Die Schattenseherin: Roman (German Edition)
auf der stand: Flesh and Skin .
Zoe fuhr zurück. Der Killer wohnte hier. Hatte er da drin seine eigene Frau umgebracht oder seine Freundin? Aber warum? Und was hatte der Tote im Hotel damit zu tun?
Zoe zögerte und griff dann in ihre Tasche. Die teuren Kameras hielt sie in ihrer Wohnung unter Verschluss und holte sie nur für feste Aufträge heraus, aber eine kleine Handkamera, ein einfaches Ding zum Knipsen, hatte sie immer in der Tasche.
Zoe machte einige Aufnahmen vom Haus, mehr, um sich abzulenken, als dass sie irgendetwas wirklich festhalten wollte. Nach einigen kurzen Fotos war sie ruhiger und steckte die Kamera weg. Seltsam, dieses Haus sah von außen so unscheinbar wie alle anderen in der Straße aus, aber sie hatte sein Inneres gesehen. Bei dem Gedanken lief ihr ein Schauer über den Rücken. Das aufwendig gestaltete Innenleben des Hauses war durch so rohe Kraft geschändet und zerstört worden. Mit Lexa arana war ebenso verfahren worden – eine solch schöne Frau war einfach so durch brutale Kraft vernichtet worden. Der Gedanke stimmte Zoe traurig, und sie stöhnte ob ihrer eigenen Melancholie entnervt auf. Sie beschloss, nach Hause zu gehen. Und bei jedem Schritt wurde sie das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden.
Cale hockte auf dem Fenstersims der kleinen Wohnung. Der Weg dort hinauf war einfacher gewesen, als er gedacht hatte, aber das lange Hocken schmerzte in den Beinen und dem Rücken.
› Du benimmst dich schon wie ein verdammter Wasserspeier‹, sagte Caes, während Cale durch das Fenster lugte. Die Frau war noch immer im Bad. Sie hatte die Vorhänge vor dem Fenster im Schlafzimmer zugezogen, aber der Spalt dazwischen war groß genug, dass Cale noch immer bequem ins Zimmer sehen konnte. Zuvor hatte er durch das andere Fenster geschaut, das ihr Wohnzimmer zeigte, aber dort hatte sie sich nur kurz aufgehalten. Fast hätte sie ihn dabei gesehen, als sie einfach ihre Tasche auf das Sofa warf, aber Cale hatte sich schnell genug auf den anderen Fenstersims gerettet. Er war dankbar für die schottischen Altbauten und ihre ausladenden Fenster und Fenstersimse.
Sie war recht schnell im Bad verschwunden, und mittlerweile ging selbst Cale das Warten auf die Nerven, und er fragte sich, wie lange das noch dauern würde. Dann aber wurde das Licht im Flur angeschaltet und kurz darauf das im Schlafzimmer. Cale wich ein wenig weiter in die Dunkelheit hinter dem Vorhang zurück, aber es war nicht nötig. Die Frau schaltete schon bald eine kleine Lampe mit weichem grünem Licht neben dem Bett an und die Lampe an der Schlafzimmerdecke aus. Ihre Haare waren feucht und durch das grüne Licht schimmerten sie wie Meerwasser. Sie trug ein übergroßes T-Shirt mit einem »I love New York«-Print darauf und ansonsten nichts weiter. Cales Blick glitt über ihre Schenkel – sie waren nackt und nahezu porzellanweiß. Ihre Haut sah weich aus, aber die Frau verschwand schnell aus seinem Blick, als sie sich unter die Bettdecke legte und fast sofort das Licht löschte.
Cale schloss die Augen und legte seine flache Hand auf das Glas. Er wartete und öffnete seine Sinne, viel weiter, als er es als Mensch jemals gekonnt hätte. Er lauschte auf die Atemzüge der Frau, die anfangs noch hart und kurz waren, langsam aber ruhiger und länger wurden, bis er sicher sein konnte, dass sie schlief.
Cale zog seine Hand zurück. Vorsichtig nestelte er am Schloss des Fensters. Er hatte solche Verschlüsse schon Hunderte Male geöffnet, und so dauerte es nicht lange, bis er es weit genug aufschob, um in das Innere des Schlafzimmers zu gelangen. Der Vorhang blähte sich für einen Moment unheilvoll auf, und Cale fürchtete, dass Zoe durch den kühlen Lufthauch aufwachen würde, aber sie drehte sich nur auf die andere Seite und zog die Decke höher.
Lautlos verschloss Cale das Fenster wieder und blieb am Fußende des Bettes stehen. Er sah auf die schmale Person vor sich herab. Unter der Bettdecke zeichnete sich ihre Gestalt kaum ab. Das Gesicht war blass, aber hübsch und hatte eine herzförmige Form. Die Frau hatte volle Lippen. Sie hätte sexy gewirkt, wenn ihre Nase nicht einen kleinen Knick über der Spitze gehabt hätte. Das ließ sie kindlicher und verletzlicher wirken, als der erste Blick es vermuten ließ.
›Begaff sie nicht, tu endlich, weswegen du hergekommen bist!‹ , trieb Caes ihn mürrisch an.
Cale öffnete seine Lederjacke und ließ sie langsam über seine Schultern gleiten, um sie ausziehen zu können. Er wollte kein
Weitere Kostenlose Bücher