Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Gefühle sind zu schmerzhaft, zu stark. Zu verwirrend.
Langsam streicht er mit dem Daumen über meine Pulsader. »Ich wünschte, wir hätten dich zuerst gefunden. Deine Treue Taltrayn gegenüber ist … erstaunlich.«
»Aren …«
»Ich weiß«, sagt er und macht einen Schritt nach hinten. »Ich weiß.«
Er geht nicht weiter darauf ein. Außerdem hält er Abstand, als wir uns umdrehen und langsam durch den Garten gehen. Die Nachtluft kühlt meine erhitzte Haut. Ich sehe Aren nicht an, sondern konzentriere mich auf die Hochzeitsgäste, die im Freien stehen und das schöne Wetter genießen. Ich versuche, sie zu beobachten, ohne mir anmerken zu lassen, dass ich sie beobachte. In Begleitung eines Fae bin ich immer ziemlich paranoid, wenn ich mich unter Menschen begebe, selbst wenn der Fae beschlossen hat, sichtbar zu sein. Da 99,9 Prozent der Menschheit die Gabe des Sehens nicht besitzen, können die meisten Menschen seine Chaosschimmer nicht gewahren, aber diese 0,1-prozentige Wahrscheinlichkeit bereitet mir trotzdem Kopfzerbrechen.
Der Landschaftsarchitekt, der diesen Garten angelegt hat, könnte König Atroths Konkurrenz machen, nur dass hier die Akzente nicht durch Magie gesetzt werden, sondern durch Lampen, die farbenprächtige Blumen anstrahlen, kunstvoll geschnittene Hecken, einen schönen Baum oder einen dekorativen Felsblock. Dicht stehende Lampen säumen den Fußweg. Die simple Technologie strapaziert Arens Edarratae . Nicht sehr stark, aber doch so sehr, dass es mir auffällt. Wenn ich ihn doch nur nicht so gern ansehen, mich an seiner Seite nicht so wohl fühlen würde.
Ein kühler Nebel benetzt meine Haut, als wir an einem steinernen Springbrunnen vorbeikommen. Ein Löwe stürzt sich mit geöffnetem Maul durch einen Vorhang aus Wasser. Wir gehen daran entlang und auf die Treppe zu, die zum Empfang emporführt. Erst als wir die ersten Töne der Musik hören, versteift sich Aren. Er geht noch immer weiter, aber ich sehe ihm an, dass er deutlich weniger selbstbewusst wirkt.
»Du kannst hier draußen warten, wenn du willst«, sage ich und gehe die Treppe hinauf, wobei ich hoffe, dass ich in diesen verdammten Schuhen wenigstens halbwegs anmutig aussehe.
»Würdest du mit mir zusammen warten?«
Ich erreiche die Terrasse und sehe über meine Schulter. Aren steht am Fuß der Treppe mit den Händen in den Hosentaschen.
»Ich muss Paige suchen und der Braut und dem Bräutigam gratulieren.«
Ich bin mir nicht mal sicher, ob das von Paige als Anwesenheit bei der Hochzeit gewertet wird, da wir die Trauung versäumt haben. Der Empfang soll bis Mitternacht dauern, aber wenn ich mir einige Gäste so ansehe, dann sind sie seit Stunden hier, trinken und amüsieren sich.
Aren kommt die Treppe herauf, wobei sein Edarratae bei jedem Schritt chaotischer wird.
»Es dauert bestimmt nur ein paar Minuten«, versichere ich ihm und hoffe, dass er draußen bleiben will. Mir gefällt sein sehr ungleichmäßiger Edarratae nicht. »Ich bin gleich wieder da.«
»Ich komme mit.«
Er erreicht die Terrasse und lächelt mir halbherzig zu, als ob alles in Ordnung sei. Meiner Ansicht nach sollte er nicht ins Haus mit seinen Lampen gehen, den Handys und all den anderen technischen Geräten. Je länger er der Technologie ausgesetzt ist, desto desorientierter wird er sein.
»Wir treffen uns im Garten mit Kyol«, erinnere ich ihn. »Er wird nicht im Haus sein, vor allem nicht, da Lena ja bei ihm ist.«
»Aber ich will kein Risiko eingehen.«
Doch er geht das Risiko ein, sich durch die Technologie aushebeln zu lassen. Das ergibt natürlich richtig Sinn.
Ich rolle die Augen, drehe mich um und betrete die Villa.
Ich wusste, dass Amys Hochzeit extravagant wird, als ich die Location googelte. Natürlich werde ich nicht enttäuscht. Der Ballsaal ist wunderschön. Er ist mit Wandmalereien, Engeln auf Wolken, geschmückt, die Außenwand ist aus Glas, sodass man in den Garten auf die Brunnen schauen kann. Eine Band spielt eine Coverversion eines Liebeslieds von Bryan Adams ( nicht das aus Robin Hood ), und die Tanzfläche am Fuß der Bühne ist voller Menschen. Ich entdecke das Brautpaar inmitten der Menge, als ich am Rand entlanggehe und nach Paige Ausschau halte.
Aren bleibt an meiner Seite. Er achtet darauf, keinen der anderen Menschen zu berühren, aber bei mir ist er nicht so vorsichtig. Er berührt mich bei jeder Gelegenheit. Ich muss mich wirklich entspannen. Es ist fast vorbei. Jetzt muss ich nur noch diese Nacht
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