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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Werbetrommel – versuchen Sie den Leuten begreiflich zu machen, dass sämtliche anonymen Briefe gemeldet werden müssen.»
    Ich nickte.
    «Inzwischen müsste ja eigentlich so gut wie jeder eins von diesen Schanddingern erhalten haben», sagte ich.
    «Hmm», machte Graves. Er legte seinen traurigen Kopf leicht schräg. «Sie können mir nicht zufällig sagen, wer keinen Brief bekommen hat?»
    «Eine erstaunliche Frage! Mich wird ja wohl kaum der ganze Ort ins Vertrauen ziehen.»
    «Nein, nein, Mr Burton, so meine ich das nicht. Ich dachte nur, vielleicht gibt es irgendeine Person, von der Sie sicher wissen, dass sie keinen anonymen Brief erhalten hat.»
    «Nun, wenn man so will», ich zögerte, «doch, ich glaube schon.»
    Und ich erzählte von meiner Unterhaltung mit Emily Barton und wiederholte, was sie gesagt hatte.
    Graves nahm die Auskunft mit steinerner Miene entgegen und sagte: «Wer weiß, vielleicht können wir das noch brauchen. Ich mache mir eine Notiz.»
    Ich ging mit Owen Griffith hinaus in die Nachmittagssonne, und als wir auf der Straße standen, fluchte ich erst einmal kräftig.
    «Und hier soll ein kranker Mann in der Sonne liegen und seine Wunden kurieren? Dieses Nest schwärt von Gift wie eine Eiterbeule, dabei sieht es so friedlich und unschuldig aus wie der Garten Eden!»
    «Selbst in Eden», sagte Owen trocken, «gab es eine Schlange.»
    «Was meinen Sie, Griffith, wissen die zwei, was sie tun? Haben sie irgendeine Aussicht auf Erfolg?»
    «Keine Ahnung. Sie haben eine perfekte Technik, diese Polizisten. Sie tun so freimütig, aber sie geben nichts preis.»
    «Ja. Nash ist ein netter Kerl.»
    «Und ein äußerst fähiger.»
    «Wenn hier jemand eine Schraube locker hat, sollten Sie das eigentlich wissen», sagte ich anklagend.
    Griffith schüttelte den Kopf. Er kam mir entmutigt vor. Nein, mehr als entmutigt: beklommen. Ich fragte mich, ob irgendwelche dunklen Ahnungen ihn plagten.
    Wir waren die High Street entlanggegangen, und nun blieb ich vor dem Maklerbüro stehen.
    «Ich glaube, die zweite Rate meiner Miete ist fällig – im Voraus. Ich hätte ja gute Lust, sie zu bezahlen und dann schleunigst mit Joanna abzureisen – den Rest der Mietzeit einfach verfallen zu lassen.»
    «Gehen Sie nicht», sagte Owen.
    «Warum nicht?»
    Er gab keine Antwort. Nach einer Pause sagte er langsam:
    «Nein – Sie haben wahrscheinlich Recht. Lymstock ist nicht bekömmlich zurzeit. Es könnte – Sie könnten Schaden nehmen, Sie oder Ihre Schwester.»
    «Joanna? Nie im Leben», sagte ich. «Die ist zäh. Der Schwächling bin ich. Die Sache geht mir irgendwie an die Nieren.»
    «Mir auch», sagte Owen.
    Ich drückte die Tür des Maklerbüros ein Stück auf.
    «Aber abreisen werde ich trotzdem nicht», sagte ich. «Gegen vulgäre Neugier ist die Kleinmütigkeit machtlos. Ich will die Lösung wissen.»
    Ich ging hinein.
    Eine Frau, die an einer Schreibmaschine saß, stand auf und kam auf mich zu. Sie hatte Kräusellöckchen und ein affektiertes Lächeln, wirkte aber deutlich intelligenter als der bebrillte Knabe, der vor ihr im Vorzimmer regiert hatte.
    Es dauerte ein bisschen, aber dann dämmerte mir, dass ich sie kannte. Es war Miss Ginch, bis vor kurzem noch Symmingtons Sekretärin. Ich sprach sie darauf an.
    «Sie waren doch bei Galbraith und Symmington, oder?», fragte ich.
    «Ja. O ja. Aber es schien mir klüger zu kündigen. Die Stelle hier ist sehr anständig, wenn auch nicht ganz so gut bezahlt. Aber wissen Sie, es gibt Dinge, die mehr wert sind als Geld.»
    «Zweifellos», sagte ich.
    «Diese entsetzlichen Briefe», hauchte Miss Ginch mit zischelndem Flüstern. «Ich habe einen ganz grauenvollen bekommen. Über mich und Mr Symmington – oh, es war furchtbar, es standen die grässlichsten Dinge drin! Ich habe natürlich meine Pflicht getan und ihn der Polizei ausgehändigt, obwohl das für mich alles andere als angenehm war, wie Sie sich sicher vorstellen können.»
    «Oh, natürlich, höchst unangenehm.»
    «Aber sie haben mir gedankt und gesagt, ich hätte genau das Richtige getan. Nur dachte ich danach, wenn die Leute reden – und sie müssen ja geredet haben, wie wäre dieser Mensch sonst auf die Idee gekommen? –, dann muss ich noch den leisesten Anschein des Unrechts vermeiden, obwohl selbstverständlich nie auch nur das Geringste vorgefallen ist zwischen mir und Mr Symmington.»
    Es war mir etwas peinlich.
    «Nein, nein, selbstverständlich nicht.»
    «Aber die Leute haben eine so schmutzige

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