden der Stadt und einen verdammt großen Parkplatz daneben, wo alle parken müssen, und dann wird es noch viel leichter, ein Auto zu klauen.«
»Wie praktisch.«
»Es geht also um drei Tage«, sagte Sara Helander. »Woher wollen wir wissen, dass er oder wer immer es ist, also dass er oder sie nicht schon bezahlt hat? Oder ob er überhaupt vorhat zu bezahlen?«
»Wir erfahren fast sofort, wenn jemand bezahlt hat«, sagte Ringmar. »Das war bisher nicht der Fall, wenigstens heute nicht. Und... tja, natürlich weiß keiner, ob es noch zu einer Einzahlung kommt.«
»Hat sie selbst regelmäßig bezahlt?«, fragte Sara Helander. »Anscheinend immer an den letzten Tagen des Monats«, sagte Winter. »Einmal am ersten, weil Feiertag war.« »Wie jetzt also.« »Ja.«
»Es kann also jemand sein, der ihre... Gewohnheiten, ihren Alltag kennt«, schlussfolgerte Sara Helander.
Winter nickte als Antwort. Er sah Helenes Gesicht vor sich und dann das ihrer Tochter. Sie hatten noch mehr Fotos in der Wohnung gefunden.
»Wie steht es mit ihrem Sündenregister?«, wollte Bergenhem wissen. Winter blickte seinen Kollegen aus der Registratur fragend an.
»Noch nichts«, antwortete Möllerström. »In unserem eigenen Register findet sie sich nicht, und was das zentrale angeht, so sind wir gerade dabei.«
»Da haben wir bestimmt kein Glück«, meinte Halders.
»Was meinst du?«, fragte Möllerström.
»Dass sie im Register steht. Das wäre Glück, und wir beim Fahndungsdezernat haben nun mal kein Glück. Bei uns dreht sich alles um Tüchtigkeit... «
»Okay, okay, Fredrik«, bremste ihn Winter. »Das wissen wir. Aber sie kann doch in ihrer Jugend in einer anderen Stadt etwas angestellt haben, was registriert ist. Das hat mit Glück nichts zu tun.«
»Jugendkriminalität«, sagte Möllerström.
»Warum nicht«, bekräftigte Bergenhem.
»Ist die Personenfahndung schon auf die beiden angesetzt?«, fragte Halders. »Mit den neuesten Erkenntnissen? Den Namen?«
»Natürlich«, antwortete Ringmar.
»Sonst gibt's wenigstens immer einen Auftraggeber, der etwas weiß«, ärgerte sich Halders. »Zum Beispiel diese Schießerei auf dem Värväderstorget. Die kann man lösen, weil man einen Denunzianten hat. Einer kennt den nächsten, der wieder etwas mehr weiß.«
»Ja«, sagte Ringmar.
Winter ergriff das Wort. »Wir erwarten eine Liste mit allen Nummern, die sie angerufen hat.«
»Dann haben wir die Sache auch bald unter Dach und Fach«, sagte Halders.
Vielleicht hat sie bloß telefoniert und Pizza bestellt, dachte Sara Helander, sprach es aber nicht aus.
Winter spürte die Ungeduld in der Gruppe, den Willen zur Arbeit und die Frustration über die Warterei auf Dokumente, Listen und Resultate, die einen kleinen Anstoß gaben für das weitere Vorgehen. Ein einziger neuer Name konnte mehr Klarheit bringen, eine neue Adresse. Ein Fingerabdruck. Winter musste an die Techniker von der Spurensicherung denken, wie sie die Wohnung auf den Kopf gestellt hatten.
»Was ist mit den Fingerabdrücken aus ihrer Wohnung?«, fragte Bergenhem.
»Die von ihrer Tochter haben wir zuordnen können. Vermuten wir zumindest, da ein Paar zu einem Kind gehört. Es gibt noch mindestens zwei unbekannte Abdrücke von zwei verschiedenen Personen«, berichtete Winter. »Außer Helenes selbstverständlich.«
»Mindestens?«
»Das heißt, was wir bisher haben. Es gibt auch Fragmente von Abdrücken. Aber die Spurensicherung ist noch nicht fertig - mit der ganzen Wohnung. Und dann ist da noch ein Kellerraum.«
»Zwei verschiedene Personen«, wiederholte Halders. »Uns unbekannt, nehme ich an?«
»Ja.«
»Wusste ich's doch.«
»Wieder Glück«, ergänzte Sara Helander.
»Laut Beier gibt es an einer Stelle, einer Kommodenschublade, glaube ich, einen Teilabdruck. Ich weiss nicht, wie groß er ist. Ob er sich
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