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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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Wirklich.«
    »Jorreb«, er muss sich förmlich zwingen, diesen Namen auszusprechen. »Er hat doch nicht … nicht …« Er umfasst mit einer Hand meinen Hinterkopf und drückt seine Stirn an meine. Sein dunkles Haar ist kurz geschnitten, aber noch lang genug, dass ich mit den Fingern hindurchstreichen kann. Ich sollte es nicht tun, nicht hier, wo uns Fae beobachten könnten, aber ich möchte ihn trösten, und ich habe ihn vermisst, seine Berührung, seinen Geruch, seine Gegenwart. Er hat breite Schultern, ist muskulös, muskulöser noch als Aren, und ich fühle mich in seinem Schatten klein und sicher, selbst wenn er wie jetzt verstört wirkt. Unter meinen Händen spannen sich seine Muskeln an, als ob er kurz davor wäre zuzuschlagen. »Hat Jorreb sich dir aufgezwungen?«
    Es dauert einen Moment, bis ich begreife, was er von mir wissen will.
    »Nein«, erwidere ich und bin fast schon beleidigt, dass er so etwas fragt. »Er würde mir nie wehtun.«
    Direkt, nachdem ich die letzten Worte ausgesprochen habe, realisiere ich, dass sie eine Lüge sind, und als Kyol mein Haar hinter mein Ohr schiebt und seine Finger über meinen Hals gleiten, entdeckt er die Wahrheit. Er runzelt die Stirn und mustert meinen Hals mit seinen silbernen Augen.
    Ich streiche mein Haar wieder nach vorne, aber es ist zu spät. Er hat die Narbe bereits gespürt.
    »Was hat er dir angetan?«, will er wissen und sucht nach weiteren Narben an meinem Hals.
    »Es ist nichts«, erwidere ich schnell. »Ich wurde verletzt, und er hat mich geheilt.«
    »Er hat dich geheilt?« Er unterbricht seine Untersuchung. »Jorreb ist ein Heiler?«
    »Ja«, bestätige ich und frage mich, ob ich gerade Informationen weitergegeben habe, die besser geheim geblieben wären. Aber warum sollte ich mir darüber Gedanken machen, was ich Kyol erzähle? Es ist nicht meine Aufgabe, Aren zu beschützen, und außerdem will ich doch, dass dieser Krieg zu Ende geht, oder? Will ich denn nicht, dass der Hof gewinnt?
    Ach verdammt. Das ist nicht gut. Ich bin so durcheinander, dass ich weder weiß, wem meine Loyalität jetzt gilt, noch, was ich überhaupt will. Jetzt haben die Rebellen Gesichter, eine Persönlichkeit. Sie sind gar nicht so schlimm, und was ist, wenn das, was sie behauptet haben, stimmt? Sethan ist vielleicht gar kein Falschblut. Er könnte ein wahrer Nachfahre der Tar Sidhe sein. Vielleicht gab es früher wirklich siebzehn Provinzen anstatt dreizehn. Und vielleicht schwindet die Magie der Fae gar nicht in dem Ausmaß, wie der Hof glaubt, und die Torsteuern sind überhaupt nicht fair.
    Vielleicht. Neuerdings weiß ich überhaupt nichts mehr mit Sicherheit. So langsam bekomme ich Kopfschmerzen.
    »Ich will mich zurückziehen.«
    Kyol wird sehr still. »Du willst dich zurückziehen?«
    Ich hatte gar nicht vorgehabt, das so bald zur Sprache zu bringen, aber jetzt ist es zu spät, um es zurückzunehmen. Außerdem hatte ich das schon geplant, bevor Aren mich entführte. Inzwischen kommt mir der Gedanke sogar noch verlockender vor. Ich werde mich aus dem Krieg des Reichs raushalten. Werde zurück auf den Campus gehen, meinen Professor überzeugen, meine Prüfung wiederholen zu dürfen, und dann werde ich meinen Abschluss machen und mir einen Job suchen. Ich werde normal sein.
    »Ja, zurückziehen.« Ich sehe Kyol in die Augen, aber er hat schon wieder seine Maske aufgesetzt, und ich kann seine Gefühle nicht mehr einschätzen. »Das hatte ich bereits vor, bevor Aren mich entführte.«
    Er sieht zu Boden und streicht mit den Händen über meine Arme. Dann schiebt er seine Finger zwischen meine. »Ich … Ich werde mit Atroth reden.«
    In den Büschen hinter mir raschelt es. Kyol fährt herum und stellt sich zwischen mich und die Gefahr.
    Zum Glück muss er nicht mit einem Kampf rechnen. Ein lustvolles Stöhnen begleitet das nächste Knacken im Unterholz, und zwei Paar nackte Füße tappen auf dem Boden. Menschen.
    »Bring mich nach Hause«, flüstere ich.
    Kyol legt den Arm um mich. »Bei dir zu Hause ist es nicht mehr sicher. Die Rebellen können dich dort finden. Es tut mir leid. Sie hätten nie deinen Namen herausbekommen dürfen. Wir wissen nicht, wie ihnen das gelungen ist, aber …« Er holt tief Luft. »Es tut mir leid.«
    Offensichtlich fühlt er sich für das verantwortlich, was passiert ist. Das überrascht mich nicht. Er hat seine Pflichten immer sehr ernst genommen, und er hasst es, wenn ich verunsichert bin. Doch das war nicht seine Schuld, daher lächle ich und

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