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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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lange Liste von Einträgen im Strafregister. Sie hatten seine Fingerabdrücke abgenommen und durch den Computer laufen lassen. Oskar Jakobsson hatte einen kriminellen Hintergrund. Nichts Großes. Er hatte wegen Diebstahls und Körperverletzung gesessen und war wegen Autodiebstahls eingelocht worden.
    Und er hat Dinge getan, von denen wir nichts wissen, dachte Winter, als er Oskar Jakobsson gegenüber saß. Ihm fiel auf, dass sich die Marke seines Mantels, der zu Hause im Flur hing, und in seinem Anzug, ganz ähnlich schrieb: Oscar Jacobson. Winter atmete tief durch. Dieser Jakobsson wirkte nervös, aber keineswegs verzweifelt. Er schien darauf vorbereitet, zwölf Stunden, vielleicht länger, festgehalten zu werden, aber nicht viel länger. Er behauptete, zu wissen, was er getan habe, aber nicht, warum.
    »Klar tut man einem, der einen darum bittet, einen Gefallen. Ist doch klar, dass man das tut.«
    Unter der Baseballkappe lugte wirres, dunkelbraunes Haar hervor. Einen Kamm hatte Jakobsson abgelehnt, den Kaffee aber dankend angenommen. Mit seiner Narbe über dem Kinn sah er aus wie ein echter Krimineller, einer, der im Lauf seiner Karriere einen abgebrochenen Flaschenhals ins Gesicht bekommen hat. Er sprach die Wörter deutlich aus, doch am Ende der Sätze lösten sie sich auf wie die Druckerschwärze einer Zeitungsseite im Regen. Als würde er die Signale seines Gehirns nicht mehr richtig verarbeiten können. Oder es war umgekehrt, überlegte Winter. Vielleicht hatte er sich das Sprachzentrum und den Rest des Hirns durch langjährigen Alkoholmissbrauch aufgeweicht.
    Jakobssons Blick war wie seine Worte, scharf und gleichzeitig verschwommen, als versuchte er ständig in der Ferne am Horizont etwas zu erkennen.
    »Tun Sie immer so bereitwillig etwas für Ihre Mitmenschen?«, fragte Winter nach.
    »Sonst macht's halt ein anderer.«
    »Berichten Sie bitte noch einmal von Anfang an.«
    »Von wo denn?«
    »Von dem Moment, als jemand Sie gefragt hat, ob Sie ihm helfen würden.«
    Das Tonbandgerät drehte sich auf dem Tisch zwischen ihnen. Neben Winter saß der Vernehmungsleiter Gabriel Cohen und schwieg. Sonst war niemand in dem fensterlosen Raum. Die Klimaanlage schickte mit leisem Zischen Frischluft zu ihnen hinein. Jakobsson hatte gefragt, ob er rauchen dürfe. Winter hatte es ihm verwehrt.
    »Ich hatte gerade geparkt«, begann Jakobsson.
    Winter fragte sich, wie der Mann monatelang hatte Auto fahren können, ohne kontrolliert worden zu sein. Er hatte nie einen Führerschein besessen. Das Auto gehörte seinem Bruder, der zwar den Führerschein gemacht hatte, dafür aber nur selten fuhr.
    »Wann war das?«
    »Wann? Vorigen Monat. Oder war es am Ende des vorvorigen? An derselben Stelle auf dem Parkplatz wie heute, habe ich gestanden. Vielleicht eine Lücke... «
    »Was hatten Sie vor?«
    »Was? Ich wollte einkaufen gehen.«
    »Wo?«
    »Bei Terningen. Mein Bruder wollte was zu trinken und ich auch. Und dann noch ein Brot und Kartoffeln.«
    »Okay«, sagte Winter. »Sie haben gerade das Auto abgeschlossen. Was passierte dann?«
    »Sie ist auf mich zugekommen, als ich mich umgedreht hatte. Vielleicht hatte ich auch schon ein paar Schritte gemacht.« »Vorher haben Sie sie nicht gesehen?« »Bevor ich ausgestiegen bin?« »Ja.« »Nein.«
    »Oder als Sie geparkt hatten?« »Wozu, zum Teufel. Soll das wichtig sein?« »Beantworten Sie bitte meine Frage.« »Was hatten Sie gefragt?«
    »Haben Sie die Frau schon gesehen, als Sie geparkt hatten, aber noch nicht ausgestiegen waren?« »Nein, Nicht, soweit ich mich erinnere.«
    »Sie sind also ausgestiegen und ein paar Schritte gegangen. Was ist dann passiert?«
    »Wie ich gesagt habe. Sie ist mit dem verdammten Umschlag auf mich zugekommen.«
    »Sie hatte einen Umschlag?«
    »Ja.«
    »Wie hat er ausgesehen?«
    »Wie er ausgesehen hat? Der war braun und nur halb so groß wie der andere... Tja, A irgendwas heißt das. Warum fragen Sie danach? Ihr habt ihn doch verdammt noch mal von mir bekommen. Ihr habt ihn doch aus dem Fach genommen.«
    Sie hatten einen leeren DIN-A5-Umschlag im Handschuhfach des Autos gefunden.
    »Hat er so ausgesehen?«, fragte Winter und hielt einen weißen DIN-A5-Umschlag hoch. »Sie dürfen ihn gerne in die Hand nehmen.«
    Jakobsson nahm den Umschlag und hielt ihn vor sich. »Er hat die gleiche Größe, aber der andere war braun.«
    »Die Frau ist auf Sie zugekommen. Mit diesem Kuvert. Konnten Sie es sehen? Hat sie es sichtbar in der Hand

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