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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die Gegenwart zurück.
»Ja, das ist sie. Imposant ist genau das richtige Wort für sie. Das war sehr gescheit von dir, Mira.«
Das Mädchen schenkte ihm einen strahlenden Blick, einen Augenaufschlag und ein Lächeln, das ein ganzes Zimmer erhellt hätte. Mikhail kannte diesen Blick gut, er hatte ihn schon häufig bei anderen Mädchen gesehen, allerdings waren die nicht so jung gewesen. Die Kleine war auf dem besten Weg, ihn anzuhimmeln, dachte er mutlos.
Gleichzeitig überraschte es ihn nicht, schließlich gab es keine anderen Männer, an die sie denken konnte, es sei denn, man zählte seine Wachen mit. Mathias war schon zu alt, um für die Mädchen von Interesse zu sein, aber Daryll war ein gut aussehender Mann. Allerdings war er jedoch kein Hastur. Mikhail wusste, dass dies sogar hier einen Unterschied machte.
Er schob diesen Gedanken für den Augenblick beiseite. »Ihr beide solltet euch lieber für das Abendessen hübsch machen. Ihr wollt doch sicher nicht, dass meine Schwester euch für Wildfänge hält, oder?« Es war zwar nur ein lahmer Trick, aber etwas Besseres fiel ihm spontan nicht ein.
Mira durchschaute ihn offenkundig, denn sie bedachte ihn mit einem erneuten Augenaufschlag. Val beobachtete die
kleine Szene und stieß ihre Schwester leicht an die Schulter. »Los, Mira! Ich brauche Hilfe mit meinem Haar, und du weißt doch, dass Wena zwei linke Hände hat.«
Mikhail sah ihnen nach, als sie in ihr Zimmer huschten. Er war niedergeschlagen, aber das ging sicher schnell vorüber. Jetzt, da Liriel hier war und ihm half, schaffte er vielleicht endlich, wozu ihn Regis hergeschickt hatte. Es war eine schwache Hoffnung, aber zum ersten Mal seit Tagen hoffte er überhaupt wieder. Er drehte sich zufrieden um und ging in sein Zimmer, um sich für das Abendessen umzuziehen.
11
    Mikhail stand vor dem Kamin im Esszimmer und wärmte sich die Hände. Der Raum war noch immer recht freudlos, aber das einzige Fenster war repariert, so dass keine Zugluft mehr die Füße auskühlte, wenn der Wind von Westen blies, und Mikhail hatte persönlich die Oberfläche des abgenutzten Tisches gewachst, der in der Mitte des Zimmers stand. Die Erinnerung an diese Arbeit hellte seine Stimmung ein wenig auf. Er streckte die Hände vor und betrachtete sie. Seit seiner Ankunft hier hatten sie Dinge getan, die er sich nie hätte träumen lassen, und sie waren ganz rau und ein wenig schwielig. Aber er mochte das Gefühl, dass er seine zehn Finger für so vieles gebrauchen konnte, sei es, um Wachs in einen Tisch zu reiben oder Holznägel in einen Fensterrahmen zu hämmern. Wenn er an die vollbrachte Arbeit dachte, die nötig gewesen war, um Haus Halyn halbwegs herzurichten, empfand er eine stille Genugtuung. Die düstere Stimmung, die immer wieder aufflackerte, verließ ihn schließlich ganz.
Mikhail stützte einen Ellbogen auf den Kaminsims und betrachtete die Sammlung von kleinen Zierfiguren, die dort aufgereiht war. Es gab aus Stein gemeißelte Hirsche und eine schöne Herde hölzerner Pferde, bei denen die Maserung im Holz geschickt dazu verwendet worden war, den Eindruck von Muskeln oder Fell entstehen zu lassen. Er bemerkte die Staubschicht zwischen den Figuren und hätte fast sein Taschentuch hervorgeholt, um sie wegzuwischen. Er lachte in sich hinein und schüttelte verwundert den Kopf. Er wurde noch richtig häuslich! Erst die Entschuldigung wegen der abgenutzten Handtücher und jetzt das.
Mikhail drehte sich vom Kamin weg und sah dem alten
Duncan dabei zu, wie er hölzerne Schneidebretter und Besteck auf dem Tisch verteilte. Er hörte das freundliche Gemurmel von Männerstimmen aus der Küche und hoffte, die Anwesenheit der Gäste könnte den Koch zu größeren Anstrengungen als sonst inspiriert haben. Sehr klug von Liriel, dass sie sowohl männliche Diener als auch Wachen mitgebracht hatte. Er fühlte sich plötzlich weniger verwundbar, und sein Geist wirkte klarer. Jetzt musste er nur noch seine Gefühle in den Griff bekommen. Es war anstrengend, ständig zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin und her zu pendeln.
Er schnupperte versuchsweise und seufzte. Den Düften nach zu urteilen, die aus der Küche drangen, hatte lan sich wegen Liriel keine besonders große Mühe gegeben. Es gab wahrscheinlich die übliche Kost: das ewig gleiche zerkochte Geflügel und Getreide, dem es völlig an Gewürzen oder Krautern fehlte. Nicht dass es Liriel etwas ausmachen würde. Sie aß stets mit gutem Appetit, egal, was man ihr vorsetzte.
Mikhail

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