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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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Todesangst wirklich bedeutete. Er kämpfte, schlug um sich, schrie Zaubersprüche, aber nichts konnte ihm vor dem Schicksal bewahren, dass ihn erwartete. Die Rune wurde gebrochen.
    Simias schrie.

Zehntes Kapitel
    Zwiespalt
    Zoe weigerte sich einfach aufzustehen. Es war noch immer dunkel im Zimmer, aber sie konnte die vertrauten Umrisse ihres Schlafzimmers erkennen. Hinter den Vorhängen war das Morgengrauen schon zu erahnen, aber es war noch zu fern, um es wirklich zu sehen.
    Gähnend drehte Zoe sich auf die Seite und zog sich ihr zweites Kissen heran, um ihr Gesicht hineinzukuscheln. Noch gefangen zwischen Schlaf und Wachsein, hallte der Traum in ihr nach, und sie musste aus irgendeinem Grund lächeln. Dieser Traum war deutlicher gewesen als der der letzten Nacht und gleichzeitig auch um ein vieles angenehmer. Sie konnte die Berührungen noch immer förmlich auf sich spüren, die Hitze und Nässe seines Mundes. Dieses Erlebnis hatte sie befriedigt – mehr noch, sie fühlte sich geborgen, zufrieden und gleichzeitig wünschte sie sich, dass es noch einmal passieren würde. Was lächerlich war, schalt sie sich selbst. Immerhin war es ihr eigenes Traumgespinst, und das konnte sie ebenso wenig beeinflussen wie die Tatsache, dass der Morgen schon graute.
    Dennoch, nur noch für ein paar Minuten wollte sie die Illusion genießen.
    Diese paar Minuten sollten ihr jedoch nicht gegönnt sein. Schrilles Telefonklingeln zerriss die Stille im Apartment, und Zoe drückte frustriert stöhnend ihr Gesicht in das Kissen.
    »Das darf doch nicht wahr sein!«, schimpfte sie vor sich hin und rappelte sich nach dem dritten Klingeln schließlich auf, um ins Wohnzimmer zu gehen. Auf dem Weg zum Telefonhörer fiel ihr Blick auf die Akte auf dem Tisch und Cales Foto. Unwillkürlich musste sie beim Anblick des Bildes lächeln und sie schüttelte den Kopf.
    Ihr Lächeln verschwand, als sie den Telefonhörer abnahm. »Ja?«
    »Wir brauchen dich hier in der Nähe der Vaults«, ertönte Adrians Stimme. Er klang betont kühl, gleichzeitig aber auch unsäglich erschöpft und müde.
    Zoe hatte das Gefühl, jemand hätte mit einem Kübel kalten Wassers jegliches angenehme Gefühl aus ihrem Körper gespült. Hellwach und kerzengerade stand sie vor dem Telefontischchen.
    »Ein Mord? Raubüberfall?«, fragte sie betont ruhig, auch wenn sie sich vor der Antwort fürchtete. Wenn es wieder jemand mit herausgerissenem Herzen war, würde sie sich das nie verzeihen können.
    Adrian seufzte. »Kein Raubüberfall, es sei denn, es handelt sich um eine besonders perverse Art des Organhandels.« Eine Pause, in der es raschelte. Adrian strich sich das Haar zurück; Zoe sah es regelrecht vor sich. Das tat er immer, wenn er angespannt war. »Hör zu, Ch... Zoe, der Yard wird bald da sein, aber mein Chef möchte, dass wir so viel Vorarbeit durch unsere eigenen Leute erledigt bekommen wie möglich. Das heißt auch, dass du die Tatortfotos machen sollst. Also beeil dich bitte.«
    »Mache ich«, erwiderte sie und ließ sich die genaue Adresse geben, ehe sie aufhängte. Dennoch dauerte es einen Augenblick lang, bis sie sich wieder bewegen konnte. Ein weiterer Engel war ermordet worden, ein weiteres Opfer, das einen grausamen Tod erleiden musste, und dass nur, weil Zoe zu müde und zu unwillig gewesen war, um auf Dumas zu hören. Wenn sie schon in der letzten Nacht in das Haus der Agentur gegangen wäre, vielleicht hätte sie dort einen Hinweis auf sein nächstes Opfer gefunden. Vielleicht würde es dann noch leben.
    Bevor sie sich anzog und ihre Ausrüstung packte, rief sie Dumas an. Diesmal würde sie keinerlei Verzögerung mehr zulassen.
    Noch war es ruhig. Die Leute des Yard waren noch nicht am Tatort eingetroffen, und es waren kaum Polizisten vor Ort, da die meisten Dinge ohnehin von den Kollegen des Yard übernommen werden würden. Um diese Uhrzeit gab es auch keine Schaulustigen, und der Hinterhof lag versteckt genug, dass man auf den ersten Blick nicht sah, was sich darin abgespielt hatte.
    Adrians Begrüßung hatte nur aus einem flüchtigen Nicken bestanden, und Zoe hatte es akzeptiert. Sie hatte sich gleich an die Arbeit gemacht und das Opfer fotografiert. Es handelte sich dabei um einen jungen Mann, nicht älter als Anfang zwanzig, mit wahrscheinlich gefärbtem weißem Haar und außergewöhnlich gebräunter Haut. Beides war mit Blut besudelt, ebenso wie seine Hose, der Platz um ihn herum und der aufgerissene Pullover. Diesmal wusste Zoe, wonach sie suchen

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