Die Schattenmatrix - 20
der ihn sattelte und dabei leise mit dem Tier sprach. Es schien ein sehr ruhiges Pferd zu sein. Mikhail warf eine abgenutzte Decke über den Rücken des Tieres und hievte den Sattel darauf. Der Sattel war viel schwerer als die, die er kannte, und er war umständlich und schwierig anzubringen.
Als Mikhail den Sattel endlich an Ort und Stelle hatte und sich an den ungewohnten Riemen und Gurten zu schaffen machte, hörte er, wie Marguerida zurückkam. Sie schleifte einen zweiten hochpauschigen Sattel hinter sich her und fluchte leise in einer Mischung aus Darkovanisch, Terranisch und einigen Sprachen, die er nicht kannte; eine bemerkenswert breite Palette an Beschimpfungen.
Mikhail ließ den Wallach stehen, holte eine der braunen Stuten aus dem Verschlag und sattelte sie. Marguerida war zwar stark, aber sie hätte das schwere Ding unmöglich alleine heben können. Sie legte der Stute das Zaumzeug an, während Mikhail die Riemen festzurrte. Bevor sie aufsaßen, überlegte er, ob sie noch etwas brauchten. Ein paar zusätzliche Decken wären vielleicht ganz nützlich; er fand schließlich welche im Sattelraum. Mikhail war zwar auch hungrig, und der Glühwein hatte ihn ein wenig benebelt, dennoch konnte er sich nicht überwinden, in den Turm zurückzugehen und Amalie um etwas zu essen zu bitten. Er band die Decken am Sattel fest und schwang sich aufs Pferd.
Marguerida saß bereits auf der Stute, sie wirkte mit einem Mal ängstlich und schwach. »Wohin?«
»In Richtung See. Varzil ist irgendwo nördlich von uns mehr weiß ich nicht. Ich spüre seine Anwesenheit, aber er ist irgendwie verborgen.«
»Ich weiß. Er will schließlich nicht, dass Ashara ihn findet.« Margueridas düsterer Tonfall, in dem sie den verhassten Namen ihrer Nemesis aussprach, ließ Mikhail schaudern. »Er stirbt, aber er ist immer noch stärker als sie und vor allem stark genug, um sich vor ihr zu verbergen. Und noch etwas lenkt Ashara ab, da bin ich mir sicher - und dankbar dafür.« Wenn ich mich verstecken könnte, würde ich es auch tun. Ich habe das Gefühl, dass sie mich jeden Moment entdeckt.
Sie brachen vom Turm auf, als die Dämmerung langsam in den Tag überging. Mikhail bemerkte eine Gruppe von Balsambäumen und daneben einige Sträucher, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Wie sehr sich Darkover doch seit dem Zeitalter des Chaos verändert hatte! Wie viele Pflanzen und Tiere waren in den verheerenden Kriegen jener Epoche wohl verloren gegangen?
Sie waren vielleicht einen Kilometer nach Norden geritten, dort wo Armida liegen müsste, falls es bereits existierte, als sie an einen Krater kamen, der auch im blassen Tageslicht noch leuchtete. In seinem Inneren stank es abscheulich. Mikhail wollte erst gar nicht hineinsehen, aber er konnte nicht anders.
Der Boden des Kraters bestand aus geschmolzenem, schlierigem Glas. Darauf lagen zerschmetterte Leichenteile und Ausrüstungsgegenstände. Die verrenkten Glieder der Skelette waren völlig verkohlt. Anhand der darüber verstreuten Schicht aus Laub und Schutt folgerte Mikhail, dass das Unglück bereits vor langer Zeit passiert sein musste - vor mindestens fünf Jahren, wahrscheinlich mehr. Der Anblick war entsetzlich, und Mikhail war froh, dass er fast nichts im Magen hatte. Dennoch würgte er einen Mund voll Galle vermischt mit Wein hoch und spuckte angewidert aus.
»Wenn dieses Haftfeuer eine solch verheerende Wirkung hatte, dann kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, was die Menschen dazu brachte, es anzuwenden«, sagte Marguerida sehr leise.
»Ich auch nicht. Ich habe mein ganzes Leben lang Geschichten darüber gehört, aber mir war nie bewusst, wie schrecklich es ist. Ich dachte immer, sie hätten nach Abschluss des Vertrages aufgehört, es zu verwenden.«
»Ich hoffe aufrichtig, wir sehen das Zeug nie in Aktion, Mikhail.« Sie ritten weiter. Nach einer Weile sagte Marguerida: »Wir müssen uns noch eine glaubhafte Geschichte ausdenken, für den Fall, dass uns Leute begegnen.«
»Ich weiß, aber mir will keine einfallen.« Mikhail versuchte seine Gedanken zu ordnen. »Varzil nannte uns Margarethe und Mikhalangelo. Ich wünschte, wir wüssten ein wenig mehr, aber der Traum war nicht sehr deutlich, habe ich Recht? Vielleicht ist es schwierig, durch die Zeit zu sprechen.« Mikhail ließ die Schultern hängen.
»Amalie hat unsere Namen erkannt, oder jedenfalls dachte sie das. Sie glaubte aber, dass man uns getötet hätte. Verdammt. Im Augenblick würde ich die ganze Alton-Domäne für
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