Die Schattenmatrix - 20
Sessel zusammen, ihr Kopf rollte leblos nach hinten.
»Ist sie …?«
»Sie ist nur vor Angst ohnmächtig geworden, Mik. Sie wird schon wieder, so gut es ihr eben möglich ist. Sie wurde seit Jahren auf diese Weise gefoltert. Aber ich glaube, wir gehen lieber, bevor sie wieder zu sich kommt. Ich hasse diesen Turm fast so sehr wie sie.« »Hasst sie ihn denn auch?«
»Amalie will den Turm unbedingt behalten, aber er wird immer ein Ort der Qual für sie sein.«
»Verstehe. Und ich glaube, du hast Recht. Wir haben getan, was wir konnten. Aber was ist eigentlich aus den übrigen Leuten hier geworden? Ich habe etwas gespürt, während du … aber es ging zu schnell.«
»Sie wurden von einem dieser Kriegsherren gefangen genommen, die Armen. Amalie ist aufrichtig betrübt darüber. Komm mit.« Margaret ging zur Tür, und Mikhail folgte ihr.
»Warum haben sie Amalie nicht erwischt?«
»Sie beherrscht ein paar Tricks, wie ich herausgefunden habe.« Der Ekel in ihrer Stimme traf Mikhail bis ins Mark, Und
er wusste, Marguerida hasste sich für das, was sie eben getan hatte. »Amalie hat gelernt, sich auf telepathischem Weg fast unsichtbar zu machen - und das hat ihr wahrscheinlich das Leben gerettet, während Ashara hier Bewahrerin war. Was für eine Tragödie!«
Mikhail wusste nichts darauf zu sagen und ging stumm hinter Marguerida die Treppe hinab. Er war todmüde, aber auch äußerst aufgeregt. Gleich würde er Varzil dem Guten begegnen, dem vielleicht größten Mann in der Geschichte seines Planeten - falls er nicht vorher auf der Treppe ausrutschte und sich das Genick brach! Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, bis sie den Ausgang erreicht hatten.
25
Am Ende der Treppe wurden sie von der Krähe begrüßt; sie flog sofort auf Mikhails Schulter und rieb den Schnabel zärtlich an seinem Ohr. Mikhail streichelte ihr sanft über das glänzende Gefieder, während die Krähe von einem Bein aufs andere trat. Marguerida hatte den Turm bereits verlassen, sie stand in einem kleinen Hof und schaute in die Dunkelheit. Die Luft war kalt und frisch, aber sie fühlte sich nicht winterlich an. Mikhail warf einen Blick zum Himmel. Er war klar, von einigen wenigen Wolken mal abgesehen, und Mikhail erkannte die Sternbilder, die er sich vor langer Zeit eingeprägt hatte. Außer dass man die Bewegung der Monde verfolgte, wurde auf Darkover nicht viel Astronomie betrieben, aber Mikhails Verlangen, zu anderen Welten zu reisen, hatte seine Neugier geweckt, und er hatte unter anderem gelernt, wann das Sternbild namens Aldones auf- und unterging, das bis Frühlingsbeginn zu sehen war. Das Sternbild Zandru mit dem unheilvollen roten Stern, den die Terraner Antares nannten, in der Mitte, wurde erst zu Beginn des Winters sichtbar. Diese beiden, dazu Avarra im Herbst und Evanda im Sommer bildeten den nächtlichen Kalender.
Mikhail blickte zum östlichen Horizont und entdeckte den Kopf und die Schultern von Aldones, er verfolgte ihn bis zu dem hellen weißen Stern hinab, der an seinem Gürtel hing. Ja, es war schon fast Frühling hier. Er sah den Mond Idriel aufgehen und wusste, der neue Tag würde ihm bald folgen.
Mikhail ging zu Marguerida, die tief durchatmete und ihre Lungen mit Luft füllte, als tränke sie einen seltenen Wein. »Hier riecht es nicht einmal nach Darkover, Mik.« Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und ließ die Schultern hängen.
»Was?« Er schnüffelte. »Hmm. Du hast Recht. Aber wieso?« »Ich habe diesen Aasgeruch noch nie wahrgenommen; es ist, als wäre ein Feld voller Kadaver in der Nähe. Und da ist noch ein Geruch - bäh! Heiß und kalt zugleich. Komm, lass uns von hier verschwinden. Ich spüre Ashara noch immer in den Steinen dieses Orts, denn sie ist hier entlanggelaufen und hat sogar auf dieser kleinen Bank gesessen. Ich spüre sie überall im Turm, als hätte sie sich in die Wände eingenistet.«
»Offensichtlich hat sie ein Talent dafür, sich Steine gefügig zu machen, findest du nicht?«
Marguerida schauderte. »Ich wünschte, wir hätten unsere Pferde dabei, auch wenn ich nicht weiß, ob sie überhaupt durch die Zeit reisen können. Hoffentlich geht es Dorilys gut.«
»Mach dir keine Sorgen, Dorilys und Stürmer sind bei den Männern von der Garde bestimmt in guten Händen. Wahrscheinlich hat man sie zu einem Gasthaus in der Nähe von Hali geführt. Dort stehen sie vermutlich in einer warmen Scheune und schlagen sich den Bauch voll. Weil wir gerade davon sprechen, es müsste hier doch auch eine Art
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