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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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er Liriel von der Seance erzählte, würde er seinen Eid brechen, auch wenn er diesen nur einem Geist geschworen hatte. Trotz all seiner Zweifel konnte er sich nicht dazu überwinden. Er hatte jedoch nicht versprochen, nichts von dem zu erzählen, was er von den Dorfbewohnern erfahren hatte.
Mikhail räusperte sich. »Ich glaube, es hat etwas mit dem Aberglauben der Einheimischen hier zu tun, Liriel. Ungefähr eine Meile weiter oben an der Straße gibt es eine heiße Quelle, von der die Dorfleute behaupten, sie hätte heilende Kräfte. Und ein Schutzgeist soll auch dort wohnen. Priscilla scheint irgendeine fixe Idee hinsichtlich dieses Wächters zu haben, aber frag mich bitte nicht, worum es genau geht. Ich habe leider nicht mehr herausbekommen können als das. Ich wollte schon seit langem mal hingehen und mir die Sache ansehen, aber ehrlich gesagt haben mich die Kinder so auf Trab gehalten, dass kaum noch Zeit für etwas anderes blieb. Ich weiß nicht, wieso Frauen das immer so gut bewältigen. Mein Respekt vor unseren Eltern und ihren haushälterischen Fähigkeiten ist in der letzten Zeit gewaltig gestiegen.«
»Ja, ich weiß. Mutter hat mir deinen Brief gezeigt, als sie letzten Monat aus Armida kam. Er klang sehr freundlich, aber ich glaube nicht, dass sie ihn wirklich geschätzt hat. Sie will deine Loyalität, nicht deine Bewunderung, fürchte ich - aber du kennst ja Mutter.« Mikhail schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht zwei Herren dienen, und es war mehr als schwierig, mich zwischen Regis und Mutter entscheiden zu müssen. Aber nun habe ich Regis
und damit Hastur einen Eid geschworen, und das hat Vorrang vor allen anderen Überlegungen.«
»Ich weiß, Bruder, aber sie kann es eben nicht verstehen. Ich glaube, einer der Unterschiede zwischen Männern und Frauen ist der, dass euch ein Eid wichtiger als das eigene Blut sein kann.« Sie seufzte tief, dann lächelte sie. »Zum Glück ist sie im Augenblick vollauf mit Ariels Schwangerschaft beschäftigt und hat alles andere vorübergehend vernachlässigt. Sobald das Kind auf der Welt ist, kann man davon ausgehen, dass sie ihre Intrigen weiterspinnen wird. Sie ist fest entschlossen, Rafael als Regent von Elhalyn vorzuschieben, wenn sie nach Thendara geht. Im Moment wohnt sie in Arilinn, weil das Reisen jetzt im Winter immer beschwerlicher wird. Sie war ziemlich neugierig, was meine Abreise anging, da ich mit Ariel besser umgehen kann als irgendwer sonst, und ich vermute, sie hat mir nicht geglaubt, dass ich nach Thendara fahre. Es ist schrecklich, die eigene Mutter zu belügen.« Sie klang nicht, als würde sie es wirklich schrecklich finden, und Mikhail grinste. Liriel hatte immer schon der Schalk im Nacken gesessen, und er hatte vergessen, wie herrlich diese Eigenschaft war.
»Vielen Dank! Allerdings kann Rafael von mir aus liebend gern Regent werden, obwohl er mir bestimmt nicht dafür danken würde. Ich glaube, Mutter unterschätzt die Entschlossenheit von Onkel Regis, alles auf seine Weise zu regeln. Aber egal. Wie geht es Ariel?« Es überraschte Mikhail nicht, dass seine Mutter ihn unbedingt als Regent von Elhalyn absetzen lassen wollte, und auch wenn es ihn ein wenig traurig stimmte, begriff er, dass sie ihr Handeln nicht als Untreue oder Verrat ansah. Javanne erwartete von ihren Kindern bedingungslose Treue, schien aber nicht zu wissen, dass diese eigentlich auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. »Ariel wirkt viel ruhiger als unmittelbar nach Domenics Tod. Aber sie ist immer noch sehr zerbrechlich. Ich wollte Mutter überreden, sie nicht zu Mittwinter nach Thendara zu holen, aber sie ist überzeugt, dass Ariel in die Stadt gehört und dass sie ihre erdrückende Fürsorge braucht. Immerhin hat die Hoffnung auf eine Tochter, nach der sie sich all die Jahre gesehnt hat, Ariel sehr dabei geholfen, mit dem schweren Verlust fertig zu werden, und sie näht pausenlos irgendwelche Kleidchen und Decken. Du wärst erstaunt über ihren Arbeitseifer. Ganz zu schweigen von den ganzen Stickereien, die sie dem Kind aufbürden will.«
»Ariel hat doch immer schon gern jede glatte Fläche verziert. Weißt du noch, wie sie die Wände eures Zimmers mit Ranken und Blumen bemalt hat?«
Liriel gluckste. »Ich weiß noch, dass Vater einen furchtbaren Anfall deswegen bekam, obwohl es eigentlich ganz hübsch aussah.« Priscilla Elhalyn kam ihnen auf dem Flur entgegen. In dem Halbdunkel unter der Treppe wirkten ihre Augen größer, als sie waren, und die ausgebleichten roten Haare und

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